Hamburg. Hamburg löst bisherige mobile Teams auf – Verträge von 400 Mitarbeitern laufen aus. Warum und wo jetzt zwei Impfzentren entstehen.
Nach zwei Jahren Corona-Pandemie und 14 Monate nach der ersten Immunisierungsspritze in einem Altenheim ändert Hamburg erneut seine Impfstrategie. Die bisherigen mobilen Impfteams in städtischer Verantwortung werden nach Abendblatt-Informationen zum 30. April aufgelöst. Die Verträge von rund 400 Mitarbeitern laufen aus. Gleichzeitig sollen Anfang Mai zwei neue Impfzentren in Betrieb gehen: eines am Flughafen im sogenannten Terminal Tango, einer alten Abflughalle, das zweite in den Harburg Arcaden. Hierfür sowie für die Impfstoff-Logistik und die Möglichkeit, aus den Impfzentren auch mobile Teams loszuschicken, wird ein Betreiber gesucht.
Eine Sprecherin der Sozialbehörde bestätigte das im Kern, wollte die geplanten Orte für die beiden neuen Einrichtungen aber noch nicht preisgeben. Das ursprünglich in den Messehallen eingerichtete zentrale Impfzentrum war Ende August 2021 geschlossen worden. Es wurde im Auftrag des Senates von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) in Zusammenarbeit mit den Online Marketing Rockstars von Philipp Westermeyer (Ramp 106) und der Alanta Health Group betrieben. Nach Abendblatt-Informationen plant die KV derzeit nicht, sich um den Betrieb der beiden neuen Impfzentren zu bewerben.
Corona Hamburg: Impfzentrum am Flughafen
Die Ausschreibungen der Finanzbehörde dafür laufen. Der Betrieb soll am 2. Mai losgehen, die Verträge werden zunächst bis zum 31. Dezember 2022 befristet. In den Unterlagen ist von „besonderer Dringlichkeit“ die Rede.
12.500 Impfungen pro Woche sollen in jedem der neuen Impfzentren möglich sein. Beide Einrichtungen sollen die Arztpraxen, die Betriebsärzte und die bestehenden Krankenhausangebote sowie die privaten Impfstellen ergänzen. Der Senat verlangt von den künftigen Betreibern neben der Erfahrung im Impfen und den logistischen und Hygiene-Standards außerdem eine Internet- und Telefonbuchung für Termine sowie eine digitale Verwaltung. Bei einem Verdacht auf Impfpassfälschungen muss der Betreiber der Polizei die Daten schnell zur Verfügung stellen.
Corona Hamburg: Impfen im Elbe Einkaufszentrum und Europa Passage
Die Sozialbehörde bestätigte, dass die aktuellen mobilen Impfteams wegen der sinkenden Nachfrage nicht mehr so viel zu tun hätten. Auch in den inzwischen deutlich bekannter gewordenen permanenten, privat betriebenen Impfstellen in der Europa-Passage und im Elbe Einkaufszentrum gibt es noch Kapazitäten. Dort impfen zumeist niedergelassene Ärzte in Zusammenarbeit mit dem Center-Betreiber ECE.
Dem Abendblatt liegt ein internes Schreiben der Staatsrätin Melanie Schlotzhauer an die mobilen Teams vor. Darin heißt es: „Im Rahmen Ihrer Tätigkeit erleben Sie, dass die Schlangen vor den Impfstellen derzeit kürzer werden und die Nachfrage an Corona-Schutzimpfungen insgesamt rückläufig ist.“ Schlotzhauer bedankte sich für den Einsatz und bot denen, die ihren Job jetzt verlieren, entweder eine Ausbildung bei der Stadt an, wies auf den internen Stellenmarkt der Behörden hin und eine mögliche Tätigkeit im Hamburg Welcome Center.
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Womit die mobilen Impfteams zu kämpfen hatten
Unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Teams hatte das zunächst Verärgerung ausgelöst. Viele fürchteten, nach dem Auslaufen der Zeitverträge in Hartz IV zu fallen. Die bürokratischen Hürden für eine Beschäftigung bei der Stadt sehen viele als zu hoch an. Unter ihnen sind zahlreiche frühere Impfzentrumshelfer, die zuvor in der Gastronomie, in der Eventbranche oder als Schauspieler und Musiker gearbeitet haben.
Unterschiedliche Stimmen aus den Impfteams erreichten das Abendblatt, niemand wollte mit Namen genannt werden. Die, die weiterimpfen wollen, setzen auf einen neuen Betreiber für die geplanten Einrichtungen und verweisen auf ihre – gemischten – Erfahrungen der vergangenen Wochen. Man habe nicht nur in „cleaner“ Atmosphäre wie der Elbphilharmonie und dem Volksparkstadion geimpft, sondern eben auch in Moscheen, Stadtteilzentren und Vereinsheimen. Auch wenn die hygienischen Voraussetzungen angesichts von Dreck, Ungeziefer und fehlender Einrichtung bisweilen katastrophal gewesen seien, habe man doch Menschen erreicht, die sich sonst vermutlich nicht hätten impfen lassen. Das belegten die Zahlen der Erstimpfungen, die die mobilen Teams noch in den vergangenen Wochen verabreicht hätten.
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Wie Hamburg beim Boostern aufgeholt hat
Tatsächlich hat Hamburg nach Daten des Robert-Koch-Institutes (RKI) am Mittwoch 1946 Erstimpfungen verabreicht – mehr als ganz Nordrhein-Westfalen oder Bayern. Dass es auch hier Verzögerungen bei der Meldung gibt, ist möglich.
Zum ersten Mal seit Beginn der Auffrischungsimpfungen hat Hamburg den Bundesdurchschnitt beim Boostern überholt. Am Donnerstag meldete das RKI für Hamburg eine Booster-Quote von 56,9 Prozent. Im bundesweiten Mittel waren es 56,6 Prozent. Wochenlang hatte Hamburg bei den dritten Spritzen hinterhergehinkt, weil der Senat erst die offizielle Empfehlung der Ständigen Impfkommission für das schon in Aussicht gestellte Auffrischen abgewartet hatte. Andere Bundesländer hatten den Stiko-Rat nicht abgewartet.
Bei den doppelt Geimpften liegt Hamburg mit einer Quote von 81,7 Prozent auf Platz zwei aller Bundesländer hinter Bremen (88,3). Die tatsächliche Quote kann aufgrund von bislang versäumten Meldungen an das RKI noch höher sein.