Hamburg. Das Grabeland ist geräumt, doch Bauarbeiter warnen vor „grundaggressiven Menschen“. Wann die Hamburg Invest abreißen will.
Ein wenig gruselig ist es hier an diesem grauen Wintermorgen. Auf dem großen Gartengelände unweit des Neuen Wegs ist kaum ein Mensch unterwegs. Wo noch in diesem Sommer etwa 170 Grabeländer in ihren teils liebevoll gestalteten Gärten gewirtschaftet haben, herrscht nun eine seltsame Grabesstille: Alle Gärtner hier im nordwestlichen Bereich des künftigen Innovationsparks mussten zum Jahresende ihre Lauben räumen.
Nun verkünden Bauzäune, dass wohl bald die Bagger anrücken werden – um grüne Paradiese, aber dazwischen auch vergammelte, illegale Lauben dem Erdboden gleichzumachen.
Kleingartenverein in Bergedorf geräumt
Lange hatten die hier nur geduldeten Grabeländer um ihre Gärten gekämpft. Vergebens: Die Pläne für den Innovationspark waren bereits vorangeschritten, hinzu kam der drängende Umzugswunsch der Hauni Maschinenbau GmbH (jetzt: Körber Technologies). Die hier zuständige Hamburg Invest hatte den Grabeländern deshalb mit Frist zum Jahresende gekündigt – auch mit der Möglichkeit, alles stehen und liegen zu lassen, was offenkundig die meisten getan haben.
Nun verkündet die Hamburg Invest nur einsilbig: „Der Abbruch der baulichen Anlagen der Grabeländer wird in 2023 abgeschlossen sein, damit die Entwicklung der Fläche in 2024 erfolgen kann.“
Einige Bauzäune wurden bereits aufgebrochen
Einen genaueren Zeitplan gibt es nicht – oder er soll geheim bleiben. Doch Eile ist geboten, denn das Gebiet wirkt schon jetzt verwahrlost. Viele Gebäude sehen einsturzgefährdet aus, es liegt Müll herum, die Wege sind schlammig. Hinter anderen Gartentoren lassen sich allerdings auch einstige Gartenparadiese erahnen.
Bauzäune riegeln alles ab, doch einige der Verbindungen wurden aufgebrochen. Ebenso eine Kette, mit der ein Tor in einem Gartenzaun gesichert wurde. Auf dem Boden liegt das wohl mit einem Bolzenschneider zerschnittene Kettenglied.
Zwei Bauarbeiter berichten, dass sie sich kaum ins Gelände trauen – und warnen auch Andere davor, sich weiter in die Kleingärten hineinzuwagen. Es würde hier noch immer Menschen herumstreunen, und manche seien „grundaggressiv“, meinen sie.
Tatsächlich hatte das Gelände auch immer wieder finstere Gestalten angelockt, es gab oft Brandstiftungen. Die Grabeländer hatten für die zunehmende Verwahrlosung allerdings auch die Stadt Hamburg verantwortlich gemacht, die hier über Jahre weggesehen und nichts getan habe.
Für möglichst alle soll es Ausweichquartiere geben
Jenen Grabeländern, die hier teils Jahrzehnte ein zweites Zuhause in liebevoll gepflegten Gärten hatten, sollen indes bald Ausweichquartiere angeboten werden. Parallel zu den Planungen für den künftigen Innovationspark samt Hauni arbeitet der Bezirk an einem Bebauungsplan für eine entsprechende Fläche an der Rothenhauschaussee. Vorrangig allerdings für andere Kleingärtner: Denn auch die etwa 100 Laubenbesitzer des Bergedorfer Schrebergartenvereins von 1920 (609) mit Sitz am Curslacker Neuen Deich müssen bald für den Innovationspark weichen.
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Da dies aber keine geduldete, sondern eine offizielle Anlage ist, gelten für diese Kleingärtner längere Kündigungsfristen. Die Verunsicherung ist dennoch groß, „ich werde täglich mit Anrufen und Mails bombardiert“, sagt der langjährige Vorsitzende Wolfgang Schütz.
Die Stimmung sei schlecht, viele würden sich fragen, wann sie denn nun ihre Lauben aufgeben müssen. Auch Wolfgang Schütz selbst würde sich insgeheim wünschen, dass das Gebiet der Kleingärtner doch nicht für den Innovationspark gebraucht wird – weiß aber, dass die Hoffnung vielleicht zuletzt stirbt, „aber sie stirbt“.