Bergedorf. Handwerk: Geflüchteter wird als Geselle vom Bergedorfer Betrieb übernommen. Probleme machte ihm nur die Bürokratie.
Malermeister Olaf Porrmann (53) gibt es offen zu: „Am Anfang war ich sehr skeptisch, einen Kriegsflüchtling aus Syrien als neuen Auszubildenden einzustellen.“ Aber er ist das Wagnis eingegangen – und zieht drei Jahre später nun ein durchweg positives Fazit. Der heute 33-jährige Mohamad Al Khalil hat ihn nicht nur überzeugt, er wird nun direkt als Geselle übernommen.
„Der Ehrgeiz der zu uns Geflüchteten ist meist viel größer als die Motivation zahlreicher Lehrlinge mit deutscher Herkunft“, weiß Porrmann heute. „Diese Menschen wollen sich hier eine Existenz aufbauen. Die Zuverlässigkeit, die Mohamad hat, habe ich bei vielen anderen Azubis in den vergangenen Jahren vermisst“, sagt der Inhaber des Malereibetriebs Reinecke an der Brookkehre.
Eltern und Geschwister leben nach der Flucht aus Syrien bis heute in der Türkei
Mit 23 Jahren war der junge Mann mit Eltern und Geschwistern aus Syrien in die Türkei geflohen. Sein Zuhause und sein Studium der französischen Literatur musste er dabei zurücklassen. 2016 kam er dann allein nach Deutschland, die Eltern und seine drei Geschwister blieben zurück in der Türkei. „Ich telefoniere ständig mit ihnen. Die Trennung tut noch immer sehr weh“, sagt er.
Bei Olaf Porrmann begann Mohamad Al Khalil 2020 zunächst als Praktikant. Schon hier ließ sein Engagement den Malermeister staunen. Er bot ihm einen Ausbildungsplatz an – trotz der erheblichen sprachlichen Probleme. Aber auch die wurden von Tag zu Tag weniger: „Mohamad lernt beeindruckend schnell, auch unsere für einen Syrer bestimmt nicht gerade einfache Sprache. Heute hat er nur noch mit mancher Redewendung Probleme, etwa wenn es heißt, er solle mal einen Zahn zulegen.“
Große Probleme mit der deutschen Bürokratie – auch für den Chef und dessen Frau
Nur die deutsche Bürokratie ließ Mohamad Al Khalil immer wieder verzweifeln – allerdings auch seinen Chef: Gemeinsam machten sie sich schon zu Zeiten des Praktikums, aber insbesondere für den Start der Ausbildung an ganze Berge von Vorschriften und Formularen. Auch Ehefrau Andrea Porrmann schaltete sich ein: „Ich musste selbst ständig nachschauen, was die ganzen Anforderungen bedeuten. Es ist unendlich kompliziert, einen Geflüchteten in Deutschland in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dabei ist doch genau das der entscheidende Punkt für echte Integration. Ich kann mir nicht vorstellen, wie das jemand schaffen soll, der Deutsch nicht als Muttersprache hat.“
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Auch die Suche nach einer eigenen Wohnung brachte für Mohamad Al Khalil große Schwierigkeiten mit sich: „Ich erhielt regelmäßig Absagen, selbst wenn ich mal zu einer Wohnungsbesichtigung eingeladen wurde“, sagt der 33-Jährige. Erst als sich die Porrmanns einschalteten, klappte es: Er lebt jetzt in einer Wohnung, die über die Malereifirma angemietet wurde.
Mit beendeter Ausbildung – sogar mit einer Zwei in Theorie – startet der Bergedorfer mit syrischen Wurzeln nun als Malergeselle bei den Porrmanns durch. „Jetzt muss ich endlich nicht mehr so viel lernen“, sagt er fast ohne Akzent – und muss gemeinsam mit seinem Chef lachen. Gern will er jetzt mehr von Deutschland kennenlernen. Die sonnigen Wochenenden verbringt er schon jetzt übrigens gern an der Ostsee. Wenn das Wetter passt, fährt er regelmäßig nach Scharbeutz.