Geesthacht. Geesthachts Förster lässt in dem beliebten Erholungswald Hasenthal Süd auch gesunde Bäume fällen. Das sind die Gründe.
An zwei kleinen Buchen mit einem Durchmesser von vielleicht 20 Zentimetern, die an der Zufahrt zum Wanderparkplatz an der Krümmelstraße stehen, ist mit Sprühfarbe ein roter Punkt aufgebracht und dazu ein roter Strich in Bodennähe. „Das heißt, die Bäume sollen gefällt und ebenerdig abgesägt werden“, erklärt André Guiard, Leiter der Revierförsterei Hamwarde.
Die Führung durch den Waldabschnitt Hasenthal Süd hat kaum begonnen, schon regt sich Widerstand unter den etwa 15 Bürgern, die auf Guiards Einladung gekommen sind. Sie wollen aus erster Hand erfahren, welche Einschlagmaßnahmen in dem seit 2020 ausgewiesenen Erholungswald zwischen Bundesstraße 5, Elbe, Pumpspeicherbecken und Krümmelstraße ab Oktober geplant sind.
Die Fällarbeiten im Revier Hasenthal Süd sollen im Oktober beginnen
Guiard möchte den Baumbestand sensibel bewirtschaften, um den Wald widerstandsfähig für den Klimawandel zu machen. Konkret vor Ort bedeutet dies, dass lichtbedürftige, aber klimaresistentere Arten wie die Eiche gefördert werden sollen. Dafür werden knapp 2100 Festmeter (Fm) Holz aus dem 61 Hektar großen Areal entnommen. „Das ist ein sehr vorsichtiger Eingriff. Wir sagen dazu, dass wir die Natur kitzeln wollen“, betont er.
Doch wenn es um gesunde Bäume geht, die gefällt werden sollen, ist der Aufschrei schnell groß, wie das Beispiel der beiden kleinen Buchen zeigt. „Muss das wirklich sein?“ oder „Reicht es nicht, nur die Äste zu beschneiden?“, wollen die Anwesenden wissen. Darunter sind Vertreter des Geesthachter Nabu, vom Umweltbeirat, von den örtlichen Grünen und der CDU sowie von den Pfadfindern der Royal Rangers. Guiards Replik: „Ja, es muss sein.“
Revierförster will die Öffentlichkeit bei Maßnahme mitnehmen
Die beiden Buchen stünden zu dicht an der Krümmelstraße und müssten der Verkehrssicherheit weichen. „Wenn ich sie stehen lassen, bekomme ich wieder Beschwerden vom HVV, dass das Laub in die Straße wächst“, wirbt Guiard um Verständnis.
Genau deshalb hat der seit 21 Jahren amtierende Hamwarder Revierförster auch frühzeitig die Öffentlichkeit eingeschaltet. „Uns war es wichtig, in einem so stark frequentierten, stadtnahen Gebiet, die ortsansässige Bevölkerung mitzunehmen und den Menschen deutlich zu machen, was wir tun und warum“, sagt der Förster.
In der betroffenen Fläche (siehe Karte unten) stehen laut der alle zehn Jahre stattfindenden und gerade neu fertiggestellten Forsteinrichtung 27.799 Festmeter Holz. Von diesen dürfen in der kommenden Dekade 7601 Fm entnommen werden, ein knappes Drittel der möglichen Masse (2092 Fm) wird jetzt geschlagen.
Zur besseren Vorstellung: Ein Festmeter Holz entspricht in etwa einem Kubikmeter. Rechnerisch werden rund 35 Fm pro Hektar entnommen oder anders ausgedrückt, in diesem Fall etwa 17 oder 18 Bäume pro Hektar oder gut 1100 Bäume insgesamt.
Hasenthal Süd von den Frühjahrsstürmen kaum betroffen
Im gesamten Kreis Herzogtum Lauenburg ist das Einschlagsziel von 52.000 Fm Verkaufsmasse für 2022 bereits überschritten. Aktuell sind es 59.000 Festmeter, darunter allerdings allein zwei Drittel Schadholz nach den Frühjahrsstürmen. „Davon waren vorrangig Fichtenbestände betroffen. Aber in anderen Beständen wollen und müssen wir weiterarbeiten“, sagt Marcus Deinert, der Fachdienstleiter der Kreisforsten. Der entsprechende Ausschuss des Kreistages ist informiert.
Hasenthal Süd war von Orkan Zeynep und Co. kaum betroffen. Die großen Eichen im Gebiet sind im Schnitt 162 Jahre alt, die Buchen 119 und die Kiefern 148 Jahre. Durch Entnahme einzelner Bäume soll die Altersstruktur und die Durchmischung mit Baumarten gefördert werden. Dabei setzt Guiard auf eine natürliche Verjüngung, Nachpflanzungen sind nicht geplant. „Es ist ein ganz vorsichtiges Spiel. Man muss den jungen Eichen mehr Licht geben, aber nicht zu viel, sonst gehen sie ein“, sagt der Förster. Das Verhältnis im ganzen Revier Hamwarde liege heute bei etwa 60 Prozent Laub- zu 40 Prozent Nadelholz. „Als ich 2001 anfing, war es noch umgekehrt“, so Guiard.
Heike Kramer, Vorsitzende des Geesthachter Nabu, begrüßte ausdrücklich, „dass wir uns die Planungen ansehen und Fragen stellen konnten. Es handelt sich um einen Wirtschaftswald, dessen Bewirtschaftung aus Naturschutzsicht so naturnah und schonend wie möglich betrieben werden sollte.“ Das Ziel des geplanten Einschlags begrüßte sie, war aber unsicher in der Bewertung, ob er dem Wald auch langfristig gut tue. Über das Ergebnis will André Guiard bei einem weiteren Termin vor Ort Anfang 2023 berichten.