Hamburg. In Deutschlands ältester Seifenfabrik in Allermöhe entstehen ganz besondere Stücke. Warum einige in der Kunsthalle verkauft werden.
Am Rande des Gewerbegebiets Allermöhe, am Billwerder Ring 20, befindet sich „Die Seifenfabrik“ – die älteste noch produzierende Seifenfabrik Deutschlands. In dem 1821 gegründeten Unternehmen werden edle Seifen, fest und flüssig, in kleinerer Auflage produziert – Salzseifen, Honigseifen oder auch Schwefelseifen gegen Akne. Nun hat der Familienbetrieb neue, museumsreife Seifen am Start.
Anlässlich des 250. Geburtstags des Kunstmalers Caspar David Friedrich (1774-1840) präsentiert die Hamburger Kunsthalle vom 15. Dezember bis zum 1. April die Jubiläumsausstellung „Kunst für eine neue Zeit“. Im Museumsshop am Glockengießerwall 5 werden während der Schau auch zwei neue Seifenkreationen aus Allermöhe erhältlich sein. Denn der Vater des Künstlers war Seifensieder in Greifswald. „Caspar David Friedrich hat in seiner Jugend in der Fabrik seines Vaters mitgearbeitet“, weiß Sabine Döpke, Frau des Inhabers von „Die Seifenfabrik“ am Billwerder Ring.
„Die Seifenfabrik“ stellt in Allermöhe ganz besondere Seifen her
Für die neuen Seifen hat der Familienbetrieb Zutaten – Kreide, Kiefer- und Minzöl – aus Rügen und Umgebung verarbeitet, „denn der Künstler war naturliebend“, sagt Sabine Döpke. Die „Kreideseife“ duftet nach Kiefer und Minze, für die „Sanddorn-Honigseife“ wurde auch Blütenhonig verwendet.
Auch bei den Verpackungen hat sich was getan: Gab es die Eigenmarke Delila bisher in Wegwerf-Pappschachteln, werden die Seifenstücke nun in „Partytellern“ verpackt – Schalen aus gepressten Palmblättern. „Die Blätter sind von den Bäumen gefallen und wurden lediglich eingesammelt“, sagt Sabine Döpke. „Die Palmen stehen in Wäldern in Indien.“ Die Schalen können lange benutzt und schließlich kompostiert werden.
Die Seifen werden in Allermöhe in kleinen Mengen produziert
Fabrik-Inhaber Thomas Döpke (71) betreibt nach eigener Aussage eine „kleine Manufaktur“, arbeitet spezialisiert und produziert mit drei Angestellten, darunter neben seiner Frau auch Tochter Christine Döpke (42). Gelegentlich packen Aushilfen mit an. Produziert werden kleinere Mengen für den deutschen und den internationalen Markt. Viele Seifen werden für Wiederverkäufer produziert, die den in Allermöhe hergestellten Produkten ihren eigenen Namen aufdrücken.
Die Seifen aus Allermöhe sind in Apotheken, Hotels und im Einzelhandel zu finden. „Viele unserer Kunden sind ebenfalls Familienunternehmen, kleine Firmen, die jedes Jahr andere Mengen bestellen“, sagt Sabine Döpke. „Mit einigen von ihnen arbeiten wir bereits seit Jahrzehnten zusammen.“ Die Kunden des Traditionsunternehmens würden überschaubare Mengen bestellen, mal 2000, mal 5000 Seifenstücke. „Wenn sie in China Seife bestellen, müssen sie in der Regel mindestens 100.000 Stück abnehmen“, weiß Sabine Döpke.
Hochwertige Naturstoffe, Öle und Extrakte teils aus Bio-Anbau
Die Kunden wüssten auch den „direkten Service“ und die gute Qualität der Bergedorfer Seifen zu schätzen. Tochter Christine Döpke ergänzt: „Die Düfte unserer Seifen sind außerdem unverkennbar, weil wir beispielsweise Honigseife aus Reinblütenhonig herstellen.“ Die 42-Jährige betont, dass hochwertige, unbehandelte Naturstoffe verarbeitet werden, darunter Öle und Extrakte aus zertifiziertem Bio-Anbau.
