Hamburg/Kiel. Welche Versäumnisse bei der Entlassung des mutmaßlichen Angreifers von Brokstedt gab es? Was die Justizbehörde dazu sagt.
Nach der tödlichen Messerattacke im Regionalzug bei Brokstedt haben Recherchen ergeben, dass es bei dem mutmaßlichen Täter, Ibrahim A. (33), einige Ungereimtheiten über die Umstände seiner Entlassung aus der Hamburger Untersuchungshaft in der JVA Billwerder gibt.
Wie das Hamburger Abendblatt bereits berichtete, wurde Ibrahim A. nach der Aufhebung des Haftbefehls umgehend auf freien Fuß gesetzt, ohne dass es eine umfassende psychiatrische Abschlussuntersuchung über seine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit gegeben hatte.
„Es trifft zu, dass es in Bezug auf die Entlassung von Ibrahim A. kein psychiatrisches Gutachten gab. Für ein solches Gutachten gab es allerdings auch keinen Grund und deshalb keine rechtliche Grundlage", sagte Dr. Thomas Baehr, Sprecher der Justizbehörde, dem Abendblatt am Freitag.
Ibrahim A.: Psychiater wusste wohl nichts von anstehender Haftentlassung
Wie auch der NDR berichtete, handelte es sich bei der psychiatrischen Untersuchung am 18. Januar 2023 um einen von 16 Regelterminen durch einen Psychiater des Universitätskrankenhauses Hamburg-Eppendorf (UKE), nicht um ein Prognosegutachten für die Zeit nach der Haftentlassung. Die Diagnose, es läge keine Fremd- oder Eigengefährdung vor, bezog sich demnach allein auf die Haftsituation am Tag der Visite, nicht auf eine Zeit nach der Entlassung.
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Zudem soll der behandelnde Psychiater zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht gewusst haben, dass Ibrahim A. kurz vor der Entlassung steht. Es soll sogar ein Folgetermin vereinbart gewesen sein. Der Folgetermin sei für den 25. Januar 2023 vorgesehen gewesen – den Tag, an dem Ibrahim A. in einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg zwei Menschen getötet und fünf weitere verletzt haben soll.
Baehr dazu: „Mit der Aufhebung des Haftbefehls durch das Landgericht Hamburg war Ibrahim H. unverzüglich in Freiheit zu entlassen. Jede weitere Freiheitsentziehung wäre rechtswidrig gewesen." Anhaltspunkte für die Anregung einer rechtlichen Betreuung hätten ebenfalls nicht vorgelegen, so der Sprecher weiter.