Hamburg. Den CO2-Ausstoß bis 2030 um 70 Prozent zu reduzieren – das werde immer schwieriger. Beirat nennt prominente Beispiele, wo es hakt.
Der Klimabeirat des Hamburger Senats hat die Politik zu erheblich größeren Anstrengungen aufgefordert, um die Klimaziele für das Jahr 2030 zu erreichen. Diese Ziele hat sich der Senat zum Teil nicht nur selbst gesetzt, sondern zuletzt sogar noch rigoroser formuliert. Waren es im Jahr 2019 noch 55 Prozent der CO2-Verminderung, die der Senat im Vergleich zu 1990 im Jahr 2030 erreichen wollte, sind es jetzt 70 Prozent weniger an Kohlenstoffdioxid. Das bringt Hamburgs Stadtregierung unter Druck.
Und so kann der Klimabeirat in seinem Klimamonitor Hamburg 2023 Punkt für Punkt auflisten, wo es – noch immer – hakt. Wie der stellvertretende Vorsitzende, Prof. Jörg Knieling (HafenCity Universität), am Freitag sagte, gebe es vor allem beim Verkehr noch eine deutliche Lücke. „Es stellt sich die Frage, wie Hamburg das bis 2030 erreichen will.“ Knieling bemängelte, dass die Potenziale der Photovoltaik „bislang kaum gehoben wurden“.
Der mehrfach angekündigte Ausbau auf öffentlichen Gebäuden komme überhaupt nicht voran. „Der Finanzsenator (Andreas Dressel, die Red.) lässt Engagement erkennen, aber das ist ein zäher Prozess. Da hat sich über die Jahre nicht viel verändert.“
Klimabeirat: Hamburg muss erheblich mehr bei Solarenergie tun
Der Klimabeirat sieht in der gesamten Solarenergie Handlungsbedarf. „Bremen und Berlin sind auch keine südlichen Länder“, so Knieling. Heißt: Dort seien die Anstrengungen größer. Dort werde die deutlich gesteigerte Effizienz der Solarmodule auf den Dächern besser genutzt. Sie helfe auch in potenziell weniger sonnenbeschienenen Gefilden der Welt, von fossiler Stromerzeugung wegzukommen. Lakonisch sagte Knieling: „Offensichtlich ist das keine politische Priorität gewesen.“ Und seine rhetorische Frage lautet: „Werden in den Klimaschutz genügend Finanzmittel gegeben?“
Er deklinierte eine prominente Senatoren-Riege durch, um an jedem Posten deutlich zu machen: In diesem Sektor muss zur Bewältigung der Klimakrise mehr passieren. Im Verkehr hinterfragte er den Bau der U5, des geplanten Verbindungsbahnentlastungstunnels, der anderen Mega-Bauprojekte, die alle gut für den öffentlichen Nahverkehr und das Klima seien – aber eben überhaupt nicht zu den Zielen 2030 passten. Sie kämen einfach zu spät. Immerhin: Wenn beim Bau der U5 grüner Stahl und Beton nachgefragt werde und die Baufirmen dazu verpflichtet würden, könne das insgesamt eine Trendwende zu grünerem Bauen führen.
Wohnungsbau in Hamburg: Klimabeirat rügt Versiegelung
Das beträfe dann auch den Wohnungsbau und die Stadtentwicklung insgesamt – wenn man dort ebenfalls neu dächte. Sowohl in öffentlichen Gebäuden wie in privaten ist nach Auffassung des Klimabeirates die Wärmewende noch nicht angekommen – Stichwort: klimaschonende Heizungen.
Der Klimabeirat schreibt zudem allen Verantwortlichen ins Stammbuch, dass die Bodenversiegelung ein „maßgebliches Handlungsfeld“ sei. „Der Trend zur weiteren Bodenversiegelung hält ungebrochen an und widerspricht damit den Zielen einer klimaresilienten Stadtentwicklung. Zudem erschwert die hohe und weiterwachsende Anzahl an Pkw durch den damit verbundenen Raumbedarf die notwendige Umverteilung des öffentlichen Raumes – nicht nur in Richtung des Umweltverbundes in Bezug auf die Mobilitätswende, sondern auch für die Anlage blau-grüner Infrastrukturen.“
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CO2-Bilanz: Zu viele Autos, zu wenige mit E-Antrieb
Die absolute Zahl an Autos nimmt noch immer zu, wie die Daten des Statistischen Landesamtes belegen. Wo ist die Trendwende? 2030 soll die E-Mobilität bei 40 Prozent Anteil liegen. Aktuell sind es 2,5 Prozent. Dass der Schalter in sieben Jahren auf E umgelegt werden soll, erscheint illusorisch.
Der Klimabeirat findet allerdings auch, dass der Senat punkten könne, wenn er bei einem unappetitlichen, aber eingängigen Thema ansetzt: beim Müll. Über Jahre ist der Abfall pro Kopf in Haushalten gleich, er sinkt einfach nicht. Gleichzeitig stagniert der getrennte Müll (Bio, Glas, Papier) bei 180 Kilo pro Kopf und Jahr. Auch die Wirtschaft müsse sich intensiver mit dem Thema befassen und brauche da möglicherweise Anreize aus der Politik.
Der Klimamonitor soll künftig jährlich erscheinen. Es hakt etwas daran, dass die öffentlich zugänglichen Daten immer mit etwa einem Jahr Verspätung kommen. Möglicherweise kann man erst im Jahr 2031 sagen, dass es im Hinblick auf den Klimawandel und die Maßnahmen dagegen im Jahr 2030 bereits fünf nach zwölf war.