Boberg. Antennen, Röhren, Filter, Kameras: Tausende Autofahrer wundern sich täglich über dieses Gerät an der B5. Hier ist die Lösung.

Es könnte alles Mögliche sein. Eine Art kleiner Handy-Mast vielleicht. Oder irgendetwas, mit dem die Polizei den Autofahrern auf die Finger schaut. Vielleicht auch eine Feinstaubmessung? Sicher ist: Über dieses komische Ding, das auf einer Verkehrsinsel der Bergedorfer Straße steht – beim Burger King in Höhe Reinbeker Redder – wundern sich jeden Tag wohl Tausende Autofahrer. Denn obwohl es hier so präsent direkt an einer Ampel steht, ist auf Anhieb nicht erkennbar, wofür all Antennen, Röhren, Filter und offenbar auch Kameras gut sein könnten.

Und mit ihrer Ratlosigkeit sind die Autofahrer nicht allein. Auch die Behörden müssen bei dieser Nachfrage erst ordentlich grübeln. Wahrscheinlich handele es sich um eine Station des Hamburger Luftmessnetzes, meint zunächst das Bezirksamt und verweist an die Hamburger Umweltbehörde. Nein, sagt wiederum die Umweltbehörde: Es sei wohl eine meteorologische Station. Allerdings sei diese nicht beim Meteorologischen Instituts der Uni Hamburg verzeichnet – also vielleicht ein privater Wetterdienst? Denn „wetter.de“ betreibe im Bezirk eine Station.

Dieses komische Ding in Boberg gehört der Stadtreinigung

Die Lösung hat schließlich doch das Bezirksamt. Und die ist durchaus spannend. Denn es gibt eine Sondernutzungsgenehmigung für ebendiese Mittelinsel, ausgestellt auf die Stadtreinigung. Und tatsächlich: Es handelt sich um „unsere Anlage“, bestätigt Andree Möller, Sprecher der Stadtreinigung Hamburg. Ganz konkret: um eine Glättemeldeanlage. Allerdings führt der Name auch ein wenig in die Irre. Denn dieses Gerät kann noch weit mehr, als nur eine glatte Fahrbahn zu erkennen. Es ist quasi der Rundumexperte für die direkte Umgebung: von der aktuellen Regenmenge über die Windstärke bis zur Luftfeuchtigkeit und Straßentemperatur. Unter anderem.

Die Glatteismeldeanlage an der B5 in Boberg.
Die Glatteismeldeanlage an der B5 in Boberg. © Christina Rückert | Christina Rückert

„Es ist eine von 20 Glättemeldeanlagen, die wir in Hamburg haben“, sagt Andree Möller. Die Geräte sind über das gesamte Stadtgebiet verteilt. Die Daten, die sie liefern, laufen in der Einsatzzentrale der Stadtreinigung auf und werden dort über Monitore verfolgt. Im Winter intensiv, jetzt im Frühjahr kaum noch. Denn tatsächlich geht es primär darum, bestimmte Wetterlagen wie gefrierenden Regen oder Schnee schnell zu erkennen und entsprechende Einsatzkräfte rauszuschicken.

Wetterdienste nutzen ebenfalls diese Daten

Die Daten des Gerätes sind so umfangreich, dass sie auch in Prognosen einiger Wetterdienstleister einfließen. Tatsächlich zeigt ein Screenshot der Anlage, was so alles erfasst wird: Neben Fotos, die die Kamera alle fünf Minuten von der Fahrbahn macht, gibt es 21 verschiedene Parameter. Temperatur, Taupunkt und Gefriertemperatur geben zum Beispiel erste Aufschlüsse darüber, wie kalt es gerade in Boberg ist. Sensoren im Boden verraten zudem Genaueres, nämlich die Temperatur in der Straße, in fünf und 30 Metern Tiefe. Auch wie warm oder kalt, trocken oder feucht der obere Asphaltbelag ist, wird gemessen. Dazu gibt es jede Menge Niederschlagsdaten: Wie viel und wie intensiv ist der Regen, Hagel oder Tau? Auch Schneehöhe, Windrichtung und Windstärke sowie die Sichtweite werden erfasst.

So sind die Hamburger Glättemeldegeräte echte Multitalente, die vor allem im Winter zusammen mit anderen Wetterdaten dafür sorgen, dass die Stadtreinigung stets auf dem Laufenden ist. Der wichtigste aller 20 Standorte steht allerdings nicht in Boberg – sondern auf der Köhlbrandbrücke. Denn das ist laut Andree Möller einer der sensibelsten Punkte in Hamburg: „Wenn es kalt ist, friert es da zuerst zu.“