Themen: Prachtboulevard oder sozialer Brennpunkt? +++ Alkoholkonsum: ,Ab erstem Tropfen ungesund +++ Mathias Petersens Abschied +++

... wie in Stockholm

28./29. September: „Prachtboulevard oder sozialer Brennpunkt? Zwei Welten treffen aufeinander: Die Lage am Jungfernstieg wird von manchen schöngemalt und von anderen schlechtgeredet. Aber wie ist die Situation auf Hamburgs Flaniermeile wirklich?“

Bei dem letzten Satz Ihres Artikels im Hamburger Abendblatt vom 28. September fiel mir unwillkürlich der Spruch meines kleinen Enkels ein, der bei solchen Gelegenheiten damals immer fragte: „Woher willst du das wissen?“ Nun lebe ich den überwiegenden Teil des Jahres ca. 900 Kilometer nördlich von Stockholm und kann deshalb zu Warschau und Budapest wenig sagen, aber dass es in Stockholm und Kopenhagen auch reichlich Probleme mit Gangkriminalität gibt, bekomme ich per Fernsehen und Internet reichlich geliefert. Möglicherweise ist sie in Stockholm nicht mehr nur auf die „Platte“ vom Sergels Torg konzentriert, aber von entsprechenden Häufungen von Schusswaffengebrauch und Sprengungen mit Bomben oder Handgranaten hört man immer wieder. In Kopenhagen hat man sogenannte Visitationszonen eingeführt, wo Passanten ohne Weiteres durchsucht werden dürfen, um die Probleme in den Griff zu bekommen. Die Zeiten, wo man in Stockholm sein Reisegepäck auf dem Bahnsteig stehen lassen konnte und es Stunden später nach dem Besuch der Stadt wieder vorfand, sind leider auch im Norden seit Langem vorbei. Vielleicht erkundigen Sie sich mal bei Ihren Kollegen z. B. bei „Dagens Nyheter“ in Stockholm, wie es heutzutage dort aussieht!

Klaus W. Jessen, Hamburg

... nicht so in Paris

Die rhetorische Frage, warum andere Metropolen dieses Hamburger Problem nicht haben, lässt sich relativ einfach beantworten. Schauen Sie sich einmal den Pariser Bahnhof Gare du Nord an. Vor Jahrzehnten ein schmuddeliges Quartier, hat sich eine Wandlung fast zum Edlen vollzogen. Vom Fußboden kann man essen, Clochards Fehlanzeige. Dafür Reinigungskräfte rund um die Uhr und weithin sichtbar gut ausgerüstete Polizei, die bei kleinsten Anzeichen von Trunkenheit, Gegröle oder Anmache anrückt und nicht gerade zimperlich agiert. Das wäre doch in Hamburg undenkbar. Denn gleich käme das Totschlagargument „Polizeistaat“ aufs Tapet, dessen negative Bedeutung sich immer noch in Folge der Erfahrungen des Dritten Reichs in der Gesellschaft festgefressen hat. Es wäre schön, wenn die Stadt die Zahl ihrer Ordnungskräfte jeder Art aufstocken würde. Das Geld dafür? Mal in die Berichte des Rechnungshofs schauen; da erkennt auch der einfache Bürger sofort die gewaltigen Einspar- bzw. Umschichtungspotenziale.

Andreas Willscher 

Nur Angstmacherei?

30. September: „Alkoholkonsum: ,Ab erstem Tropfen ungesund‘. Deutsche Gesellschaft für Ernährung plädiert für Verzicht. Der Ernährungs-Doc Dr. Matthias Riedl stimmt der Empfehlung zu“

Kaum hat man ein schönes Wochenende beim Oktoberfest, in einem Restaurant oder bei einer Familienfeier verlebt, muss Herr Riedl einem so ein Erlebnis gleich am Montag wieder verderben, indem er auf bewährte Weise Angst verbreitet. Ich selbst trinke (fast) keinen Alkohol und bin selbstverständlich traurig über Menschen, die Kummer und Sorgen in Alkohol ertränken oder zur Aufmunterung brauchen. Aber ich kenne einige Menschen, die vergnügt jeden Abend ein Gläschen Wein getrunken haben und dann mit weit über 90 Jahren ziemlich gesund gestorben sind. Und übrigens wird seit Jahrtausenden Wein angebaut, Bier gebraut und Schnaps gebrannt, zur Freude unzähliger Menschen. Es ist für mich schwer erträglich, Herrn Riedls Angstmacherei vor Zucker, Salz, Alkohol, Fleisch, Fett, Weißmehl usw. zu lesen. Ich weiß, dass Essen bestimmte Krankheiten positiv oder negativ beeinflussen kann, aber ich finde, ein gesunder Mensch sollte sich nach dem Motto meiner Mutter mit „gesunder Mischkost“ ernähren und zur eigenen Freude auch mal ein Glas Alkohol genießen.

