Hamburg. Der Neuro-Urologe Dr. Kai Fiebag befasst sich mit den Bereichen Blase, Sexualität und Darm im Querschnittgelähmten-Zentrum.

Unter der Woche radelt Dr. Kai Fiebag knapp zehn Kilometer bis zur Arbeit in das BG-Klinikum Hamburg. Für ihn spielt es dabei keine Rolle, ob es regnet oder die Sonne scheint. Auch zur Aufnahme des Podcasts „Hamburger Klinikhelden – über Berufe mit Sinn“ kommt er aus Schleswig-Holstein mit dem Fahrrad in die Innenstadt. Am Empfang erscheint er mit dem Fahrradhelm in der Hand. Seine weißen Haare sind ordentlich zur Seite gekämmt. Seine Haltung ist aufrecht. Sein Blick wirkt erwartungsvoll.

Er sei immer sehr schnell unterwegs und er fahre vorausschauend, um nicht durch Fehler anderer im Straßenverkehr verletzt zu werden, erzählt Dr. Kai Fiebag im Hamburger-Abendblatt-Studio. Er habe immer wieder Patientinnen und Patienten, die wegen eines Fahrradunfalls eingeliefert werden.

Dr. Kai Fiebag als ärztlicher Leiter in der Neuro-Urologie des Querschnittgelähmten-Zentrums

Im BG Klinikum Hamburg in der Neuro-Urologie des Querschnittgelähmten-Zentrums ist Dr. Kai Fiebag ärztlicher Leiter. „Die Neuro-Urologie ist eine Spezialisierung der Urologie. Sie kümmert sich um die Diagnostik und Behandlung von Blasenfunktionsstörung, die aus Verletzungen, aus Erkrankungen, aus Missbildungen des Nervensystems resultieren.

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"Neuro-Urologie: Blase, Sex und Darm – Über Tabuthemen und Therapie"

Hamburger Klinikhelden - der Podcast über Berufe mit Sinn

„Unser Auftrag als neuro-urologische Abteilung im Querschnittgelähmten-Zentrum ist es, uns um alle Menschen zu kümmern, die Ausfälle durch Querschnittlähmung erfahren haben“, sagt Dr. Fiebarg. Er sei auch für alle anderen stationär im Krankenhaus aufgenommenen Menschen zuständig, die eine Blasenfunktionsstörung, eine Sexualfunktionsstörung oder eine Darmfunktionsstörung haben.

„Das Schöne an der Arbeit ist, dass es interprofessionell läuft.“

Als Neuro-Urologe ist er ein Facharzt, der sich auf die komplexen Zusammenhänge zwischen Nervensystem und den urologischen Funktionen des Körpers spezialisiert hat. Vier Ärzte gehören zu seiner Abteilung. Im November komme eine weitere Ärztin neu ins Team.

„Das Schöne an der Arbeit ist, dass es interprofessionell läuft. Wir sind angewiesen auf die Zusammenarbeit, nicht nur innerhalb der Neuro-Urologie, sondern auch im Querschnittgelähmten-Zentrum mit den anderen Professionen“, betont Dr. Kai Fiebag. Und damit bezieht er sich unter anderem auf die Pflege, die Krankengymnastik, die Ergotherapie, die Logopädie und die Atemtherapeuten. „Das sind die ganz tollen und erfüllenden Dinge in diesem Beruf, dass man in diesem Team mit den unterschiedlichen Professionen zusammenarbeitet und sich austauscht, um das Beste für den Patienten zu erreichen.“ 

Professionelle Distanz, auch zu seinem eigenen Schutz

Im Umgang mit den Patientinnen und Patienten sei ihm wichtig, empathisch zu sein, mitfühlend, ohne Mitleid zu empfinden. Er wolle Vertrauen aufbauen, ohne übergriffig zu werden. Und er bewahre stets eine professionelle Distanz, auch zu seinem eigenen Schutz. „Diesen Spagat zu finden, ist nicht einfach, aber ich glaube, es ist mir bisher immer ganz gut gelungen.“

Dr. Fiebag gehe mit Natürlichkeit auf viele Tabuthemen wie Sexualität oder Kinderwunscherfüllung bei querschnittgelähmten Menschen ein. „Ich darf nicht ungefragt in die Intimität eindringen“, sagt der Spezialist. Er hole sich immer erst die Erlaubnis, bevor er seine Patientinnen und Patienten zu diesen Themen informiert, sie darin unterstützt und begleitet.

Ein Mediziner, der seinen Beruf als Berufung sieht

Dr. Fiebag strahlt Ruhe und Kompetenz aus. Kraft schöpfe er aus dem Anblick eines Bildes, das bei ihm auf dem Schreibtisch steht: Es zeigt die abgeernteten Getreidefelder in der Provinz Navarra in Spanien. Und dieses Bild brauche er manchmal, um sich wieder zu erden. Der Arzt macht es sich während der Aufnahme im Podcast-Studio bequem und lehnt sich entspannt im Stuhl zurück. Er trägt ein Sakko, das ihm Autorität verleiht und seine souveräne Ausstrahlung verstärkt.

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„Wenn ich Menschen über einen langen Zeitraum betreue, Anteil an deren schicksalhaften Weg nehme, sie bei der Kinderwunscherfüllung begleite, sehe, wie sie gefestigt wieder im Leben stehen und glückliche Eltern sind - das ist etwas, was mich demütig macht“, sagt Dr. Kai Fiebag. Ein Mediziner, der seinen Beruf als Berufung sieht. Und in der Natur finde er den Ausgleich zur Arbeit. Er wirkt beinahe erlöst, als die Abmoderation im Hamburger-Klinikhelden-Podcast erfolgt. Er greift lächelnd zum Fahrradhelm und freut sich auf den Rückweg. Er habe sich bei der Arbeit freigenommen, um die Radstrecke am Deich entlang Richtung Schleswig-Holstein zu genießen. Ziel: Wentorf. Sein Zuhause.