Allermöhe. Der beliebte Badesee in Allermöhe ist seit 2007 wegen Blaualgen gesperrt. 2023 wird er wieder freigegeben – dank Hilfe aus dem All.
Die Krankenakte des Eichbaumsees ist lang: Weder der Einsatz einer Zwangszirkulationsanlage, vom Fischen, Alumniumsalzen oder Bentophos (Tonmineral) brachte in den vergangenen Jahren nachhaltigen Erfolg, um den Blaualgen im See Herr zu werden. Rund 1,6 Millionen Euro wurden in den vergangenen 25 Jahren in die Heilung des Sees investiert. Trotzdem ist das einst so beliebte Badegewässer zwischen Moorfleeter Deich und Dove-Elbe seit 2007 dauerhaft gesperrt. Die Verantwortlichen der Umweltbehörde (Bukea) blicken trotzdem positiv in die Zukunft und wollen den Patienten nicht aufgeben. Ganz im Gegenteil: „Baden soll in diesem Jahr wieder teilweise möglich sein“, verkündete Maren Jarosch, in der Bukea zuständig für die Hamburger Badegewässer, am Dienstagabend im Regionalausschuss.
Pilotweise soll erst mal nur die Badestelle Ost wieder freigegeben werden. Dabei wolle man beobachten, wie Besucher das Angebot nach 15 Jahren Sperrung annehmen und natürlich wie sich das Vorkommen der Cyanobakterien (Blaualgen) im See entwickelt, erklärt Maren Jarosch. Denn die Wasserqualität des Sees wird grundsätzlich als ausgezeichnet bewertet. Blaualgen werden in dieser Bewertung allerdings nicht berücksichtigt. Fest steht, dass Nährstoffe mit dem Grundwasser in den See eingetragen werden, die das Algenwachstum begünstigen. Blaualgen können gesundheitsgefährdend sein, wenn sie verschluckt werden. Hauptaugenmerk liege daher vor allem auf kleineren Kinder, die beim Spielen und Planschen ihre Hände häufig in den Mund nehmen, erklärt Maren Jarosch.
Satellit liefert Hinweise zu Chlorophyll-Konzentration im See
Allerdings werden die Grenzwerte, die ein Badeverbot zur Folge haben, nicht dauerhaft überschritten: Während im Sommer 2021 bereits im Juni der Alarmwert erreicht war, wäre in 2022 bis Ende August eine Badesaison möglich gewesen, stellt Maren Jarosch fest. Großen Einfluss habe dabei das Wetter: Wärmere Temperaturen begünstigen das Algenwachstum, ebenso Stärke und Richtung des Windes, der die Algen über den See weht und so verteilt, erklärt die Behördenmitarbeiterin.
Das Risiko, das beim Baden für die Badegäste entsteht, könne nun aber besser eingeschätzt werden, erklärt Stefanie Schäfermeyer-Gomm von der Bukea. Denn mittlerweile gibt es Hilfe aus dem All: Vorausgesetzt, die Wolkendecke über Hamburg ist nicht zu dicht, liefert der Erdbeobachtungssatellit Sentinel 2 kostenlos Luftbilder, mit dem sich die Chlorophyll-Konzentration des Sees einschätzen lässt. Das Chlorophyll wiederum gebe einen Hinweis auf die Menge der grünen Blaualgen, erklärt Maren Jarosch. Neben der Fernerkundung durch Satellitenbilder soll es auch eine engmaschige Beprobung des Wassers geben: Bisher wurde der See fünfmal im Jahr in der Seemitte sowie alle drei Wochen an den Badestellen beprobt. In diesem Jahr sollen an der Badestelle Ost jede Woche Proben genommen werden. Ebenso müssten die steilen Abbruchkanten in dem See gekennzeichnet werden, der von 1972 bis 1976 durch Sandabbau aus einem Seitenarm der Dove-Elbe entstanden ist.
Bezirksamt soll See wöchentlich beproben – gibt es genug Ressourcen?
Dafür muss die Fachbehörde allerdings das Bezirksamt Bergedorf ins Boot holen. Schließlich sollen die Mitarbeiter der Bergedorfer Verwaltung für die wöchentliche Beprobung zuständig sein und auch mit Schildern oder Flaggen kenntlich machen, wenn es zu einer Sperrung des Sees kommt. Das könne allerdings nur mit einer entsprechenden Sicherstellung der dafür benötigten Ressourcen funktionieren, betonte Lars Rosinski. Diesen Hinweis des Regionalbeauftragten griff die Lokalpolitik sogleich auf und ergänzte das Petitum eines Antrags. Den hatte die Bergedorfer Koalition aus FDP, Grünen und SPD auf Initiative von Stephan Meyns (FDP) und seiner Fraktion gestellt, um eine engmaschige Beprobung der Wasserqualität und damit mögliche Öffnung des Sees anzustoßen.
Dass die nun schon in diesem Jahr möglich gemacht wird, damit hatten die Mitglieder des Ausschusses nicht gerechnet. „Es hat sich gelohnt, dass wir hartnäckig geblieben sind. Selbst wenn der See nur temporär geöffnet wird, ist schon viel gewonnen“, sagt Stephan Meyns. Auch die anderen Fraktionen lobten die Lösung. Um diese politische Einigkeit zu symbolisieren, wurde der Vorstoß der Koalition um CDU und Linke zu einem interfraktionellen Antrag ergänzt. Demnach soll Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann sich dafür einsetzen, dass die Wasserqualität des Eichbaumsees engmaschig beprobt wird und die benötigten Ressourcen dafür sichergestellt werden.
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Die große Euphorie, die aufgrund der Neuigkeit der probeweisen Öffnung aufkam, musste Stefanie Schäfermeyer-Gomm ein wenig dämpfen: „Der Patient ist nicht gesund“, betonte sie. Man müsse auch in diesem Jahr damit rechnen, dass es wieder zu Sperrungen kommt. Zudem müsse an die Eigenverantwortung der Menschen appelliert werden: „In jedem naturnahen Gewässer können Blaualgen auftreten. Sollte man im knietiefen Wasser die Füße nicht mehr sehen, sollte auch nicht gebadet werden“, betont Maren Jarosch.