Hamburg. Der frühere Senator Wolfgang Peiner (CDU) fädelte die Rettung von Hapag-Lloyd ein. Den jüngsten Deal des Senats lehnt er ab.

Der Hamburger Hafen befindet sich in einer strukturellen Krise. In dieser Situation sollte der Senat eine umfassende Strategie für die Zukunft entwickeln, die sich mit langfristigen Zielen für die Stadt insgesamt verbindet: alle Partner im Hafen einbezieht, Infrastruktur und Umschlagbetriebe voneinander sauber abgrenzt, sich einpasst in ein zu entwickelndes deutsches Seehafenkonzept insgesamt und die Interessen der Reederei Hapag-Lloyd (an der die Stadt Hamburg beteiligt ist) als mit Abstand größtem Kunden des Hafens angemessen berücksichtigt. Und ganz am Ende wäre über die Zukunft der HHLA zu entscheiden.

Das erfordert allerdings einen Strategieprozess, der nicht zu erkennen ist. Der Senat geht den umgekehrten Weg. Er zäumt das Pferd vom Schwanz her auf und trifft lediglich eine Entscheidung zu einem Teilproblem des Hafens, dem Containergeschäft der HHLA, ohne eine Perspektive für die Zukunft des Hafens insgesamt. Er verkauft nun Anteile der HHLA an die Reederei MSC. Alternativen hätte es gegeben, zum Beispiel Terminalbeteiligungen von Großkunden, aber allen voran das Angebot von Hapag-Lloyd, gemeinsam mit der HHLA eine international tätige „Hamburg Port“-Gruppe zu schaffen, die die heutigen Terminalaktivitäten von Hapag-Lloyd und HHLA bündelt und ausbaut.

HHLA: Das Beharren auf einer Mehrheit darf kein Selbstzweck sein

Dies hätte jedoch zu einer unternehmerischen Mehrheit an der HHLA geführt, was der Senat offenkundig um jeden Preis verhindern wollte. Dabei stellt sich die Frage, ob es nicht auch für Gewerkschaften und Arbeitnehmer einsichtig gewesen wäre zu erkennen, dass gerade dies im langfristigen Interesse der Arbeitnehmerschaft läge. Sie sind jedoch in die Diskussion nicht einbezogen worden. Das Beharren auf einer Mehrheit der HHLA in staatlicher Hand, wie jetzt verhandelt (50,1 Prozent), darf kein Selbstzweck sein, eine Mehrheit muss den Interessen der Menschen in der Stadt dienen, sonst ist es reine Ideologie.

Mit der völlig überraschenden und einsam gefällten Entscheidung des Senats für eine Minderheitsbeteiligung von MSC an der HHLA wurde viel Porzellan zerschlagen. Hapag-Lloyd als größter Kunde des Hafens wurde verprellt, die Vorschläge für den Aufbau einer international tätigen Gesellschaft „Hamburg Port“ unter Einschluss der HHLA spielen keine Rolle.

Der Deal hat gleich mehrere Nachteile

Bremen wird verärgert, weil MSC Ladung und Mitarbeiter von dort abziehen will. Der Gedanke, einen Plan für ein deutsches Seehafenkonzept zu entwickeln, ist damit offenkundig beerdigt worden.

Auch die beiden wichtigsten Aktionäre von Hapag-Lloyd (der Logistik-Unternehmer Kühne und der chilenische Unternehmer Luksic) wurden vor den Kopf gestoßen, ihr Interesse an Hamburg hat bisher den Erhalt der Reederei am Standort Hamburg gesichert. Das darf nicht gefährdet werden.

Große Kunden des Hafens wie CMA werden ausgegrenzt und erhalten keine Möglichkeit mehr für Terminalbeteiligungen.

Private Terminalbetreiber wie Eurokai als Teil des Hafens wurden weder einbezogen noch berücksichtigt. Das ist eine Verzerrung des Wettbewerbs durch den Staat, die Arbeitsplätze gefährden kann.

Hamburg wird für MSC nur ein Stadtort unter vielen

Die große Frage ist jetzt: Was verspricht sich der Senat von diesem Deal? Er will den Niedergang des Hafens und die Entwicklung zum Regionalhafen stoppen. Dabei lässt er sich davon blenden, dass MSC zurzeit die größte Reederei der Welt ist. „Die größte Reederei der Welt auf Augenhöhe mit dem Hafen Hamburg“, das ist die Vision. Dabei verkennt der Senat, dass Hamburg für MSC nur einer von (sehr) vielen Standorten in der ganzen Welt ist und Hamburg für MSC keine Sonderrolle spielen wird. Eine Illusion also, aber keine Vision für Hamburg.

MSC soll zugesagt haben, in den kommenden zehn Jahren zusätzlich eine Mio. Container zur HHLA zu verlagern. Marktkenner sagen, dass dies nur erreichbar ist, wenn MSC Ladung aus Bremerhaven, aber vor allem vom Hamburger Terminal Eurogate abzieht. Das Risiko: Dass Hapag-Lloyd und auch CMA Verkehre von Hamburg verlagern. Dies könnte per Saldo insgesamt sogar zu einem Rückgang des Umschlags in Hamburg führen.

Hamburg soll Sitz der Deutschlandzentrale von MSC werden. Das bedeutet, dass 300 Mitarbeiter in Bremen abgezogen werden und nach Hamburg kommen. Das Versprechen, in Hamburg eine „Deutschlandzentrale“ einzurichten, ist bedeutungslos. Reedereien zahlen keine Steuern. Die eigentlichen Entscheidungen werden weiterhin in Genf und Neapel getroffen. Zudem besteht die Gefahr, dass Hapag-Lloyd zum Aufbau des von ihr favorisierten „Hamburg Port“-Konzeptes künftig Beschäftigung in Rotterdam aufbaut, die dann in Hamburg fehlen werde.

HHLA: Der Zeitpunkt für den Deal ist extrem ungünstig

Die HHLA soll Zugang zu dem Know-how von MSC als Betreiber von Terminals weltweit erhalten. Das nützt aber nur, wenn MSC das auch bei ihr umsetzen darf. Dafür muss sie das Sagen haben. Genau das will aber der Senat nicht. Festzuhalten gilt: Die Stadt hat die heutigen Probleme der HHLA verursacht und hat bisher nicht die Kompetenz gehabt, sie zu lösen. Warum dann das Bestehen auf einer Mehrheit?

Hinzu kommt: Das Know-how für Terminals ist in Hamburg bereits vorhanden, nämlich bei Hapag-Lloyd und Eurokai.

Die Stadt erhält einen Kaufpreis für 19 Prozent ihrer Anteile. Der Zeitpunkt für diesen Deal ist extrem ungünstig. Er realisiert nämlich einen Wertrückgang bei der HHLA, der in den vergangenen zwölf Jahren als Folge des Missmanagements eingetreten ist. Diese „Verscherbelung“ führt zu einer Vernichtung von Staatsvermögen.

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Das Fazit erschließt sich von selbst: Der Verkauf der Anteile an MSC ist in keine Strategie der Stadt eingebettet, die Chance für eine Strategie unter Einschluss von Hapag-Lloyd und HHLA wurde verpasst; der Nutzen des MSC „Deals“ für Hamburg ist zweifelhaft.