Hamburg. Alfred Dreckmann war Lehrer, Museumschef, Kommunist, APO-Aktivist und noch viel mehr. Was über seinen Tod hinaus von ihm bleibt.

Der 2020 verstorbene Alfred Dreckmann war ein Unikat – und ein Überzeugungstäter im besten Sinne: Der langjährige Leiter des Bergedorf-Museums im Schloss, nebenbei bekennender Kommunist und nicht zuletzt intellektueller Kopf der legendären Bergedorfer APO-Aktivisten Ende der 1960er-Jahre, hat sich zeitlebens einer zentralen Frage gewidmet: Warum ist Deutschland in die Fänge der Nazis geraten? Oder besser: Wie war es möglich, dass die sich Menschen damals so selbstverständlich den Strukturen der Hitler-Diktatur verschrieben oder zumindest damit arrangierten?

Was der Historiker, der eigentlich Volksschullehrer war, dafür an Dokumenten zusammentrug, hat jetzt einen neuen, einen öffentlichen Platz gefunden: Im Ausstellungsraum Gojenberg, der alten Krankenhausbaracke am Gojenbergsweg 30, ist das Alfred-Dreckmann-Archiv feierlich eröffnet worden.

Alfred Dreckmann: Nachlass eines legendären Bergedorfers findet seinen Platz

Seit knapp einem Jahr schon hat sich hier ein kleiner Kreis aus Historikern und Ehrenamtlichen um die Geschichtswissenschaftlerin und SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Dr. Christel Oldenburg an die Katalogisierung des riesigen Fundus gemacht. Und der konnte bereits erste Ergebnisse der Aufarbeitung präsentieren.

Auf dem Foto immer dabei: Alfred Dreckmann († 2020) in seinem Archiv im Ausstellungsraum Gojenberg.
Auf dem Foto immer dabei: Alfred Dreckmann († 2020) in seinem Archiv im Ausstellungsraum Gojenberg. © BGZ | Ulf-Peter Busse

So geht es um die Geschichte der Bergedorfer SPD und die letzten überlieferten Exemplare ihres „Bergedorf-Sander Volksblatts“, das von 1919 bis 1933 als linke Tageszeitung scharfe Konkurrenz zur damals bürgerlich-konservativen Bergedorfer Zeitung war. Ihr Blick auf das Abrutschen der Weimarer Republik ins Dritte Reich stand auch Pate für den Untertitel des Alfred-Dreckmann-Archivs: „Erinnern für die Zukunft“ ist das Ziel, für das neben dem riesigen Fundus des Historikers sogar sein Schreibtisch den Weg in die Ausstellung gefunden hat.

„Ein begnadeter Museumsmann, dessen Ausstellungen auch mal aneckten“

Zur Eröffnung sprachen neben Christel Oldenburg auch Bergedorfs langjähriger SPD-Chef, Schulsenator Ties Rabe und Tobias Derndinger als Eigentümer des Ausstellungsraumes. Als Hauptredner erinnerte Prof. Dr. Detlef Garbe, mittlerweile pensionierter Chef der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, an seinen einstigen Kollegen Alfred Dreckmann, der mit dem Schloss wie auch Garbe seinerzeit eine der Außenstellen des Museums für Hamburgische Geschichte leitete.

„Alfred war ein begnadeter Museumsmann, der Ausstellungen und Veröffentlichungen machte, die bewegten – und manchmal auch aneckten“, lobte Garbe. „Auch wenn ich mit ihm nicht die politische Überzeugung teilte: Beeindruckend war, mit welcher Akribie er die Alltagsgeschichte der Nazidiktatur aufarbeitete und nicht zuletzt Zeitzeugeninterviews mit ihren überlebenden Protagonisten auf unzähligen Tonbändern aufzeichnete.“

Deren Übertragung auf moderne Speichermedien steht heute noch immer aus, ebenso wie etwa die Aufarbeitung der Geschichte der Bergedorfer KPD. „Ein guter Ort, um das alles in Ruhe zu tun“, lobte Senator Ties Rabe, selbst studierter Lehrer für Geschichte und Religion, die Aufnahme des Archivs in den Ausstellungsraum Gojenberg – und erinnerte an den erbitterten Streit mit Bergedorfs amtierender Museumsleiterin Dr. Schanett Riller. Sie hatte es vor drei Jahren abgelehnt, Dreckmanns Erbe im Schloss aufzunehmen: „Ein etwas merkwürdiger Konflikt, der durch die Vermittlung von Bergedorfs Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann hier auf den Gojenberg zum Glück ein gutes Ende gefunden hat.“

Feste Öffnungszeiten gibt es im Alfred-Dreckmann-Archiv noch nicht. Wer es persönlich in Augenschein nehmen möchte oder die Aufarbeitung durch ehrenamtliche Arbeit unterstützen will,schreibt eine E-Mail an archivalfred.dreckmann@gmx.de. Auch Spenden sind sehr willkommen.