Bergedorf. Frühere Vereinsmitglieder nennen Inkompetenz des Chefs Dennis Gladiator als Grund. Dieser spricht von strukturellen Problemen.

Die Nachricht traf Freunde des Vereins Sicheres Wasser (SiWa) am späten Mittwochabend wie der Blitz: Über eine Whatsapp-Gruppe kündigte der Vereinsvorsitzende der Rettungsschwimmer, Dennis Gladiator, an, dass SiWa demnächst bei einer Mitgliederversammlung aufgelöst werden soll. Als Grund nennt Gladiator „strukturelle Probleme“, was Personal und Finanzen angeht.

Damit ist die Badesicherheit für die bevorstehende Saison nicht gewährleistet. SiWa hat seit 2006 acht Menschen vor dem Tod durch Ertrinken gerettet, jährlich 12 bis 20 weitere Wasserrettungen geleitet. Das Echo auf die kaum abzuwendende SiWa-Auflösung ist allerdings vehement.

SiWa vor dem Aus: Auch der Kontakt zur kooperierenden Schule ging verloren

Denn Gladiator, der den Chefposten bei SiWa erst im September 2021 übernahm, wird kein gutes Zeugnis ausgestellt. So etwa von Monika Retzlaff, langjährige Pressesprecherin des Vereins, die entnervt im vergangenen Jahr austrat: „Alles nur Floskeln mit den strukturellen Defiziten, mit denen Dennis Gladiator seine Untätigkeit und Inkompetenz vertuschen will. Seine Versäumnisse können nun nicht mehr aufgeholt werden.“

Damit meint Retzlaff fehlende Aus- und Fortbildungen. Fakt ist: In diesem Winter wurde kein einziger Rettungsschwimmer ausgebildet, was nicht nur an der Modernisierung der Ausbildungsstätte Freizeitbad Reinbek lag. Auch die Anwerbung von Nachwuchs beispielsweise beim langjährigen Kooperationspartner Gretel-Bergmann-Schule sei völlig vernachlässigt worden.

„Damit geht ein soziales Kleinod in Neuallermöhe verloren“, kritisiert auch Helge von Appen, langjähriger Vorsitzender und 2006er-Gründungsmitglied von SiWa. Auch der Kontakt zu den Mitgliedern und die Öffentlichkeitsarbeit liege im Argen.

Mit den Gegebenheiten kann Ehrenamt aus Gladiators Sicht nicht funktionieren

Doch Dennis Gladiator wehrt sich, möchte aus Respekt gegenüber den Verdiensten aller Engagierten im Verein nicht zu viel sagen, zumindest aber die Entscheidung erläutern: „SiWa ist strukturell und finanziell nicht so aufgestellt, dass wir einerseits die Verantwortung für so eine wichtige Aufgabe der Lebensrettung leisten können. Andererseits kann mit diesen Gegebenheiten Ehrenamt aus meiner Sicht nicht funktionieren.“

Finanziell mag der Politiker (Mitglied der Hamburger Bürgerschaft für die CDU) aus Bergedorf nicht ins Detail gehen, aber: „Wenn in so einem Verein Leute für weniger Arbeit mehr Geld bekommen als andere, die mehr leisten, stimmt etwas nicht.“

Chemie zwischen altem und neuem Vorstand schnell vergiftet

„Ich bin sehr traurig darüber, wie innerhalb eines Jahres SiWa derart kaputt gehen konnte. Wir haben den Verein in einem funktionierendem Zustand übergeben“, entgegnet wiederum Helge von Appen. Offenbar stimmte die Chemie zwischen dem Schulendorfer und dem Bergedorfer von Beginn an nicht. Von Appen wollte weiterhin im Hintergrund auch bei der Rettungsschwimmer-Ausbildung wirken, beratend zur Seite stehen – doch das soll Gladiator sofort abgelehnt haben, wie sich von Appen erinnert: „Er wollte mich bei Terminen nicht dabei haben mit der Begründung, dass er neben mir nicht zu Wort kommen würde.“

Doch auch hier grätscht Gladiator verbal dazwischen: „Als ich zum Vorsitzenden gewählt wurde, stand der Verein unmittelbar vor der Auflösung. Da kann nicht so viel funktioniert haben.“ Für von Appen sei extra die Position des Leitenden Führungsdienst geschaffen worden, der aber auch zwingend bei den Wachdiensten anwesend hätte sein müsse. Das allerdings lehnte der ehemalige SiWa-Chef ab, weil ihm noch Aufwandsentschädigungen zugestanden hätten.

Personelle Voraussetzungen ausgangs der Pandemie fast glänzend

Weitere kleinere Zwists aus der Praxis: So sei es Usus am Allermöher See gewesen, Wildgriller sofort abzulöschen. Gladiator wollte das laut von Appen anders handhaben, „weil er Regressansprüche befürchtete, etwa wenn ein Handy durch das Löschwasser beschädigt würde“. Die Replik von Gladiator dazu: „Ich schicke unsere jugendlichen Retter doch nicht in gefährliche Situationen, wenn sie unter anderem Drogendealer ansprechen sollen.“ Das sei nicht die Aufgabe von Rettungsschwimmern.

Ordentlich Kritik hatte Dennis Gladiator schon bei seiner ersten SiWa-Retterbilanz geerntet. Laut Alt-Vorstand von Appen hatte es 2021/22 noch nie so freiwillige (acht) und auch viele frisch ausgebildete Rettungsschwimmer (18) gegeben. „Da ist mir schleierhaft, warum im vergangenen Jahr überhaupt Rettungsdienste ausfielen“, blickt von Appen kritisch auf die Zahlen von 2022 zurück.

Bezirksamt sucht nun schnellstmögliche Retter-Alternative

Am Allermöher See beispielsweise blieben 22 von 56 vereinbarten Wachtagen unbesetzt, in Müssen waren es überhaupt nur zwei von möglichen 50 Tagen. „Wir haben alles so gut besetzt, wie wir es konnten“, antwortet Gladiator auf die Kritik. „Wir haben andere Qualitätsansprüche.“ Die Schichten sollten anders als in der Vergangenheit mit vor Ort anwesendem Führungsdienst, Staffelführern und drei bis vier Rettungsschwimmern besetzt sein

Mittlerweile besteht zwischen beiden Herren kein Kontakt mehr. Auch Helge von Appen hat SiWa vergangenes Jahr verlassen. Wie aber geht es nun mit der Badeaufsicht weiter? Das Bergedorfer Bezirksamt wurde am Donnerstagmittag (16. März) von Gladiator über die anstehende Vereinsauflösung informiert.

„Vielleicht braucht es jetzt einen anderen Verein mit anderen Strukturen“, orakelt Gladiator, dass die Badesaison 2023 doch noch gerettet werden könnte. Aus dem Bezirksamt heißt es, dass nun, „schnellstmöglich“ ein alternativer Wachdienst für Sommerbad und See zu akquirieren sei – möglicherweise ja auch die DLRG.