Hamburg. Nur Notbesetzungen bei Asklepios und im UKE. Ärzte: „Nicht unsere Aufgabe, die Finanzierung der Krankenhäuser zu sichern“.
Da stand sie auf der Bühne und sprach wieder vor mehreren Hundert Kolleginnen und Kollegen. Dr. Jara Schlichting, Ärztin am Asklepios Klinikum St. Georg, erzählte von den Krebspatienten, die sie betreut. Von ihrem Partner, der als Anästhesist arbeitet, und dem gemeinsamen freien Wochenende im Monat. Dem einen freien Wochenende. Dass sie es am Dienstag überhaupt zum Warnstreik der Ärzte am Hamburger Dammtor-Bahnhof geschafft hatte, lag auch an einem jungen Kollegen, der für sie im Krankenhaus blieb.
Jara Schlichting sagte, sie sei im 6. Ausbildungsjahr zur Fachärztin. Das bedeutet laut Tabelle 6320 Euro brutto im Monat bei Asklepios. Junge Ärztinnen, Nachwuchs überhaupt, ist begehrt in den Kliniken eines Landes, das drei Jahre während der Corona-Pandemie beinahe mit Bangen auf die Situation in den Krankenhäusern schaute – zuletzt wegen der angespannten Lage rund um Grippe- und RSV-Welle. Am Dammtor sagt Jara Schlichting in die orange Menge mit ihren Warnwesten, Käppis und Trillerpfeifen: „Wir können nicht so tun, als ob Geld keine Rolle spielte.“
Warnstreik der Ärzte in Hamburg: Um diese Gehaltsforderung geht es
So viel Offenheit und Dramatik war selten: Mehrere Hundert Ärztinnen und Ärzte aus Hamburger und schleswig-holsteinischen Krankenhäusern haben am Dienstag am Dammtor-Bahnhof für höhere Gehälter demonstriert. Der Warnstreik markiert einen vorläufigen Höhepunkt einer Tarifauseinandersetzung zwischen der Ärztegewerkschaft Marburger Bund und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). Denn der Ton hat sich nach vier Verhandlungsrunden spürbar verschärft.
Die Ärzte sagen, sie hätten ein „Null-Angebot“ erhalten, für das man bestenfalls „null Leistung“ erwarten könne. Die Arbeitgeber halten den Warnstreik für grundlos, weil es schon in der nächsten Verhandlungsrunde am 22. Mai zu einer Einigung kommen könne. In Hamburg gab es Notbesetzungen in den Asklepios Kliniken und am UKE, die vorrangig betroffen waren. Bundesweit gab es Warnstreiks. In Frankfurt waren es je nach Zählung zwischen 3500 und 5000 Ärztinnen und Ärzten. In Hamburg sprach der Marburger Bund von 1500. Auffällig: Viele junge Frauen waren darunter – eine deutliche Mehrheit.
Arbeitgeber im Krankenhaus: Streiks sind überflüssig
Für die Klinikarbeitgeber sagte Verhandlungsführer Wolfgang Heyl in einer Mitteilung: „Wir sind an einer Lösung des Konflikts interessiert – das haben wir deutlich zum Ausdruck gebracht. Wir haben eine Inflationsausgleichszahlung in Höhe von 3000 Euro und eine beträchtliche Entgelterhöhung in Aussicht gestellt.“ Die Warnstreiks belasteten die Krankenhäuser sowie die Patienten „unverhältnismäßig“. Die Gewerkschaft müsse „Nägel mit Köpfen“ machen.
Der Hamburger Marburger-Bund-Vorsitzende Dr. Pedram Emami sagte am Dammtor: „Ihr seid da, jeden Tag, jede Nacht. Was da an Danksagung zurückkommt, ist es das, was wir hören wollen?“ Die Arbeitgeber hätten „gar nichts“ angeboten. Emami machte deutlich, dass die Ärztinnen und Ärzte offenbar auch in einen „echten“ Streik treten würden. So wie derzeit könne man mit ihnen nicht umgehen, da die Personalengpässe an den Krankenhäusern überall zu spüren seien und der medizinische Nachwuchs sich bereits Alternativen überlege. Emami sagte kämpferisch: „Nicht mit uns!“
Die Notfallversorgung während des Warnstreiks sei so organisiert, dass eine Patientengefährdung ausgeschlossen sei. „Die dafür notwendige Mindestausstattung im ärztlichen Dienst entspricht der personellen Besetzung, wie sie üblicherweise an Wochenenden dienstplanmäßig vorgesehen ist.“
Gehälter: Was Ärzte bei Asklepios verdienen
„Nicht unsere Aufgabe, die Finanzierung der Krankenhäuser zu sichern“
Die Ärzte fordern einen Inflationsausgleich und 2,5 Prozent plus in der linearen Entgelterhöhung. In Hamburg würden rund 3000 Ärztinnen und Ärzte von einer Gehaltserhöhung profitieren. Die Krankenhäuser machen geltend, dass es auch ihnen aufgrund der Inflation und den Nachwirkungen der Corona-Pandemie schwerfällt, sich wirtschaftlich auf gesunden Füßen zu halten.
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Marburger-Bund-Verhandlerin Dr. Jara Schlichting sagte: Es gehe um die Versorgung der Patientinnen und Patienten. „Es ist nicht unsere Aufgabe, die Finanzierung der Krankenhäuser zu sichern.“ Die Verschlechterung der Kaufkraft bei Ärztinnen und Ärzten „bedeutet eine Abwertung des Berufs“. Der „konstante Personalmangel“ verschlechtere die Arbeitsbedingungen. Sie warf dem Management von Krankenhäusern vor, vor allem auf elektive Operationen zu setzen, also Behandlungen, die man gut planen und mit denen man viel Geld verdienen könne. „Das ist eine patientenfeindliche Fehlplanung.“