Hamburg. Das Wetter eilt von Wärmerekord zu Wärmerekord. Zugleich macht sich die Sonne rar. Experten versuchen, das Phänomen zu erklären.

  • Weiße Weihnachten? So entwickelt sich das Wetter in Hamburg langfristig
  • Gefahr von Dunkelflauten steigt in Hamburg
  • Klare, trockene Polarluft schafft es immer seltener nach Hamburg

Bei Familientreffen verschiedener Generationen kommt ein Thema dieser Tage fast unweigerlich mit Kaffee und Keksen auf den Tisch: das Wetter. Gerade erst hat der Deutsche Wetterdienst mitgeteilt, dass das zu Ende gehende Jahr das wärmste seit dem flächendeckenden Messbeginn im Jahr 1881 war. Dass es früher mehr Schnee und mehr Frosttage gab, ist nicht nur eine verzerrte Erinnerung, sondern wissenschaftlicher Fakt.

„Der Vergleich der Zeiträume von 1961 bis 1990 und den letzten 30 Jahren zeigt teilweise Verblüffendes“, sagt der Wetter- und Klimaexperte und Sachbuchautor Frank Böttcher („Klimafakten“). So sind die kalten Dauerfrosttage inzwischen eine Ausnahmeerscheinung: „An der Entwicklung der Eistage sieht man, wie der Winter in Hamburg dahinschmilzt. Gab es vor 30 Jahren noch 8,3 solcher Tage im Januar, waren es in den letzten 30 Jahren nur noch 5,8 Tage“, sagt der Vorsitzende der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft.

Erwärmung im Winter hat sich in Hamburg zuletzt beschleunigt

In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Entwicklung noch einmal beschleunigt – zuletzt kam es im Mittel lediglich an 0,8 Tagen zu Dauerfrost. Im Winter 2019/2020 verzeichnete Hamburg erstmals seit Beginn der Wetteraufzeichnungen sogar keinen einzigen Dauerfrosttag mehr. Insgesamt mussten die Hamburger damals 731 Tage bis zum 25. Januar 2021 warten, bis das Quecksilber wieder unter die magische Marke fiel. Auch der aktuelle Winter startet viel zu warm und viel zu nass.

„Der milde Start in den Dezember fügt sich nahtlos ein in eine Entwicklung, in der der Winter zwischen dem länger andauernden Herbst und dem früher beginnenden Frühjahr verschwindet“, sagt Wetterexperte Böttcher. „Aus den langen Winterphasen sind in Hamburg längst kurze und seltene winterliche Episoden geworden. Es wird auch weiterhin Winternächte mit zehn Grad unter null geben, aber seltener, als man eine Sternschnuppe am Himmel erkennt.“

Wetter in Hamburg: Wenn die Sonne ausbleibt, steigt die Gefahr von Dunkelflauten

Auch der Eindruck trügt nicht, dass sich die Sonne in diesem Jahr noch seltener zeigt als sonst. Jeder Besitzer einer Photovoltaikanlage sieht, dass die Stromausbeute deutlich hinter den zu erwarteten Mengen, aber auch den Vorjahren zurückbleibt. Erschwerend kommt hinzu, dass diese sogenannten Dunkelflauten, wenn auch noch der Wind ausbleibt, für die deutsche Energieversorgung zum Problem werden.

„In den Jahren 1961 bis 1990 brachte die erste Dezemberhälfte im Mittel 18,7 Stunden Sonne. In den letzten 30 Jahren (einschließlich 2024) waren es nur noch 15,8 Stunden.“ Böttcher hält diese Tristesse für das neue Normal. Im vergangenen Dezember, zum Jahreswechsel und im Januar 2024 habe es ebenfalls lange Phasen ohne Sonne gegeben.

Wetter: Klare, trockene Polarluft schafft es seltener nach Hamburg

„Das ist leider für den norddeutschen Winter typisch geworden. Infolge der Klimaerwärmung kommt immer seltener klare trockene Polarluft zu uns nach Hamburg, die Sonne bringt. Das Wetter wird zur Geduldsübung.“ Schlittschuhfans werden also weiterhin auf eine Neuauflage des Alstereisvergnügens warten müssen, das es im Februar 2012 zum letzten Mal gab.

Wetterfoto
Weihnachtsmärkte sind extrem abhängig vom Wetter: Das beste Wetter ist laut Betreibern sonnig und um null Grad warm. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Eine Geduldsübung ist die wenig winterliche Wettergestaltung auch für die Weihnachtsmärkte: Sie sind besonders witterungsabhängig. Im vergangenen Dezember, als es dauerregnete, klagten manche Betreiber über Einbußen von bis zu 60 Prozent. „Selbstverständlich leiden wir unter dem schlechten Wetter, jammern bringt uns aber nicht weiter“, sagt Uwe Bergmann von der Bergmanngruppe, die in Hamburg fünf Weihnachtsmärkte betreibt.

Hamburg-Wetter: Die Sonne scheine heute im Mittel also 72 Stunden länger als früher

„Wir investieren in zusätzliche Überdachungen auf den Märkten.“ Er verrät: „Das ideale Wetter ist blauer Himmel, Temperaturen zwischen minus zwei und plus vier Grad und nicht zu viel Wind.“ Immerhin: Die kommenden Tage könnte den Märkten laut Wettervorhersage ein kleines Zwischenhoch bringen.

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Und auch für die Solaranlagenbesitzer hat Frank Böttcher Trost parat: „Der Besitz einer Solaranlage rechnet sich heute mehr denn je“, sagt er. „Die Jahressumme der Sonnenstunden ist von 1557 Stunden (1961–1990) auf 1629 Stunden (1994–2023) gestiegen.“ Die Sonne scheine heute im Mittel also 72 Stunden länger als früher, was an einer Zunahme der Hochdrucklagen liege. „Diese Wetterlagen bringen im Winter mehr Wolken, aber in allen anderen Jahreszeiten mehr Sonne.“