Hamburg. Aktuell laufen erst die Vorarbeiten für das Millionen-Euro-Projekt. Doch der Ärger ist schon groß – kostet Nerven und einige auch Geld.
Die Polizei hat viel zu tun, seit Anfang November die Bauarbeiten für den Nettelnburger Kreisel begonnen haben. „Die sind fast täglich mit etlichen Beamten hier. Aber es gibt so viele Falschfahrer, dass sie es trotzdem nicht schaffen, alle rauszuwinken und Strafzettel über 50 Euro, im Wiederholungsfall sogar 70 Euro auszustellen“, hat der Nettelnburger Werber Skubatz beobachtet. Selbst Radfahrer müssen laut Polizei 20 Euro zahlen.
Es geht um die Kreuzung Randersweide/Nettelnburger Straße vor Honda Harke, von der auch der Kampweg in Richtung Recyclinghof abzweigt. Sie soll im kommenden Frühjahr für mehr als eine Million Euro zum Kreisverkehr umgebaut werden. Die Arbeiten laufen allerdings schon seit gut vier Wochen, weil vor den Straßenbauern die Versorgungsbetriebe ihre Leitungen erneuern. Den Anfang macht Hamburg Wasser, das direkt neben der Kreuzung riesige schwarze Rohre in den Untergrund bringt.
Vorarbeiten am Nettelnburger Kreisel erfordern weite Umwege
Die Folge sind zunächst zwei Einbahnstraßen, die die Nettelnburger sowie auch etliche Vier- und Marschländer bereits jetzt, sieben Monate vor dem geplanten Ende der Bauarbeiten, zur Verzweiflung bringen. „Man kommt zwar weiterhin gut in unseren Stadtteil hinein, aber nur auf riesigen Umwegen wieder hinaus“, beschreibt die Nettelnburgerin Waltraut Kus beim Blick auf die Sperrung von Randersweide und Nettelnburger Straße in Fahrtrichtung Bergedorf..
Dass das zu etlichen Verkehrsvergehen führt, kann Ehemann Herbert Kus gut nachvollziehen: „Man kann sein Ziel schon sehen, muss als Autofahrer aber teils kilometerlange Umwege in Kauf nehmen. Da ignorieren viele die kaum Hundert Meter kurzen Einbahnstraßen eben.“ Schließlich lasse sich leicht erkennen, ob Gegenverkehr kommt.
Nettelnburger sind genervt – die Vier- und Marschländer auch
Die Forderung der Nettelnburger: Statt Einbahnstraßen sollten im Bereich der Baustellen auf Randersweide und Nettelnburger Straße Ampeln aufgestellt werden. So argumentiert auch Karsten Paulssen aus Ochsenwerder, der die Randersweide oft mit dem Auto als direkte Verbindung in die Bergedorfer Innenstadt nutzt. Er sprach das Thema in der Bürgerfragestunde der jüngsten Bezirksversammlung an.
Paulssen wies auf die erheblichen Umwege hin, die die Ausweichstrecken über Kurt-A.-Körber-Chaussee und Curslacker Neuen Deich für die Vier- und Marschländer bedeuteten – und sie dort auch noch regelmäßig in lange Staus schickten. Baustellenampeln würden dagegen „das Straßennetz entlasten, Stauungen und nicht zuletzt auch die Emissionen des Straßenverkehrs minimieren“.
Politiker aller Fraktionen wollen mit Polizei nach Lösungen suchen
Verständnis für die Probleme und die Lösungsansätze gab es in der Bezirksversammlung von allen Fraktionen. Sie sprachen sich dafür aus, das Thema mit Polizei und dem Baustellenkoordinator des Bezirks, Sven Bielig, zu erörtern. Schließlich soll am Kreisel über mehrere Bauphasen noch bis Ende Juni 2023 gearbeitet werden. Das Thema dürfte auch den Verkehrsausschuss am Montag, 5. Dezember (18 Uhr; Rathaus, Wentorfer Straße 38) beschäftigen.
Doch auf Nachfrage unserer Zeitung äußerten sich am Dienstag sowohl Bielig als auch Bergedorfs Verkehrspolizeichef Björn Schramm wenig überzeugt, dass Baustellenampeln sinnvoll oder überhaupt möglich sind. „Die aktuellen Baufelder grenzen schon so dicht an die Kreuzung, dass beide Amplen einerseits miteinander koordiniert werden müssten, also lange Rot zeigen würden.
Sorge vor Baustellenampeln mit extrem langen Rotphasen
Andererseits gibt es hier zu wenig Aufstellfläche für die bei Rot wartenden Autos“, sagt Sven Bielig und weist auf Verschärfung dieses Problems in den beiden noch folgenden Bauphasen hin: „Anfang Februar setzt Hamburg Wasser seine Arbeiten nördlich der Kreuzung, also in Richtung Bergedorf fort, was auch dort Einspurigkeit bedeutet. Und wenn im März der Bau des Kreisverkehrs in zwei Teilen beginnt, brauchen wir die Kreuzung und damit die Zufahrt zum Recyclinghof zwar nicht zu schließen, aber alles wird noch enger.“
Konkret sieht Sven Bielig Einbahnstraßen als einzige Chance, das ganz große Verkehrschaos zu verhindern: „Blicken wir auf die Zeit ab Anfang Februar, müssten alle Baustellenampeln rund um die Kreuzung miteinander koordiniert geschaltet werden. Das würde extrem lange Rotphasen und damit Staus in alle Richtungen bedeuten.“
Nettelnburger Kreisel: Verkehr soll aktuell nach Süden und Westen abfließen
- Baustellenatlas: Hier wird es demnächst in Bergedorf eng
- Verkehrschaos vor Recyclinghof: Abhilfe rückt in weite Ferne
- Fehlende Brücke: Hunderte Bergedorfer ausgesperrt
Auch ein Umdrehen der jetzigen Einbahnstraßen ist nicht vorgesehen, sagt Verkehrspolizist Schramm: „Wir wollen die Autofahrer nicht verwirren. Deshalb bleibt es die ganze Maßnahme über bei der Systematik, dass der Verkehr nach Süden und Westen fließt, nach Norden und Osten aber nicht.“ Aus den gleichen Gewohnheitsgründen lehnt er es ab, die von vielen Nettelnburgern geforderte Öffnung der Straße Fiddigshagen vor der Grundschule in beide Richtungen anzuordnen – oder auch nur die Einbahnstraße umzukehren, um wenigstens hier eine Ausfahrt aus dem Stadtteil zu ermöglichen.
Zudem laufe über Fiddigshagen die ausgeschilderte Umleitung für Radfahrer, sagt Sven Bielig: „Wir wollen sie nach Möglichkeit von den Einbahnstraßen um die Kreiselbaustelle fernhalten. Deshalb läuft ihr Weg bis Ende Juni 2023 nun von Fiddigshagen über Katendeich, Klaus-Schaumann-Straße und In der Hörn sowie umgekehrt.“