Hamburg. Hätte die tödliche Messerattacke von Brokstedt verhindert werden können? Die Hamburgische Bürgerschaft hat auf neue Details reagiert.

Hätte die Tat des mutmaßlichen Messerstechers von Brokstedt verhindert werden können? Diese Frage beschäftigt aktuell nicht nur Hamburg und Kiel. Offenbar ist in dem Fall des Ibrahim A., der am 25. Januar in einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg mit einem Messer zwei Menschen getötet und weitere verletzt haben soll, noch mehr schiefgelaufen als bisher bekannt.

So etwa, dass in die Akte, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zu Ibrahim A. anlegte, fälschlicherweise ein Ausweis aus Syrien von einer anderen Person gelangt sei. Dies habe Mahmut Özdemir (SPD), parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, laut Aussage mehrere Teilnehmer in einer nicht-öffentlichen Sitzung des Innenausschusses des Bundestags verkündet.

Messerstecher von Brokstedt: Neue Erkenntnisse werfen Fragen auf

Das Bamf sei zwischenzeitlich deshalb davon ausgegangen, dass der Mann ein staatenloser Palästinenser aus Syrien sei. Ein Bamf-Abteilungsleiter hatte zuvor im Innenausschuss des Landtages von Schleswig-Holstein erklärt, Ibrahim A. selbst habe nach seiner Einreise 2014 gesagt, er stamme aus dem Gazastreifen und sei staatenlos.

Zudem geht aus einem vertraulichen Papier des Düsseldorfer Innenministeriums, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, hervor, dass die Justiz in NRW in vier Fällen prüft, ob sie Verfahren gegen Ibrahim A. wieder aufnimmt. So habe es zwischen September 2015 und Januar 2021 insgesamt 24 Ermittlungs- und Strafverfahren gegen A. gegeben. Unter anderem wegen Diebstahls, gefährlicher Körperverletzung, Kindesmissbrauchs und Vergewaltigung.

Die meisten Verfahren wurden eingestellt, rechtskräftig verurteilt wurde A. dreimal. Laut dem vertraulichen Papier des Innenministeriums wurden manche Verfahren wegen Geringfügigkeit oder fehlenden hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Mehrere Verfahren wurden zudem wegen des Paragrafen 154 der Strafprozessordnung eingestellt. Demnach würde ein zu erwartendes Urteil im Vergleich zu einem anderen, das noch aussteht, nicht ins Gewicht fallen. Diese Fälle sollen nun noch einmal überprüft werden.

Fall Ibrahim A.: Bürgerschaft zieht Ausschusssitzung vor

Und auch die Hamburger Bürgerschaft zieht nun ihre geplante Sondersitzung des Justizausschusses zu dem Fall vor. Eigentlich war die Sitzung erst für den 25. März angesetzt. In Anbetracht der neu bekannt gewordenen Details trifft sich der Ausschuss nun aber vor der regulären Bürgerschaftssitzung am kommenden Mittwoch. Darauf haben sich die Fraktionen am Donnerstag verständigt, wie die Grünen-Fraktion mitteilte.

Auch in Hamburg war Ibrahim A. gewalttätig geworden und saß seit Januar 2022 bis kurz vor der Tat in Untersuchungshaft.