„In den vergangenen Jahrzehnten waren Flüssigseifen besonders gefragt“, sagt Thomas Döpke. „Jetzt erleben wir allerdings eine Renaissance der Stückseife.“ Die Auflagen seien klein, „mehrere Tausend Einheiten“. Die zweite legendäre Eigenmarke von 1889, Neptun, eine Schmierseife zur Reinigung von Flächen, werde an Industriebetriebe verkauft.
Die edle Seife ist nun auch online erhältlich, für 9,95 Euro plus Porto
Delila, eine Feinseife für die Körperpflege, bietet die Familie neuerdings im Internet an: https://www.die-seifenfabrik.de. Die edle Seife hat ihren Preis: Ein Stück kostet 9,95 Euro plus Porto. Auch die neue, für die Ausstellung produzierte Seife ist im Onlineshop des Familienbetriebs zu diesem Preis erhältlich. „Bei größeren Mengen spart der Kunde Porto“, sagt Sabine Döpke.
Heute würden die meisten Seifen in China, Indien und Osteuropa produziert, erzählt der Inhaber des Traditionsunternehmens. In Deutschland gebe es zwei große Mitbewerber und weitere kleinere Hersteller. „Viele sind aufgrund von Konkurs, Insolvenz oder Fusion vom Markt verschwunden“, sagt Thomas Döpke.
Die Seife wird in einem 7000 Liter fassenden Kessel gekocht
In der Seifenfabrik steht ein riesiger, 7000 Liter fassender Kessel, in dem die flüssigen Seifen gekocht werden. Um die Mischung aus Wasser und Kaliumhydroxid (Ätzkali) oder Natriumlauge zum Kochen zu bringen, wird sie mit Dampf erhitzt. Dann werden Fette (etwa Kakaobutter) oder Öle (etwa Mandelöl) sowie Parfüm hinzugegeben.
Auch interessant
- Bill Brew und Circle 8: Neue Brauerei in Billwerder
- Fehlplanung? Neue Laternen in Allermöhe stehen im Weg
- Polizei Hamburg: Nach Messerattacke – SEK verhaftet 19-Jährigen in Billwerder
„Deshalb sind wir nicht die günstigsten am Markt. Wir wollen halt etwas Besonderes liefern, setzen auf Klasse statt Masse.“ Demnächst wird vermutlich wieder Honig in die Seifenmischung gekippt: Ein Imker hat sich bei der Firma gemeldet. „Er will Honigseife produzieren“, sagt Sabine Döpke.
Stückseife-Umsatz seit Corona um rund 50 Prozent gesteigert
In der Corona-Hochphase, als häufiges Händewaschen quasi Pflicht war, hatte die Firma besonders viel zu tun: „Da war vor allem Stückseife gefragt“, sagt Sabine Döpke. Die Manufaktur habe damals viele neue Kunden gewonnen. Der Stückseife-Umsatz sei seit Beginn der Pandemie um rund 50 Prozent gewachsen. Genaue Zahlen nennt die Familie nicht, aber „mehrere Zehntausend Seifenstücke“ würden jedes Jahr in Allermöhe hergestellt.
1983 zog die einst am Kehrwieder gegründete Seifenfabrik von Eimsbüttel in das damals neue Gewerbegebiet Allermöhe um: „Wir waren hier das erste Unternehmen“, sagt Sabine Döpke. Die Fabrik und das Grundstück gehören der Familie Döpke. Sabine und Thomas Döpke wollen noch einige Jahre Seifen produzieren, bevor sie sich zur Ruhe setzen. „Ich habe noch viele Ideen“, sagt Sabine Döpke.