Hamburg. Investitionen auf einem niedrigen Niveau, sagt der Verband der Ersatzkassen. Hamburg stellt bei Ärzten und Kosten neue Rekorde auf.

Tut Hamburg genug, um die Infrastruktur seiner Krankenhäuser zu erhalten und zu modernisieren? Das könnte eine rein politische Frage sein. Doch sie geht jeden an, der in der Hansestadt medizinisch versorgt wird. Dasselbe gilt für die Pflegeheime, in denen Tausende Menschen leben – und die eine Rente beziehen und dennoch oft von Angehörigen finanziell unterstützt werden, weil der Eigenanteil bei rund 2200 Euro pro Monat liegt.

Die Pflegeversicherung deckt die Heimkosten nicht komplett. Um 19 Prozent sind die pflegerischen Kosten im vergangenen Jahr gestiegen, wie eine tiefe Datenanalyse des Verbandes der Ersatzkassen (VDEK) wie Techniker, Barmer und DAK jetzt herausfand. Und aus diesen Zahlen und Grafiken wird zudem deutlich: Was Hamburg an Investitionskosten für alle Krankenhäuser übernimmt, liegt nur bei 4,6 Prozent aller Krankenhauskosten. Nötig wären aber acht bis zehn Prozent.

Krankenhaus Hamburg: Zu wenig Geld für Investitionen?

Die Kliniken, ob Asklepios, UKE oder Marienkrankenhaus, nehmen also Gelder aus dem Topf, den sie von den Krankenkassen für die medizinische Versorgung der Patienten erhalten, und stopfen damit Löcher im Budget für Technik, Sanierung von Gebäuden und anderes. „Da wird Geld umgewidmet“, kritisierte Kathrin Herbst, Hamburger Landesvorsitzende des VDEK, im Gespräch mit dem Abendblatt.

Seit Langem ist bekannt, dass Krankenhäuser, wenn sie neu bauen oder sanieren und im harten Wettbewerb mithalten wollen, Überschüsse erwirtschaften müssten, um zu investieren. Denn die von den Bundesländern aufgebrachten Mittel reichen bei Weitem nicht. Die Länder sind gesetzlich dazu verpflichtet, während die Krankenkassen die Kosten für die Behandlung übernehmen. Nach den neuen Zahlen müsste Hamburg also doppelt so viel in seine Kliniken stecken. Dazu gehören Mittel für Computer und Software. Vor dem Hintergrund von Hackerangriffen wird das immer bedeutsamer.

Hamburg: Rekord bei Mitarbeitern im Gesundheitswesen

Dabei muss man berücksichtigen, dass etwa jeder dritte Patient aus dem Umland kommt und sich über das beeindruckende ärztliche Angebot an Alster und Elbe freut. Die Arztdichte ist nur in Bremen höher als in Hamburg (3,0 pro 100.000 Einwohner). Nirgendwo gibt es mehr Beschäftigte im Gesundheitswesen (82 pro 100.000 Einwohner). Deutschlandweit sind es 70. Dabei hat Hamburg von allen Bundesländern die jüngste Bevölkerung. Daraus müsste man normalerweise schließen, dass die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen nicht so hoch ist wie andernorts. Das Gegenteil ist der Fall – wegen des Metropolen-Sogs.

Die Krankenhauskosten pro Fall (Platz zwei hinter Berlin) liegen mit 7442 Euro rund 900 Euro über dem Bundesdurchschnitt. Und obwohl wegen der jungen Bevölkerung die wenigsten Arzneimittelverordnungen bundesweit ausgestellt werden, sind die Kosten für Medikamente mit 808 Euro pro Versicherten weit über dem Durchschnitt und bundesweit am dritthöchsten. VDEK-Landeschefin Herbst macht dafür viele neue Arzneien verantwortlich, die hohe Preise haben. In Hamburg, wo es zum Beispiel viele onkologische Behandlungen gibt, werden naturgemäß die Ausgaben wegen der hochpreisigen Krebsmittel an der Spitze der Kosten liegen. Bei diesen Therapien werden Arzneien häufig individuell zubereitet.

Weitere wichtige Trends aus den Zahlen:

  • Auch wenn viele Mütter und Väter beklagen, keinen Kinderarzt zu finden, liegt der „Versorgungsgrad“ mit Kinderärzten in Hamburg bei 109,6 Prozent. Ab 110 Prozent heißt es: überversorgt.
  • In allen anderen Facharztgruppen gibt es mehr als ausreichend Ärzte – im Verhältnis zu anderen Bundesländern muss man also nicht weit fahren, um einen Spezialisten zu finden.
  • In zwei Berufsgruppen gibt es von 2017 bis 2023 einen merklichen Anstieg an Ärztinnen und Ärzten: Kinderärzte und Gynäkologen. Das liegt wie zu erwarten am Hamburger Babyboom.
  • Immer mehr Ärzte wollen sich lieber in einem Medizinischen Versorgungszentrum anstellen lassen, als eine eigene Praxis auf eigenes Risiko zu eröffnen. In den vergangenen zehn Jahren ist der Anteil der angestellten Ärzte von 20 auf 35 Prozent gestiegen.
  • Das Durchschnittsalter der Pflegekräfte steigt, Nachwuchs ist schwieriger zu finden. Und die Teilzeitquote in der Branche ist hoch. Das hat Auswirkungen auf die spätere Rente der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Krankenhaus-Reform: Was die Krankenkassen fordern

Mit klaren Vorstellungen blicken die Ersatzkassen auf die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angekündigte Krankenhaus-Reform. Sie erwarten, dass sich das Angebot der Häuser stärker am „tatsächlichen Bedarf“ orientiert. Eingriffe, die nicht notwendig seien, dürften in Kliniken nicht mehr gemacht werden.

Das bedeutet: Die Krankenkassen messen die Reform eng an dem ersten Gutachten, das verlangt, medizinische Angebote zu konzentrieren und zusammenzufassen. Sozial- und Gesundheitssenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD) hat angekündigt, bei der Reform den Blick auf die Folgen für Hamburg zu haben. Herbst sagte: „Bund und Länder müssen sich einigen und fragen: „Was ist für den Bedarf notwendig?“