Themen: Zu teuer, zu übertrieben: Schultüten-Verbot +++ Bürgerschaft erlaubt MSC-Einstieg +++ Hamburg fehlt Geld für Grünpflege

Schultüte ist Privatsache

5. September: „Schultüten-Verbot: Wo und warum sie unerwünscht sind. Zu teuer, total übertrieben: Bereits die Einschulung in die Vorschule ist zum Event geworden. Das sorgt für Kritik und Ablehnung“

Immer mehr Menschen fühlen sich berufen, andere Bürger zu bevormunden und zu erklären, was sie zu tun und zu lassen haben. Wenn die Eltern ihren Kindern zur Einschulung in die Vorschule eine Schultüte schenken wollen, so ist das ihre Privatsache. Wenn sie wirklich der Meinung sind, dass Kinder von ärmeren Eltern dadurch benachteiligt werden, dann sollten diese Menschen eine Spende an die Schule geben, damit auch diese Kinder eine Schultüte bekommen können: Das wäre ehrlich. Warum bevormunde ich? Weil ich ein Ego-Problem habe, weil ich mich damit über andere Menschen erheben möchte. Ich muss euch belehren, ich weiß etwas besser als ihr. Wenn wir eine Gleichbehandlung aller Schüler wollen, keinen Neid aufkommen lassen wollen, dann müssten wir noch viel mehr verbieten, z. B. dass Kinder in der Schule keine teure Markenkleidung tragen dürfen, denn das können ja nicht alle Eltern bezahlen. Auch teure iPhones dürften nicht erlaubt sein.

Hans Negle, Nahe

Buntstifte reichen auch

Mit Erstaunen habe ich die Schultüten-Diskussion gelesen. Es handelt sich um ein Problem, das meine Generation (Baujahr 1962) in Ermangelung von Vorschulen gar nicht kannte. Auch ich halte Schultüten zur Vorschuleinschulung für überflüssig. Und wenn Eltern sich beschweren, dass sie doch schon alles für die Schultüte besorgt hätten, kann ich nur sagen: Dann legt die Sachen doch beiseite und holt sie ein Jahr später zur richtigen Einschulung wieder heraus. Das eigentliche Problem liegt aber meines Erachtens nicht darin, ob es eine Schultüte gibt oder nicht, sondern was der Inhalt einer solchen ist. Ich habe schon im Bekanntenkreis gehört, dass die Abc-Schüler ein iPhone oder ähnliches vorfanden. Das kann sich auch nicht jeder leisten und sorgt bei sozial Schwächeren für Unmut. Zu unserer Zeit gab es ein paar Buntstifte oder einen Füller. Also Sachen, die man für die Schule benötigte. Das sollte auch heute noch reichen.

Malte Gumpricht

Schultüten gehören dazu

Es reicht! Nicht genug, dass das deutsche Sprachkulturgut verhunzt wird, nicht genug, dass uralte und lieb gewonnene Kinderbücher umgeschrieben werden müssen, da einige Worte nicht mehr dem auferlegten ideologischen „Zeitgeist“ in diesem Land entsprechen, nicht genug, dass bestimmte Kostüme in der Karnevalszeit nicht getragen werden dürfen, da diese sich diskriminierend auf Mitschüler anderer Kulturkreise auswirken könnten, nicht genug, dass in Kitas und Schulen gewisse Speisen nicht mehr auf den Tisch kommen dürfen, nun geht es auch den guten alten Schultüten an den Kragen! Die Einschulung ist für jedes neue Schulkind ein ganz besonderer Tag. Wochen vorher kann es nicht mehr ruhig schlafen, da dieses einschneidende Ereignis voller Aufregung erwartet wird. Mit einem Verbot werden Kinder um eine weitere (Vor-)Freude gebracht. Es muss ja keine Schultüte im SUV-Format sein, aber sie gehört hierzulande nun einmal zu diesem neuen Lebensabschnitt eines jeden Kindes dazu.

Silvia Böker

Föderal und kleinkariert

5. September: „Bürgerschaft erlaubt MSC-Einstieg beim Hafenkonzern HHLA“

Mit Tafelsilber dealt man nicht: Als Steuerzahler bin ich daran interessiert, dass zentrale Instrumente der Infrastruktur in öffentlicher Hand und Verantwortung liegen. Es bedurfte eines Volksentscheids, um den Verkauf der Stromnetze rückgängig zu machen. Doch jetzt liefert sich der rot-grüne Senat einem intransparenten Investor aus. Das mag zur Hansestadt passen, nicht aber zu unserer Verfassung. Hamburgs Bezugspunkt darin ist nicht „Gott“, wie bei Bund und den meisten Länderverfassungen, sondern der Hafen. Stolz heißt es im ersten Satz der Präambel: „Die Freie und Hansestadt Hamburg hat als Welthafenstadt eine ihr durch Geschichte und Lage zugewiesene, besondere Aufgabe gegenüber dem deutschen Volke zu erfüllen. Sie will im Geiste des Friedens eine Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern der Welt sein.“ Hamburg verletzt mit dem Verkauf an MSC seine Verantwortung gegenüber dem deutschen Volke. Die zitierte Präambel denkt republikanisch, Hamburg aber handelt föderal und kleinkariert und hat eine Kooperation mit Bremen und Niedersachsen, also den Tiefseehäfen in Cuxhaven und dem JadeWeserPort, stolz abgelehnt und in den Sand gesetzt, stattdessen eine Milliarde in die Elbvertiefung versenkt, mit Folgeschäden für die Ökologie und jährlichen Folge-Baggerkosten von 100 Millionen. Ganz zu schweigen von der neuen Köhlbrandbrücke, die noch höher werden soll als die alte, für noch größere Containerschiffe. Hochmut kommt vor dem Fall – eigentlich wollte ich die Bibel nicht zitieren.

