Hamburg. Elbschlick, Hafenautobahn oder Windkraftanlagen: Naturschützer lassen kein gutes Haar an den Äußerungen des Bürgermeisters.
Die Äußerungen von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) im Abendblatt-Interview stoßen beim Naturschutzverband Nabu auf massive Kritik. „Der Bürgermeister scheint bei bedeutsamen Themen offenbar lieber polarisieren statt moderieren zu wollen“, sagte Malte Siegert, Vorsitzender des Nabu-Landesverbands Hamburg.
Er bezog sich dabei auf drei Aspekte: So hatte der Bürgermeister in dem Gespräch die mögliche Entsorgung von Elbschlick vor der Vogelschutzinsel Scharhörn erneut als „fachlich gut geeignet“ verteidigt – obwohl Schleswig-Holstein und Niedersachsen diese Überlegung ablehnen und auch die Hamburger Grünen als Koalitionspartner von Tschentschers SPD das mehr als kritisch sehen. Zudem hatte er auf den von den Grünen infrage gestellten Bau der Hafenautobahn A26-Ost bestanden und an der Möglichkeit festgehalten, Windkraftanlagen auch in Naturschutzgebieten zu errichten.
Nabu kritisiert Bürgermeister: „Brüskiert ohne Not unterschiedliche Stakeholder“
„Seine argumentative Kreislaufbaggerei sorgt nicht nur bei der Sedimentdebatte für eine erhebliche Trübung der Stimmung“, sagt Siegert. Statt Raum für gute Lösungen zu schaffen, „brüskiert er wiederholt und ohne Not mit seinen öffentlichen Einlassungen unterschiedliche Stakeholder“, sagte der Nabu-Chef über den Bürgermeister.
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So stehe zum Thema Scharhörn am 2. Februar ein Spitzengespräch mit Bund, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg an. „Statt mehr Fingerspitzengefühl an den Tag zu legen, betätigt sich der Bürgermeister vorab ständig als verbaler Brandbeschleuniger“, kritisiert Siegert. „Es wird neben inhaltlichen Differenzen allein deswegen immer schwieriger gute Lösungen zu finden, weil sich die Gesprächspartner von Hamburg bevormundet fühlen.“
Nabu zieht Argumentation des Bürgermeisters in Zweifel
Tschentschers Argument, Hamburgs Sedimentmanagement mache „die Nordsee sauberer“, weil der Schlick untersucht und bei Belastungen an Land entsorgt werde, bezeichnete Siegert als fragwürdig: „Dass es der Nordsee mit verklapptem Schlick angeblich besser geht, ist doch völlig absurd.“ Es sei bewiesen, dass die Trübung der Elbe vor allem im tidebeeinflussten Mündungsbereich durch ständiges Baggern und Verklappen enorm sei. Auch der an Land entsorgte Schlick belaste Lebensräume und Arten: „Der Bürgermeister steht mit seiner Erzählung, all das sei kein Problem, mutterseelenallein.“
Zum Thema Windräder verwies Siegert auf Aussagen von Fachleuten, wonach Hamburg das gesetzlich vorgeschriebene 0,5-Prozent-Flächenziel „auch ohne diese höchst sensiblen Gebiete erreichen“ könne. Und die Hafenautobahn A26-Ost sei nicht nur „ein Autobahndinosaurier“, sondern könne auch dazu führen, dass Hamburg eine große Chance verspiele: „Wenn die Autobahn ausgerechnet das Areal zerschneidet, welches für die großflächige Wasserstoffentwicklung herausragend wichtig ist – die Hohe Schaar –, konterkariert das sowohl eine klimafreundliche energetische Transformation als auch neue Impulse in einer sich extrem verändernden Hafenlandschaft.“