Bergedorf. Betrieb hat laut Behörde Ende 2022 aufgegeben. Prostitution dürfte es im Bezirk dennoch weiterhin geben – aber unter anderem Namen.

Kaum ein Mensch möchte gern eines in seiner Nachbarschaft haben. Bordelle haben es deshalb auch in Bergedorf nicht leicht: Schon vor zehn Jahren hat der Bezirk – damals ein Novum in Hamburg – ein Konzept zur Steuerung von Vergnügungsstätten und Erotikangeboten beschlossen. Damit sollte verhindert werden, dass es immer mehr Spielhallen oder Sexdienstleistungen gibt, die womöglich für „Mietpreisverzerrung“ oder „Abwertung von Standorten“ im Umkreis sorgen könnten.

Ein Konzept, das offenbar nachhaltig Wirkung zeigt: Denn das letzte offiziell gemeldete Bordell des Bezirks ist Geschichte. „Die einzige erlaubte Prostitutionsstätte hat ihren Betrieb im Dezember 2022 eingestellt. Weitere erlaubnispflichtige Prostitutionsgewerbe im Bezirk Bergedorf sind derzeit nicht bekannt“, informiert die Sozialbehörde auf Anfrage. Wo das letzte Bordell lag und warum es aufgab, wird nicht mitgeteilt.

Bergedorfs letztes offizielles Bordell geschlossen – Angebote gibt’s trotzdem

Sexarbeit dürfte es im Bezirk allerdings trotzdem noch geben. Denn auch wenn Bergedorf lange Zeit offizielle Bordelle an der Brookkehre oder an der Kurt-A.-Körber-Chaussee hatte, so machten doch immer mal Gerüchte über weitere Sex-Angebote in vermieteten Zimmern oder Hostels die Runde. Vor allem, als Corona die Prostituierten und ihre Freier zeitweise in die Illegalität zwang. Und wer aktuell „Sex in Bergedorf“ googelt, wird noch immer auf zahlreichen Onlineportalen fündig, die zumindest Ähnliches versprechen.

Sexgewerbe versteckt sich oft hinter Begriffen wie „Massage“ oder „Fotomodell“

Sicher ist: Sex gegen Geld muss bei der Sozialbehörde angemeldet werden, so sieht es das deutsche Prostitutionsschutzgesetz vor. Doch die Grenzen des Erlaubten sind fließend: Ausnahmen gelten beispielsweise für „Vorführungen mit vornehmlich darstellerischem Charakter“, bei denen „keine weitere der anwesenden Personen sexuell aktiv einbezogen ist“. Shows, Striptease und dergleichen gelten einfach als Gewerbe.

Wie viele solcher Unternehmen es in Bergedorf gibt, weiß das Bezirksamt nicht: „Im Gewerberegister werden die Tätigkeiten alle unter dem Oberbegriff ,Erbringung von sonstigen Dienstleistungen’ angemeldet“, heißt es auf Anfrage aus dem Bezirksamt. Nicht möglich sei es, aus der „niedrigen vierstelligen Zahl“ dieser Gewerbeanmeldungen die Sex-Offerten zu erkennen. Denn diese verstecken sich oft hinter Begriffen wie „Begleitservice“, „Massage“, „Zimmervermietung“ oder „Fotomodell“.

Anlassbezogen wird jeder Bebauungsplan geprüft, ob es Schlupflöcher gibt

Doch das Thema bleibt aktuell. Denn vor allem in Gewerbegebieten sind Bordelle oft erlaubt und somit Schlupflöcher möglich. Der Bezirk prüfe deshalb „anlassbezogen“ bei allen Bergedorfer Gewerbegebieten, in denen Freudenhäuser im Einzelfall theoretisch noch zulässig wären, ob die „Zulässigkeit von Bordellen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden soll“, so Bezirksamtssprecher Lennart Hellmessen. Zurzeit werde entsprechend „eine Änderung des Bebauungsplans Lohbrügge 24 geprüft“.

Die Existenz von Vergnügungsstätten und Erotikangeboten beruhe auf einer gesellschaftlichen Nachfrage, hatte der Bezirk noch in seinem Konzept von 2013 festgestellt. Und wohl auch deshalb 2015 als Zugeständnis eine kleine Fläche am Havighorster Weg für ein mögliches Bordell ausgewiesen – gegen den Protest der Anwohner. Ein Freudenhaus siedelte sich dort trotzdem nicht an.

Ohnehin ist in Deutschland längst eine neue Debatte darüber entbrannt, ob Prostitution nicht generell verboten werden sollte. Während die deutschen Interessenvertretungen der Sexarbeiter vor einer Kriminalisierung von Freiern warnen, hat etwa Schweden schon vor langer Zeit das Sexkaufverbot eingeführt. Das Argument: Sexkauf sei stets strukturelle Gewalt gegen Frauen und Ausdruck patriarchalischer Strukturen.