Christoph Störmer, 20022015 Hauptpastor an der Petrikirche

Nur ein Denkzettel?

5. September: Leserbriefe und 4. September: „Ole von Beust im Abendblatt: Warum so viele AfD wählen“

Ich bin einigermaßen erschrocken, welches Meinungsbild in den Leserbriefen deutlich wird. Die Wahlergebnisse aus Thüringen und Sachsen werden pauschal als Abklatsche für die derzeitige Regierung gewertet. Das kann man als Wähler machen. Aber bitte im demokratischen Spektrum. Viel öfter ist aber der Tenor: Nicht jeder, der die AfD wählt, ist rechts. Eigentlich ist völlig irrelevant, wer was „ist“. Fakt ist nur, dass Menschen ihre Stimme dazu benutzen, Rechte/Faschisten in die Parlamente zu bringen. Und das scheint sowohl den Wählern als auch den Relativierern gar nicht klar zu sein. Durchweg werden die besonnenen Worte von Ole von Beust gelobt – gleichzeitig stören sich offensichtlich wenige daran, dass krakelige Populisten und Menschenverächter gewählt werden, wenn es doch nur ein Denkzettel für die unbeliebte Regierung ist. Bringen jetzt die neuen Stars von AfD Ruhe in die politische Landschaft? Mit dem, was jetzt in den Parlamenten in Thüringen und Sachsen los sein wird, werden uns die Ampelstreitigkeiten noch wie Kindergartengetümmel vorkommen. Ich kann nur noch den Kopf schütteln.

Christiane Ganz

Falsche Aussage

4. September: „Entscheider treffen Haider - der Interview-Podcast. Karl Lauterbach: ,Ich kann sehr ungehalten sein‘“

Die Behauptung von Minister Lauterbach, Privatversicherte hätten im Alter oft Beiträge von 1000 Euro oder mehr im Monat, entspricht nicht den Tatsachen. Derart hohe Beiträge von 1.000 Euro oder mehr betreffen lediglich 0,09 Prozent der Privatversicherten – und dabei handelt es sich meist um Tarife mit besonders hohen Leistungsansprüchen. Der Durchschnittsbeitrag der über 60-jährigen Privatversicherten liegt bei 551 Euro. Die Beamtentarife mit Durchschnittsbeiträgen der über 60-Jährigen von 228 Euro sind dabei nicht eingerechnet, sie würden den allgemeinen Schnitt nochmals senken. Die Äußerung des Ministers hält also einem Faktencheck nicht stand.

Stefan Reker, Leiter des Bereiches Kommunikation, Verband der Privaten Krankenversicherung e.V.

Ökologisch mehr möglich

3. September: „Hamburg fehlt Geld für die Grünpflege. Die Stadt wird grüner, Nebenflächen werden entsiegelt – doch die finanziellen Mittel für die Pflege werden knapp“

Vielen Dank, dass Sie mit Ihrem Artikel „Hamburg fehlt Geld für die Grünpflege“ den Fokus auf ein Thema gerichtet haben, dass im Stadtbild immer augenfälliger wird. Frisch gepflanzte Bäume vertrocknen, Rabatten verbuschen und ehemals abwechslungsreiche Parkanlagen verarmen zu Rasenflächen mit Bäumen: Klar, die lassen sich maschinell mit Großflächenmähern, Laubpüstern und dem gelegentlichen Einsatz von Motorsägen relativ preisgünstig pflegen. Für gepflegte Wiesen oder gar Staudenrabatten fehlt offensichtlich schon lange das Geld. Diese struktur- und detailarmen Allerweltsgrünflächen bleiben aber nicht nur ökologisch unter ihren Möglichkeiten, artgerechte Lebensräume für zum Beispiel Vögel und Insekten zu sein, sie werden auch wichtigen sozialen Funktionen als Freizeit- und Treffpunktsort für alle Bürgerinnen und Bürgern und ihren Gästen nicht mehr in dem Umfang gerecht, wie es möglich wäre, wenn sie vielgestaltiger, kleinräumiger und vor allem gepflegter wären. Eigentlich sollte man doch meinen, wenn eine Partei, die sich „Grün“ nennt, im Senat mitwirkt, die Pflege und der Erhalt der Hamburger Grünflächen gesichert wäre oder sogar einen Aufschwung erfahren würde, aber das Gegenteil ist der Fall. Klar, Neuanlagen, Parkerweiterungen und neue Bäume pflanzen geht immer, aber die Mittel für den Erhalt und die Pflege des Grüns, das doch für Hamburg imageprägend ist, an die allgemeinen Kostensteigerungen anzupassen, gelingt nicht, stattdessen muss zum x-ten Mal und mit mutmaßlich großem Kostenaufwand und CO₂-Fußabdruck der Jungfernstieg neu gepflastert werden.

Henning Harder

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