Hamburg. Viele Prostituierte wurden durch die Pandemie in die Illegalität abgedrängt. Offenbar bieten sie ihre Dienste nun im Hostel an.

Nachbarn sei schon seit Wochen der rege Besuchsverkehr in diesem Hostel aufgefallen, berichtet die „Hamburger Morgenpost“ (Mopo). „Die Gäste parken meist vor den Einfamilienhäusern an der Straße und huschen dann rüber ins Hostel“, zitiert das Boulevardblatt einen 47-jährigen Anwohner. „Die meisten kommen nach 30 Minuten wieder raus.“

Die Wohnanlieger in Lohbrügge hegen den Verdacht, dass das erst im November 2020 eröffnete Hostel von Prostituierten genutzt wird, die in den kostengünstigen Zimmern (ab 31 Euro pro Nacht) ihre Freier empfangen.

Anwohner vermuten: Hostel in Bergedorf wird als Ersatz-Bordell genutzt

Ganz ausgeschlossen ist das nicht. Nur einen knappen Steinwurf entfernt, in einer Seitenstraße, befindet sich seit Jahren ein einschlägiges Etablissement mit mehreren Zimmern, in denen Frauen sich anboten. Und: Nach den Hamburger Corona-Regeln dürfen Prostituierte ihrem Gewerbe seit mehreren Monaten nicht mehr nachgehen. Viele der Frauen wurden dadurch in die Illegalität abgedrängt. Statt in den etablierten Appartements oder Bordellen bieten sie ihre Dienste nun an versteckteren Orten an. „Tatsächlich geht es bei vielen Sexarbeiterinnen um sehr existenzielle Fragen“, erklärte gegenüber der Morgenpost Ines Berding von der Fachberatungsstelle Prostitution „Sperrgebiet Hamburg“ der Diakonie.

„Diejenigen, die sich vor der Pan­demie nach dem Prostituiertenschutzgesetz angemeldet hatten und als Selbstständige tätig waren, können Arbeitslosengeld beantragen und haben Anspruch auf Corona-Hilfen.“ Für andere gilt das nicht.

Gäste müssen digitalen Meldezettel mit ihren Ausweisdaten ausfüllen

„Wir sehen nicht, wer hier ein- und ausgeht. Aber die Gäste füllen digitale Meldezettel aus“, sagt Jens Heinneccius, Hostel-Betreiber.
„Wir sehen nicht, wer hier ein- und ausgeht. Aber die Gäste füllen digitale Meldezettel aus“, sagt Jens Heinneccius, Hostel-Betreiber. © BGZ / Anne Strickstrock | Anne Strickstrock

Hostel-Betreiber Jens Heinneccius mag nicht recht glauben, dass sein Haus als Ersatz-Bordell genutzt wird: „Wir haben zwar einen Self-Check-in mit Buchung und Registrierung per mobiler App und Zimmercode, sodass wir nicht persönlich sehen, wer hier ein- und ausgeht. Aber die Gäste müssen einen digitalen Meldezettel mit ihren Ausweisdaten ausfüllen.“ In den vergangenen Monaten seien fast alle Gäste einzelne Männer gewesen – Handwerker und Monteure.

„Seit Kurzem dürfen endlich wieder private Übernachtungen gebucht werden. Ich habe mich richtig gefreut, als am Donnerstag eine Familie aus Süddeutschland fürs verlängerte Wochenende ein Vierbettzimmer reserviert hat. Und nun haben wir mit dieser dummen Geschichte zu kämpfen.“

Eine Auffälligkeit hat Heinneccius registriert: „Nach dem Mopo-Bericht hat ein Ehepaar sein seit mehreren Wochen bewohntes Zimmer plötzlich gekündigt. Aber ob die mit diesen Vorwürfen etwas zu tun hatten – ich weiß nicht...“