Hamburg. Hamburg will auch an Straßen mehr Grün schaffen. Trotzdem gibt‘s auf die Mütze: „Der Senat lässt Hamburgs Parks und Grünflächen verkommen“.
Die gute Nachricht zuerst: In Hamburg sind in den vergangenen Jahren mehr Grünflächen entstanden. Zum einen hat die Stadt bestehende Naturflächen erweitert oder neue angelegt, wie aus der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage des CDU-Umweltpolitikers Sandro Kappe hervorgeht. Zum anderen wurden etwa bei Straßenumbauten Nebenflächen entsiegelt und neu begrünt, wie etwa zuletzt in der Louise-Schroeder-Straße in Altona (siehe Foto).
Die schlechte Nachricht dazu: Die finanziellen Mittel für die Pflege des Hamburger Grüns sind im Zuge der Ausweitung der begrünten Flächen nicht erhöht worden. Mithin: Es steht jetzt bei der Bestandspflege weniger Geld pro Quadratmeter Grün zur Verfügung, die Qualität der Hamburger Grünanlagen könnte also leiden.
Natur: Hamburg gibt deutlich weniger Geld für Grünpflege aus als empfohlen
„Laut den aktuellen Haushaltsplanungen weist der Bereich Grünerhalt für die Jahre 2023 und 2024 ein Defizit von 8,51 Prozent auf“, sagt CDU-Umweltpolitiker Kappe. „Für das Jahr 2025 wird sogar ein Defizit von 35 Prozent prognostiziert. Und in den Folgejahren verschärft sich die Lage weiter.“ Langfristig bedeute das in der Praxis: „Der rot-grüne Senat lässt Hamburgs Parks und Grünflächen verkommen.“
Die bei diesem Thema maßgebliche „Gartenamtsleiterkonferenz“ empfehle, zwischen 1,20 und 4,50 Euro pro Quadratmeter für die Pflege von Grünflächen einzuplanen, so Kappe. „Hamburg liegt jedoch weit darunter. Mit jeder weiteren entsiegelten Fläche wächst der Bedarf an finanziellen Mitteln für die Pflege, ohne dass der Senat entsprechende Ressourcen zur Verfügung stellt.“
Verkehr Hamburg: Auch neben Straßen wird nun häufiger entsiegelt, und es entsteht neues Grün
Zudem zeige sich ein großes Ungleichgewicht bei der Verteilung der zu geringen Mittel. So gebe die Stadt für die Pflege der Grünflächen in der HafenCity pro Quadratmeter etwa 7,51 Euro netto sowie zusätzlich 0,82 Euro für Wasser und Strom aus – das sei „fast doppelt so viel wie die Vorgaben der Gartenamtsleiterkonferenz“. In anderen Bereichen der Stadt werde die Grünpflege dafür vernachlässigt.
Hinzu kommt, dass die Stadt bei Straßenumbauten nun häufiger Flächen entsiegelt. Das neu entstehende Straßenbegleitgrün, für das anders als bei den Grünflächen die Verkehrsbehörde und nicht die Umweltbehörde zuständig ist, will natürlich auch gepflegt werden. Auch hier sorgt sich CDU-Mann Kappe, ob die entsprechenden Mittel dafür entsprechend angehoben werden. Das ist aus seiner Sicht bisher nicht ausreichend der Fall.
CDU Hamburg: „Bezirke bekommen nicht ausreichend Geld für die Grünpflege“
„Ein aktuelles Beispiel hierfür ist die Louise-Schroeder-Straße, die durch die Schaffung von 3700 Quadratmetern Grünfläche sowie breiten Geh- und Radwegen umgestaltet wurde. Auf den ersten Blick wirkt dies wie eine positive Entwicklung, doch bei genauerem Hinsehen offenbaren sich die finanziellen Herausforderungen. Bereits bestehende Grünflächen in Hamburg sind deutlich unterfinanziert.
„Tatsächlich müssen die Bezirke nach der Entsiegelung mit den bestehenden, bereits unzureichenden Mitteln auskommen, wie der Senat auf eine CDU-Anfrage bestätigte“, so Kappe. „Ein Beispiel aus Bramfeld verdeutlicht die Problematik: Bei der Umgestaltung der Fabriciusstraße wurde der Radweg auf die Straße verlegt. Die ursprüngliche Radwegfläche wurde jedoch nicht entsiegelt, sondern dem Fußweg zugeschlagen. Auf meine Frage, warum diese Fläche nicht in eine Grünfläche umgewandelt wurde, erklärten Vertreter des Bezirksamts, dass dafür keine zusätzlichen Mittel zur Verfügung stünden. Eine Versiegelung verursacht keine Folgekosten, was das Bezirksamt dazu veranlasste, weiter zu versiegeln.“
Umweltsenator Jens Kerstan: Seine Behörde räumt ein, dass es an Geld fehlt
Der Senat müsse „endlich die auskömmliche Finanzierung der Grünflächen sicherstellen“, fordert der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete. „Die Rückmeldungen der Bezirke sind eindeutig: Wenn der Senat die Grünanlagen nicht ausreichend finanziert, droht deren Verwahrlosung, was zu einer Verschlechterung der Lebensqualität, dem Verlust ökologischer Funktionen und höheren langfristigen Sanierungskosten führt.“
Die vom grünen Senator Jens Kerstan geführte Umweltbehörde räumte auf Abendblatt-Anfrage ein Finanzierungsproblem grundsätzlich ein. Die Behörde sehe „in der Entsiegelung von Flächen einen wichtigen Beitrag für die Lebensqualität in der Stadt“, so Kerstan-Sprecherin Franziska Fleischhauer. „Auch die Herausforderungen des Klimawandels machen es notwendig, jede Chance auf Entsiegelung zu nutzen. Dies ist unstrittig für den Haushalt der Stadt eine wachsende Herausforderung – insbesondere in Zeiten knapper Kassen.“
„Wichtige Aufgabe, ausreichend Mittel für die Pflege zu bekommen“
In Zusammenarbeit mit den Bezirken „bleibt es das Ziel des Senats, Hamburgs Grünanlagen angemessen zu unterhalten“, so die Kerstan-Sprecherin. „Leider ist es nicht gelungen, im kommenden Doppelhaushalt eine Erhöhung der Mittel durchzusetzen. Die Umweltbehörde wird aber, wie in den Jahren zuvor, weiter im engen Austausch mit den Bezirken unterjährig auftretende Unterfinanzierungen weitestgehend auffangen.“ Aber, so betont Fleischhauer: „Es wird eine wichtige Aufgabe für die nächste Legislaturperiode sein, für die Pflege der Grünanlagen ausreichend Mittel zur Verfügung zu stellen.“
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Die für das Straßenbegleitgrün zuständige Verkehrsbehörde von Senator Anjes Tjarks (Grüne) betonte auf Abendblatt-Anfrage, dass die „Entwicklung von Straßenbegleitgrün durch Entsiegelung im Straßenraum“ im Rahmen der jeweiligen Projekte „über die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende finanziert“ werde. Das sei auch bei der Louise-Schröder-Straße der Fall. CDU-Mann Kappe ist skeptisch und will nun in diesem Punkt mit einer weiteren Anfrage an den Senat nachhaken.