Hamburg. Die Bestsellerautorin ist am 26. Oktober in Bergedorf bei den „Altersbildern“ zu Gast. Was die 73-Jährige über den Ruhestand denkt.

Der Anruf zum Zeitungsinterview erreicht Kirsten Boie in ihrem Arbeitszimmer. Die mehrfach ausgezeichnete Kinder- und Jugendbuchautorin schreibt dort gerade an ihrem neuen Werk – und hat „für die Zeit danach auch schon zwei Alternativen im Kopf“, wie sie verrät. Kein Zweifel: Mit ihren 73 Jahren denkt die Hamburgerin noch lange nicht ans Aufhören. Kreativ zu arbeiten hält wach und lebendig, davon ist Kirsten Boie überzeugt. Nun kommt die Bestsellerautorin nach Bergedorf: Im Körberhaus ist sie am Donnerstag, 26. Oktober, in der Reihe „Altersbilder“ der Körber-Stiftung zu Gast, spricht mit Moderator Andreas Bormann über ihr Leben und ihre Leidenschaften. Vorab verriet sie bz-Redakteurin Christina Rückert, warum sie keine Bücher für Erwachsene schreibt, was sie übers Altern denkt und wann sie in Rente gehen möchte.

bz: „Der kleine Ritter Trenk“, „Abenteuer im Möwenweg“, „Sommerby“: Als Kinder- und Jugendbuchautorin verbinde ich Sie jetzt erstmal gar nicht mit dem Format Altersbilder.

Kirsten Boie (lacht): Wie nett!

Ihre Kinder- und Jugendbücher sind sehr aktuell, handeln viel von Themen wie Antisemitismus, Toleranz und einem friedlichen Miteinander. Wäre es nicht fast Zeit, ein Buch wie „Der Hoffnungsvogel“ auch für Erwachsene zu schreiben?

Daran habe ich noch nicht wirklich gedacht. Mir fällt noch so viel für Kinder und Jugendliche ein. Ein Buch für Erwachsene hätte auch einen ganz anderen Ansatz. Nehmen Sie das Thema Hoffnung, das Sie gerade angesprochen haben. Hoffnung und Zuversicht sind für Erwachsene genauso wichtig wie für Kinder. Aber ich könnte es weniger in Parabelform erzählen und müsste es mehr an einer Person oder einer Personengruppe festmachen. Ich habe eine Reihe geschrieben, Sommerby, die erzählt von einer Idylle und zu der bekomme ich unglaublich viel Post auch von Erwachsenen jeden Alters. Also: Sie haben im Grunde recht, auch Erwachsene brauchen eigentlich viel mehr Geschichten, die Mut machen. Und vielleicht wäre so ein Buch wie „Der Hoffnungsvogel“ für Erwachsene tatsächlich mal angebracht. Aber ich glaube, ich wäre nicht diejenige, die das schreiben könnte.

Nun kommen wir doch zum Thema Alter: Haben Sie denn noch das Gefühl, die junge Generation zu verstehen? Welche Gedanken machen Sie sich da, wenn Sie ein neues Buch in Angriff nehmen?

Das hängt davon ab, welches Buch es ist. Bei Büchern, die unter Jugendlichen in der Gegenwart spielen, wäre ich sehr, sehr vorsichtig. Auch, weil sich die Dinge rasend schnell entwickeln. Ich denke, da kann man als Erwachsener gar nicht immer auf dem Laufenden sein – obwohl ich auch in den Sozialen Medien unterwegs bin. Aber ich gehe damit schon sehr vorsichtig um. Ich habe gerade den vierten Sommerby-Band geschrieben, darin kommt auch eine 14-Jährige vor. Doch da geht es dann um ganz andere Themen. Und jetzt habe ich ein Buch geschrieben, das im nächsten Herbst erscheinen wird und in einem fiktiven Land spielt. Entsprechend habe ich dann einen ganz anderen Spielraum.

Wie ungewohnt ist es nun, in der Reihe „Altersbilder“ auf ein ausschließlich erwachsenes Publikum zu treffen?

Ich habe schon öfter Erwachsene im Publikum. Einmal natürlich die Eltern. Aber ich setze mich seit ungefähr fünf Jahren ja auch sehr intensiv fürs Lesen und für Lesekompetenz ein. Das sind Veranstaltungen, die sich an Erwachsene richten. Ich war gerade in Flensburg, da war ein altersmäßig ganz breites Spektrum an TeilnehmerInnen vertreten. Von Älteren, die vielleicht selber gerne lesen, über Menschen, die als Lesementor:innen für Kinder arbeiten bis zu Studierenden der Uni Flensburg.

Und wie fühlt es sich an, wenn man so wie Sie noch überall mittendrin ist und plötzlich zu den „Altersbildern“ eingeladen wird? Empfinden Sie das Altern überhaupt als Thema?

Als die Anfrage kam, musste ich schon kurz schlucken. Andererseits habe ich aus meinem Alter ja auch nie einen Hehl gemacht. Ich bin jetzt 73 und habe gar nicht das Gefühl, dass ich jetzt eine andere bin als mit 53. Ich empfinde mich selbst nicht als so alt wie das Bild, das ich von diesem Alter habe. Aber natürlich ist einiges anders. Egal, wie fit man sich grundsätzlich fühlt: Wenn ich mich mit meiner Tochter vergleiche, dann bin ich nicht mehr so belastbar wie sie. Ich arbeite nicht mehr bis Mitternacht. Und das Umfeld ändert sich auch, da wird dann deutlich, dass man älter wird. Krankheiten und auch Todesfälle kommen häufiger vor. Aber ich habe das große Glück, dass ich drumherum noch so viel erlebe, eben beruflich.

Das klingt nicht so, als wollten Sie morgen in den Ruhestand gehen.

(Lacht). Nein! In kreativen Berufen ist man ja auch frei weiterzumachen, solange man möchte. Das ist ein Geschenk. Wenn ich mit 65 Jahren in Rente hätte gehen müssen und man mir verboten hätte zu schreiben: Ich wäre in ein unendlich tiefes Loch gefallen! Das Leben wird schon zeigen, wenn es Zeit ist aufzuhören, auf die eine oder andere Weise. Aber so lange es mir Freude macht und so lange es Menschen gibt, die meine Bücher lesen wollen, nicht. Und dafür bin ich sehr, sehr dankbar.

Und gibt es noch das eine Buch, das Sie noch nicht geschrieben haben, aber vorm Ruhestand unbedingt noch schreiben wollen?

Dieses eine berühmte Buch? Nein, das gibt es nicht. Ich schreibe gerade an einem neuen Buch und habe für danach zwei Alternativen im Kopf. Aber keines davon wird dieses eine, große Buch sein, auf das ich mein Leben lang zugeschrieben habe. Und damit kann ich ganz gut leben.

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„Altersbilder“ mit Kirsten Boie am Donnerstag, 26. Oktober, 19 Uhr, im Körberhaus (Holzhude 1). Kostenfreie Anmeldung unter koerber-stiftung.de/veranstaltungen.