Bettina Schaper-Poser

Es verhielt sich anders

28./29. September: „Mathias Petersen Abschied eines unbequemen Sozialdemokraten. Nach 27 Jahren kandidiert er nicht mehr für die Bürgerschaft. Warum er nie im Senat saß, Opfer eines Skandals wurde und als Teenager für die CDU Plakate klebte. Ein Porträt über den Hausarzt und hanseatisch auftretenden Politiker“

Der Artikel bedarf einer Ergänzung bzw. Modifikation. Die Ausführung, es seien „die restlichen Stimmen noch in der Nacht auf Drängen von Petersen und Stapelfeldt dennoch ausgezählt“ worden, trifft nach mir zuteil gewordener Information in dieser Form nicht zu. Danach verhielt es sich vielmehr folgendermaßen: Von Mitarbeitern der verunsicherten Hamburger SPD-Parteizentrale wurde der seinerzeitige Vorsitzende der SPD-Schiedskommission Hans-Peter Strenge, allgemein anerkannt als renommierter Verfassungsrechtler und Hamburg-Historiker, wegen Abklärung des weiteren Vorgehens in dieser Sache eingeschaltet. Hans-Peter Strenge begab sich umgehend in die Parteizentrale im Kurt-Schumacher-Haus, wo er im Sinne demokratischer Verantwortung den Entschluss fasste, die Fortsetzung der Stimmenauszählung zu initiieren. Zu diesem seinem Vorhaben holte er die Zustimmung der Kontrahenten Petersen und Stapelfeldt ein. Nachdem diese beiden jeweils ihre Zustimmung erteilt hatten – was hätten sie auch anderes tun sollen –, wurde das Strenge‘sche Vorhaben in die Tat umgesetzt und die Auszählung fortgesetzt. Von einem „Drängen“ der beiden Kontrahenten kann danach also nicht die Rede sein. Hans-Peter Strenges Verhalten war für diesen im Übrigen nicht ohne parteiinternes Risiko. Wie ihr Artikel zutreffend ausführt, „rückte“ in dieser Sache eigens der damalige SPD-Generalsekretär aus Berlin an, nach meinen Informationen aber nicht nur, wie es im Artikel heißt, um „beide Kontrahenten zur Aufgabe zu bewegen“, sondern auch, um Hans-Peter Strenge den Unmut des SPD-Bundesvorstandes wegen der Veranlassung des Weiterzählens zu bekunden. Dem vorgeladenen Hans-Peter Strenge wurde durch den Generalsekretär sein Verhalten sehr ungnädig verwiesen; so viel Demokratie hatte man aus Sicht des Bundesvorstands offensichtlich nicht wagen wollen. Der in Rede stehende „Stimmenklau“ stellt meines Wissens etwas in der hamburgischen wie deutschen Demokratiegeschichte Einmaliges dar. Zumal angesichts der bis heute fehlenden vollständigen Aufklärung des Gesamtgeschehens sind sämtliche Details von Bedeutung. Das gilt auch für das Eingreifen des seinerzeitigen Vorsitzenden der SPD-Schiedskommission, ohne den mit Sicherheit noch sehr viel mehr im Dunkeln verblieben wäre.

Dr. Gerd Augner

Gepflegte Unterhaltung?

23. September: „Heitere ,Carmina Burana‘ an der Staatsoper“ und Leserbrief: 27. September: „Es war verstörend

Dem Leserbrief über die Trionfi-Aufführung möchte ich deutlich widersprechen. Verstörend? Schon möglich, zumindest für einige Zuschauer. Doch was ist das Gegenteil von verstörend? Gepflegte Unterhaltung? Das wäre vielen nicht genug, und so darf man der Oper gratulieren, das in dieser Form sehr selten zu erlebende Meisterwerk mit über 250 Mitwirkenden (!) auf die Bühne gebracht zu haben. Von einer Verschwendung von Steuergeldern kann angesichts der begeisterten Aufnahme des Publikums — voll im Einklang mit der Rezensentin des Abendblatts — kaum die Rede sein. Ob Orff die Inszenierung gefallen hätte, lässt sich nicht überprüfen; die derben Texte, wenn man denn Zeit hatte, sie zu lesen, legen ein Missfallen zumindest nicht nahe. Und was den Großvater mit der Enkelin betrifft — er hätte die Altersempfehlung der Staatsoper (ab 15) lesen können und sollen; natürlich ist diese Aufführung für eine Zehnjährige völlig ungeeignet — eben „verstörend“.

Jörg Trabert, Hamburg