Bergedorf-West. Zahl der Inobhutnahmen steigt. 6,7-Millionen-Euro-Neubau mit 22 Wohnplätzen schließt vom kommenden Jahr an eine Lücke im Bezirk.
Die Bobbycar-Rennbahn ist schon zu erahnen – und die Großzügigkeit der Unterbringung auch: Am Freitag feierte Bergedorfs erstes Kinderschutzhaus Richtfest. Für 6,7 Millionen Euro erhalten am Ladenbeker Furtweg bis zu 22 Kinder vom Baby bis zum Zwölfjährigen ein vorübergehendes Zuhause, wenn das Jugendamt sie aus ihren Familien nehmen musste. Jeder junge Gast bekommt hier ein Einzelzimmer und persönliche Betreuung durch Fachleute des Landesbetriebs Erziehung und Bildung, die viel Zuwendung und ein Stück Normalität in den zerrütteten Alltag bringen.
„Eine bessere Investition in die Zukunft dieser Kinder und damit auch in die Zukunft unserer Stadt kann es nicht geben“, sagte Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD) beim Richtfest. Und Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann ergänzte: „Ich würde mir wünschen, dass wir ein solches Haus in Bergedorf nicht brauchen. Aber leider ist das Gegenteil der Fall. Die Zahl der sogenannten Inobhutnahmen wegen Krankheit der Eltern, Gewalt oder Vernachlässigung steigt deutlich.“
Im Februar 2024 werden die ersten jungen Bewohner in Kinderschutzhaus ziehen
Voraussichtlich im Februar 2024 werden die ersten Bewohner in Bergedorfs erstes Kinderschutzhaus einziehen. Das dann siebte seiner Art in Hamburg startet mit zwei Gruppen für Kinder im Alter bis zu sechs Jahren, darunter voraussichtlich auch eine Baby-Gruppe, sowie einer Gruppe für Sieben- bis Zwölfjährige.
„Bisher müssen wir die betroffenen Kinder in Bereitschafts-Pflegefamilien in ganz Hamburg oder eben in den Schutzhäusern in den anderen Bezirken unterbringen. Das ist für die Kleinen ein doppeltes Drama. Denn sie werden nicht nur aus ihrer, wenn auch zerrütteten, Familie genommen, sondern sie verlieren auch ihr sonstiges gewohntes Umfeld“, beschrieb die Bezirksamtsleiterin den langen Kampf um die nun endlich im Rohbau fertige Institution. „Hier vor Ort in Bergedorf ist es zudem viel einfacher, dass die Eltern ihre Kinder regelmäßig besuchen. Schließlich sollen die Kinder hier nicht auf Dauer bleiben.“
Großer Spielplatz draußen, familiäre Atmosphäre drinnen
Tatsächlich soll die Unterbringung im Schutzhaus maximal ein Jahr dauern. Spätestens dann kommen die Kinder im Idealfall zurück in ihre Familien – oder dauerhaft zu Pflegeeltern. Durchschnittlich werden sie drei bis sechs Monate am Ladenbeker Furtweg bleiben, wobei manche auch schon nach wenigen Tagen oder Wochen wieder zu ihren Eltern dürfen.
Um ihnen den Aufenthalt im Schutzhaus so angenehm und nach dem Stress zu Hause vor allem so entspannt wie möglich zu machen, gibt es auf dem 11.400-Quadratmeter-Areal einen riesigen Spielplatz mit dem Bobbycar-Rundkurs und vielen anderen Attraktivitäten. Zudem wird in den Gruppen viel Wert auf eine familiäre Atmosphäre gelegt, bieten das großzügige Spielzimmer und der gemeinsame Essbereich viele Treffpunkte, um Gleichaltrige kennenzulernen.
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Der 1400 Quadratmeter große Neubau wird zwei Etagen haben und optisch in drei aneinandergereihte Gebäude aufgeteilt, jeweils verbunden mit einem gläsernen Übergang. Die Fassade erhält Faserplatten in heller Holzoptik, alle Räume sind mit Fußbodenheizung ausgestattet. Beheizt wird das Kinderschutzhaus mit einer Wärmepumpe, die im Winter von einer Gastherme unterstützt werden kann. Der Strom wird zu großen Teilen über Sonnenkollektoren auf dem Dach erzeugt.
Dass es mehrere Jahre gedauert hat, ehe Bergedorfs Kinderschutzhaus endlich aus dem bloßen Planungsstadium in die tatsächliche Bauphase eintreten konnte, lag nach langem Kampf von Bergedorfs Politik und Verwaltung um die Finanzierung aus Hamburg zuletzt an den explodierenden Baupreisen: „Wir mussten ein zweites Mal ausschreiben“, sagte Martin Görge, Geschäftsführer der städtischen Sprinkenhof GmbH, die der Bauherr ist. Dann lief aber alles schneller als gedacht: Zum Richtfest am Freitag war bereits weit mehr als der Rohbau fertig.