Bergedorf. Regionale Identität und Schlossgeschichte sollen neue Eckpfeiler werden. Was die Museumsleiterin an Änderungen plant.

Die Ausstellungsräume im ersten Stock des Bergedorfer Schlosses sind weitgehend ausgeräumt, normalerweise sind sie für die Dauerausstellung im Museum für Bergedorf und die Vierlande reserviert. Auf einem historischen Löscheimer zeigt ein Wappen die einstige Verbindung der Bergedorfer Verwaltungsmächte Hamburg und Lübeck. Erklärt wurde das für den Museumsbesucher allerdings nie. In der neuen Dauerausstellung, die Dr. Schanett Riller und ihr Team konzipieren, soll sich dies und vieles mehr in diesem Jahr ändern.

„Es wird viel herumgerätselt, was wir vorhaben“, sagt die Chefin der Bergedorfer Museumslandschaft, Dr. Schanett Riller. Jedes Detail kann und möchte die 49-Jährige auch noch nicht verraten, wohl aber so viel, dass es im Jahr 2023 losgehen wird. Mit einer neuer Blickführung, Didaktik, Laufrichtung und mit viel mehr Interaktion als jemals zuvor. Denn die Art, wie Ausstellungen gestaltet werden, hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnte stark verändert.

Museum im Bergedorfer Schloss: Ausstellung wird neu konzipiert

Das Ganze basiert auf zwei Eckpfeilern: regionale Identität und die Geschichte des Bergedorfer Schlosses. Diese Schlüsselwörter hat Riller mit ihren Mitarbeitern erörtert. Denn wofür steht denn eigentlich ihr Arbeitsplatz? „Als Museum für Regionalgeschichte. Vielfach kam bei den Besuchern auch die Frage auf, was es mit dem Schloss eigentlich auf sich hat. Das sollte man tatsächlich erzählen.“

Wo steht das Prinzessinnenbett? Wieso hängt eigentlich kein Kleidungsstück im Trachtenraum? Es soll künftig darum gehen, das Bergedorfer Schloss als Gebäude erlebbar zu machen, die historische Funktion der einzelnen Räume wie auch die Architektur zu erklären und eine Sichtachse zu etablieren. So könnte etwa das Landherrenzimmer, die alte Amtsstube, durch eine Mischung aus Touchscreens und greifbaren Objekten wie zum Beispiel Senatorenkragen oder Stempel erlebbar werden.

Bergedorfer und auch andere Museumsgäste sollen an Umfrage teilnehmen

Und dann die Regionalität: „Wir versuchen die Frage zu klären, was Bergedorf ausmacht“, nennt Schanett Riller die Leitlinie der Neuorganisation. Das Museumsteam möchte Besucher in diesem Kontext noch besser kennenlernen und hat deshalb Online-Befragungen gestartet: Unter der Überschrift „Mitmachen, mitreden, mitgestalten!“ stehen Heimat- und Stadtteilumfrage parat und zwar auf bergedorfer-museumslandschaft.de.

Das Bergedorfer Schloss beherbergt das Museum für Bergedorf und die Vierlande.
Das Bergedorfer Schloss beherbergt das Museum für Bergedorf und die Vierlande. © NEWS & ART | Carsten Neff

Ist Bergedorf mehr als nur ein Wohnort? Was gefällt, was eher nicht? Was macht ihn im Vergleich zum restlichen Hamburg vielleicht sogar speziell? Wann sagt man „typisch Bergedorf“? Und wie werden die 14 Stadtteile des Bezirks gesehen? Was könnte eine Bergedorfer Identität ausmachen?

Museumsbesucher sollen Schubladen öffnen und Knöpfe drücken können

„Wir sind überzeugt, dass Bergedorfer per se total vielfältig sind“, stellt Schanett Riller fest. Das drücke sich ja auch in den Gegensätzen des Bezirks aus, etwa Blockbebauung vs. historischer Stadtkern, Schafe, Kühe, Deiche vs. Siedlungsgebiet und weitere. „Außerdem möchten wir wissen“, sagt die promovierte Wissenschaftler, „wer zu uns ins Schloss kommt, Bergedorfer oder Nicht-Bergedorfer?“

Auch Interaktivität ist ein Eckpfeiler des neuen Konzepts der Dauerausstellung. Riller stellt sich vor, dass „Besucher Knöpfe drücken, Kopfhörer aufsetzen oder Schubladen öffnen“. Und noch etwas möchte die Museumsleiterin zeitnah realisieren: „Bisher gibt es in unserem Hause keinen Raum für Schulklassen, um das Museum zu erleben.“ Dafür wird auch nicht extra angebaut, sondern ein Hockersystem aufgebaut, bei dem die Kinder und Jugendlichen ihre Sitzgelegenheit im Rucksack durch die Schauräume transportieren können. Ebenfalls wird über eine Garderobe sowie einen Seminarraum nachgedacht.

Das Bergedorf-Museum bleibt auch während des Umbaus zugänglich

Mit einem neuen Besucherleitsystem sollen die Gäste im Museum von Raum zu Raum geführt werden: „Wir verändern die Laufrichtung. Zuerst erfahre ich als Besucher, wo ich bin, dann erst geht es in die Wechselausstellung.“ Als Starttermin für die dann neue, noch unbetitelte Dauerausstellung wird 2023 genannt – die Aussage ist deshalb so vage gehalten, weil Schanett Riller nicht weiß, wann bestimmte Technikaufbauten lieferbar sind.

Übrigens: Das Museum bleibt in der Umbauphase die ganze Zeit zu den bekannten Öffnungszeiten (Di. bis So. 11-17 Uhr) geöffnet, die übrigen Angebote wie zum Beispiel die Bürgerausstellung bleiben zugänglich und andere Sonderveranstaltungen wie Konzerte oder Geburtstage sind weiter möglich.

Schon erwähnenswert, denn: „Das Museum für Hamburgische Geschichte zum Beispiel schließt wegen Umbaus der Dauerausstellung für fünf Jahre“, weiß Bergedorfs Museumschefin, die alle Bergedorfer explizit bittet, sich ihr Haus genau jetzt anzusehen. Nur für kurze Zeit seien die Schlossräume in „ihrem ursprünglich, nicht museal zweckentfremdeten Zustand zu genießen“, so Riller.