Bergedorf. 100 Paar sollen es schon werden, die Füße wärmen und Kranken ein Lächeln schenken. Was hinter der Aktion der Bergedorferinnen steckt.
Die eine hat eine Beinprothese, die andere Liebeskummer, die nächste macht eine Diät und noch eine Brustkrebs-Therapie. Ein buntes Trüppchen kommt da zusammen, das sich mittwochs zwischen 10 und 21 Uhr im „Seemannsgarn“ am Reetwerder 2 trifft. Inzwischen sind es schon gut 20 Strickerinnen, um lachend über Freud und tröstend über Leid zu sprechen – und neuerdings auch, um anderen Frauen Gutes zu tun: Bis Mitte Dezember gilt es, 100 Paar Socken zu stricken. Die gehen an einen Verein mit dem sperrigen Namen „Gynäkologische Krebserkrankungen Deutschland“.
Dieser „GynKD“ betreibt das „Grüne Sockenteam“, dessen Gründerin Andrea Krull sogar vor drei Jahren das Bundesverdienstkreuz bekam. Der Hintergrund dazu ist traurig: Eine Freundin war – wie jährlich etwa 8000 Frauen in Deutschland – an Eierstockkrebs erkrankt. „Weil sie im Krankenhaus so oft kalte Füße hatte, habe ich Socken in ihrer Lieblingsfarbe Grün gestrickt. Aber leider ist sie gestorben, bevor ich die Socken überreichen konnte.“
„Hoffnungssocken“ sollen in Kliniken verteilt werden – auch in Bergedorf
Aber trotzdem: Seither werden grüne „Hoffnungssocken“ gestrickt und an Kliniken und Reha-Häuser geschickt, in denen Frauen mit einer schweren Unterleibskrebserkrankung behandelt werden. Solidarität, Hilfe und Zuversicht kann schließlich jede Frau gebrauchen, die eine Chemotherapie macht.
Als die Bergedorfer Strickgruppe von dieser Aktion erfuhr, beantragte Martina Bomnüter sofort 500 Euro beim Bezirksamt: „Geld für Gutes“ heißt der Topf, aus dem gemeinwohlorientierte Projekte gefördert werden können. Die Rechnung geht auf für 50 Knäuel à 100 Gramm, die jeweils ein Paar Socken erbringen. Zusammen mit Restwolle und einigen Spenden sollen nun vor Weihnachten 100 Paar Socken verteilt werden können. „Wobei wir darum bitten werden, dass auch einige davon in den Bergedorfer Kliniken ankommen“, betont die 63-Jährige, die sich zugleich im Bergedorfer Seniorenbeirat engagiert.
Herzchen und persönliche Grüße
„Das ist mit den vier Nadeln gar nicht so einfach, das ist eine echte Liebesarbeit“, meint Ursula Chirbatdji – und schaut ein bisschen neidisch auf Nina Masuch, die schon drei Paar in nur zehn Tagen schaffte, dazu sogar aufmunternde Zettelchen malt mit „Weiter atmen und gute Besserung!“
Ihre Mutter Hermine (69) hat sich ein YouTube-Video angeguckt, um die „Käppchen-Ferse“ zu lernen, andere Frauen können die Bumerang-Ferse mit verkürzten Maschen um die Kurve gestrickt. Aber egal: Hauptsache, die Socken sind irgendwie ein bisschen Grün – wobei bunte Streifen und Herzchen auch erlaubt sind. An erster Stelle steht, so sieht es der Verein, dass sich die erkrankten Frauen ein bisschen wohler fühlen und sich gut über verschiedene Therapieformen informieren. Und das gern auch schnell, denn viele Unterleibskrebsarten – ob an den Eierstöcken oder an der Gebärmutter – werden erst sehr spät diagnostiziert.
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Auch das haben einige Bergedorferinnen am eigenen Leib erfahren müssen – und dennoch das Lachen nicht verlernt: Manche fahren gemeinsam in den Urlaub an die Ostsee, wo dann „gestrickt wird, bis die Nadeln glühen“. Andere lieben das alljährliche Strickfestival auf der dänischen Insel Fanø, das in diesem Herbst zum 17. Mal stattfand – mit 10.000 Besuchern.