Bergedorf. Das Projekt „Hamburg – deine Flussnatur“ will Gewässer der Stadt zukunftstauglich machen. Jetzt rückt auch Bergedorf in den Fokus.

Die Stiftung Lebensraum Elbe (SLE) nimmt für das Naturschutzgroßprojekt „Hamburg - deine Flussnatur“ jetzt auch Bergedorf in den Blick. Ziel des vom Bund geförderten Projekts ist es, Hamburgs Gewässernetz fit für die Zukunft zu machen. Zuvor wurde der Bezirk Bergedorf bei der Ideenfindung ausgeklammert, weil hier andere Gewässertypen als in der Hamburger Innenstadt zu finden seien.

Doch jetzt soll es auch hier losgehen: „Hamburg ist so gewässergeprägt wie kaum eine andere Stadt. Deshalb sollten wir diese auch aufwerten“, fordert Projektleiter Karsten Borggräfe mit Blick auf den Schleusengraben. Das Potenzial des Kanals, der eine der ältesten künstlichen Wasserstraßen Deutschlands ist, sei nicht voll ausgeschöpft.

Schleusengraben war früher von zentraler Bedeutung für Bergedorf

1445 begann die mühevolle Grabung des Kanals per Hand, dafür ermöglichte der Schleusengraben in den folgenden Jahren den Transport von Holz, Gemüse und Getreide auf dem Wasserweg. Schließlich wurde der Kanal zur Industrialisierungsader für Bergedorf und erlangte für die Bauern eine immer größere Bedeutung.

Mittlerweile ist auf dem Kanal, der die Bille mit der Dove-Elbe verbindet, kaum noch Berufsschifffahrt zu beobachten. Lastschiffe können den Bergedorfer Hafen gar nicht mehr erreichen, weil die Brücke bei der B 5 zu niedrig für die Frachter ist. „Die Bedeutung der Gewässer hat sich verändert“, sagt auch Karsten Borggräfe. Sie dienen jetzt als Erholungsareal, zur Aufwertung von Wohnumfeldern und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen.

Workshop im Körberhaus

Das Problem: Die Strukturen der Gewässergestaltung folgt diesem Wandel noch nicht. Deshalb sollen nun auch Bergedorfs Kanäle und Flüsse umgestaltet werden. Am Donnerstag, 23. März, kommen im Körberhaus Interessensvertreter aus Landwirtschaft, Bezirksamt, Umweltbehörde sowie Bootsverleiher und Angler zusammen und beraten über neue Gestaltungsideen. „Wenn wir erfolgreich Naturschutz machen wollen, müssen wir alle Bedürfnisse berücksichtigen“, erklärt der 62-jährige Projektleiter.

Denkbar wäre laut Karsten Borggräfe, im Schleusengraben Installationen unter Wasser zu befestigen – zum Beispiel Totholz als Rückzugsort für Fische. Auch die Uferkanten abzuschrägen, sei eine Option, denn: Flache Wasser-Landübergänge sind wichtig, um den Lebensraum der Fischotter zu sichern. Eine Idee sei auch, schwimmende Installationen mit Pflanzen in den Schleusengraben zu integrieren. Generell sollen die Gewässer für Mensch und Tier bunter und interessanter werden.

Bergedorfer können sich mit Ideen einbringen

„Biologische Vielfalt ist zu einem Qualitätsmerkmal geworden: Natur steigert die Lebensqualität der Menschen“, so Borggräfe. Deshalb sind alle Bergedorfer herzlich dazu eingeladen, sich jederzeit über das Internet mit Anregungen oder Befürchtungen an die Stiftung Lebensraum Elbe zu wenden. Es gebe aber auch noch speziell für die Bürger Dialogworkshops, bei denen Ideen eingebracht werden können. Termine stehen noch nicht fest.

Die Beteiligung der Anwohner und Bürger an der neuen Gewässergestaltung sieht der Projektleiter auch als wichtige Chance zur Bekämpfung der Vermüllung. „Vielleicht identifizieren sich die Leute mehr mit der Natur, wenn sie sich selbst mit eingebracht haben“, hofft der Hamburger. Konkrete Maßnahmen könne das Projekt aber bei diesem Thema nicht entwickeln.

Am Schleusengraben lassen viele Menschen ihren Müll liegen. Das Problem gibt es an vielen Stellen in Hamburg.
Am Schleusengraben lassen viele Menschen ihren Müll liegen. Das Problem gibt es an vielen Stellen in Hamburg. © Louisa Eberhard | Louisa Eberhard

Für Realisierung des Projekts sind knapp 25 Millionen Euro vorgesehen

Noch bis 2024 läuft die Planungsphase, danach geht es an die Realisierung der bis dahin erarbeiteten Ideen. Dafür sind knapp 25 Millionen Euro vorgesehen. Bis 2035 sollen alle Maßnahmen umgesetzt worden seien. Über seine persönliche Motivation für die Umsetzung des Projekts sagt der 62-Jährige: „Ich habe mittlerweile Enkel. Und da muss man sich ja immer fragen: Was übergebe ich später mal? Die Natur sollte Kindern nicht genommen werden.“