Betriebsrat darf endlich Lohnlisten des Hamburger Tierparks einsehen. Langer Streit trotz einer klaren Rechtslage.

  • Betriebsrat des Tierparks Hagenbeck siegt vor dem Hamburger Arbeitsgericht
  • Einsicht in Lohnlisten war trotz klarer Rechtslage lange umstritten
  • Linke spricht von Einschüchterungstaktik der Geschäftsführung

Im Flur des Arbeitsgerichts, vor dem Gerichtssaal mit der Nummer 113, wartet am Dienstagvormittag ein Pulk Menschen darauf, dass sich die Türen öffnen: Sieben Betriebsräte des Tierpark Hagenbecks und acht Mitglieder der Linksfraktion, die die Forderungen der Mitarbeitenden nach besseren Arbeitsbedingungen unterstützt. Dazu die Anwälte: Alexander Fuchs, der Hagenbeck-Geschäftsführer Dirk Albrecht vertritt, und Andreas Kilian, Anwalt des Betriebsrats.

Zum 13. Mal treffen sich die beiden zerstrittenen Parteien bereits vor Gericht. Dabei geht es auch heute wieder um ein Thema, das juristisch eindeutig ist: Das Recht des Betriebsrats darauf, die Gehaltslisten der Belegschaft einzusehen. Der Termin heute wäre überflüssig gewesen – hätten sich beide Seiten in einer der vorhergehenden Güteverhandlungen geeinigt. Aber das scheiterte, obwohl der Richter die Hagenbeck-Geschäftsführung, beziehungsweise deren Anwalt, beim letzten Gütetermin im November auf die Rechtsprechung hingewiesen hatte. Er müsse sich dazu erst mit seinem Mandanten abstimmen, hatte Hagenbeck-Anwalt Fuchs gesagt.

Hagenbeck: Lage ist juristisch eindeutig

Heute wird das Gericht eine Entscheidung treffen. Nachdem Richter Christian Reinhard die heutige Sitzung eröffnet hat, fragt er die beiden Parteien, ob sich in der Zwischenzeit etwas an deren Einstellung geändert habe. „Wir sind weiterhin der Auffassung, dass der Betriebsratsvorsitzende das Einsichtsrecht hat“, betont Kilian. Auch die Gegenseite bleibt bei ihrer Rechtsauffassung. Der Betriebsrat habe für die Einsicht in die Gehaltslisten zwei Personen benannt, so Fuchs. „Das ist ein datenschutzrechtlich diffiziles Thema, bei dem mal viel falsch machen kann.“ Sein Auftraggeber sei geneigt, „alles richtig zu machen“. Wenn der Richter jetzt „eine klare richterliche Anweisung“ gebe, würde diese geprüft werden.

Doch als Richter Reinhard nachfragt, ob man denn die Einsicht in die Lohnlisten unter dieser Voraussetzung „klar vereinbaren“ könne, betont Fuchs, für eine Zustimmung habe er kein Mandat. Und Andreas Kilian betont: „Wir wollen nicht darauf warten, irgendwann einmal Einsicht nehmen zu können.“ Zudem habe man aus datenschutzrechtlichen Gründen bereits zugesagt, dass das nur ein statt zwei Betriebsratsvertreter machen werde. Er fordere daher eine „antragsgemäße Entscheidung“ des Gerichts.

Hagenbeck: Gericht folgt Antrag des Betriebsrats

Diese teilte der Richter zwei Stunden später mit – und sie fiel, erwartungsgemäß, zugunsten des Betriebsrates aus. „Der Betriebsrat hat das Verfahren gewonnen“, so Rechtsanwalt Kilian am Mittag auf Nachfrage. „Dem Arbeitgeber wird nun aufgetragen, einem Betriebsratsmitglied – nämlich dem Vorsitzenden, Herrn Günther – Einsicht in die Bruttogehaltslisten zu gewähren“. Bleibt die Frage, warum man dem Betriebsrat dieses Recht bislang überhaupt verwehrt hatte.

Eigentlich sollte es am Dienstagvormittag auch um zwei weitere Themen gehen: Um einen Aushang des Betriebsrats, mit der er die Belegschaft im Mai über aktuelle Streitigkeiten informiert hatte, sowie um die Größe des Raums, der dem Betriebsrat für seine Sitzungen zur Verfügung steht. Während der Coronapandemie hatte der Betriebsrat, um die Abstandsregeln einhalten zu können, einen größeren, externen Raum angemietet. Geschäftsführer Albrecht weigerte sich zunächst, die Miete zu übernehmen. Die beiden Verfahren, die es in diesem Zusammenhang gibt, wurden vom Gericht zunächst ausgesetzt, bis es im Februar in einem weiteren Verfahren wegen eines externen Sitzungszimmers eine Entscheidung geben soll.

Linke: Geschäftsführung will Betriebsrat einschüchtern

Und das wird nicht das letzte Verfahren sein (bislang waren es 34). Für David Stoop, den gewerkschaftspolitischen Sprecher der Linken, steht fest: „Es geht der Geschäftsführung offensichtlich darum, den Betriebsrat einzuschüchtern. Die Mehrbelastung der Hamburger Gerichte nimmt sie dabei billigend in Kauf.“ Ein solches Verhalten sei einer gemeinnützigen GmbH und eines Hamburger Traditionsunternehmens unwürdig. „Die Stadt sollte dringend den Druck auf die Eigentümerfamilien erhöhen, damit diese dem Irrsinn endlich Einhalt gebieten.“