Hamburg. Zu teuer, total übertrieben: Bereits die Einschulung in die Vorschule ist zum Event geworden. Das sorgt für Kritik und Verbote.

  • Aufregung um Vorschul-Einschulung: Hamburger Einrichtungen sprechen Verbot aus
  • Schultüten sollen zu Hause bleiben
  • Was hinter dem Appell an die Eltern steckt

Bei Copperfox, dem Label aus Hamburg für selbst genähte, bedruckte und designte Schultüten, die später zum Kuschelkissen werden können, erhält Alexa Hettlage schon seit Monaten auch Bestellungen für die kleineren Modelle: Schultüten für Vorschüler. Einst als Geschwister-Tüten gedacht, kommen die weniger großen Modelle auch sehr gut bei Eltern an, die für die „Mini“-Einschulung eine Aufmerksamkeit suchen und weiterhin auch bereit sind, Geld für die wirkliche Einschulung in die erste Klasse auszugeben.

Denn ob und wenn ja, welche Schultüte sich denn für die Vorschul-Einschulung, den großen Tag also nach dem Verlassen der Kita, eigne, diskutieren viele Eltern in Onlineforen sowie auf den Spielplätzen der Stadt. Es gibt Gründe, die dafür sprechen, aber auch Nachteile.

Schule Hamburg: Warum an diesen Vorschulen Schultüten verboten sind

Auch Isabel Lotz, Familien-Bloggerin aus Hamburg mit dem Blog Lari Lara und Mutter zweier Mädchen, hat sich eingehend mit der Frage beschäftigt, ob Vorschulkinder eigentlich eine Schultüte brauchen. Oder greift man nicht vor und verwässert den wahren Einschulungstag in Klasse 1?

„Die Frage haben wir uns tatsächlich schon gestellt und sind zu dem Ergebnis gekommen: Jein! Der Abschied in der Kita bedeutet für die Vorschulkinder einen Neuanfang in der Schule. Und dieser Tag ist ein besonderer Tag, der auch besonders gestaltet werden sollte. Es gibt einen Einschulungstag, und zur Einschulung gehört auch eine Schultüte. Wir entschieden uns für eine kleine Schultüte, die unsere jüngere Tochter schon zur Einschulung ihrer älteren Schwester mitnehmen durfte.“

Bloggerin aus Hamburg plädiert für einen Kompromiss

Doch wenn man als Familie nun die Entscheidung getroffen hat, ob man sein Vorschul- oder Brückenjahrkind mit einer Schultüte überraschen möchte, muss man abwarten, wie sich die Grundschulen positionieren: Einige Hamburger Grundschulen lehnen Schultüten bei der offiziellen Einschulungsfeier der Vorschüler komplett ab und bitten die Eltern eingehend darum, die Tüten zu Hause zu lassen.

Als Begründung wurde aufgeführt, dass nicht alle Eltern finanziell in der Lage seien, bereits zur Vorschul-Einschulung Schultüten mit Geschenken aufzubringen. Nicht dieser Grund, jedoch die Art und Weise der Kommunikation stieß bei einigen Betroffenen auf Verdruss, da dies teilweise erst vor wenigen Tagen kommuniziert wurde. Da hatten die Eltern schon alles besorgt.

Vorschule Hamburg: Warum Eltern auf eine Schultüte verzichten sollten

Grund dafür ist auch, dass die Einschulung in Klasse 1 das besondere Event, der emotionale Moment sein soll. Auch Stephan Pauli, Schulleiter der Elbkinder-Grundschule mit Vorschule in Blankenese, hält es für wichtig, die Vorschul-Einschulung nicht zu überhöhen. „Wir empfehlen den Eltern und raten ihnen schon bei einem Elternabend vor den Sommerferien, auf eine Schultüte zu verzichten bei der Feier. Wir trennen die beiden Einschulungen schon seit 15 Jahren strikt.“

Etwa 40 Prozent der Eltern besorge erfahrungsgemäß dennoch eine „sehr, sehr kleine Tüte“, die aber dann von den Eltern selbst gehalten werden muss während der Feier. Die wird hier übrigens Vorschulung genannt und soll so deutlich machen, dass der Fokus auf der „sehr großen, feierlichen, emotionalen Einschulung für die Erstklässler liegt“, erklärt Pauli.

Entwicklung bereitet Sorge: Schulische Ereignisse werden zu sehr überhöht und als Event inszeniert

Eine zentrale Regelung seitens der Schulbehörde gibt es dazu nicht, doch auch dort beobachtet man die aktuelle Entwicklung zu einer übertriebenen Eventisierung von schulischen Ereignissen wie Abiturfeiern oder Einschulungen mit Sorge. „Schulische Ereignisse wir Abiturfeiern oder eben Einschulungen werden gesellschaftlich überhöht und als Events inszeniert, oft verbunden mit exorbitanten Kosten. Das betrachten wir mit Sorge und steuern entgegen, soweit uns möglich“, sagt Sprecher Peter Albrecht.

Aus diesem Grund dürften beispielsweise Abiturzeugnisse nicht auf privaten Abiturfeiern übergeben werden, sondern nur im Rahmen einer feierlichen (und kostenfreien) Veranstaltung in der Schule.

Schule Hamburg: Eltern sollen sich auf die „echte“ Einschulung in Klasse 1 konzentrieren

„Leider überträgt sich der gesellschaftliche Trend zur Überhöhung von Ereignissen mitunter auch auf die Vorschulklassen, insofern können wir nachvollziehen, wenn die Schulen das einschränken wollen und sich die Eltern auf die „echte“ Einschulung in Klasse 1 fokussieren sollen“, so Albrecht.

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Denn: Die Teilnahme an einer Vorschulklasse bedeute laut Albrecht nicht automatisch, dass ein Kind auch einen Platz in der ersten Klasse an dieser Grundschule bekommen wird. „Für die Aufnahme in Klasse 1 werden die Karten noch mal neu gemischt. Hier besteht bei Eltern oft ein Missverständnis.“