Hamburg. Hamburgs neue Senatorinnen leisteten ihren Amtseid. Wie die neue Wirtschaftssenatorin Leonhard das Schlickproblem lösen will.

Es war der letzte Akt der Personalrochade im Hamburger Senat, die Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) Ende November bekannt gegeben hatte: die Vereidigung der neuen Senatorinnen. Zu diesem Anlass herrschte in der letzten Bürgerschaftssitzung des Jahres am Donnerstag volles Haus.

Da Melanie Leonhard (SPD) innerhalb des Senats vom Sozial- ins Wirtschaftsressort wechselt, hatte sie zu Beginn der Sitzung, bei der die Schlussberatungen über den Doppelhaushalt 2023/2024 auf der Tagesordnung standen, bereits auf der Senatsbank Platz genommen. Karen Pein, die künftig die Stadtentwicklungsbehörde leitet, und Melanie Schlotzhauer (beide SPD), die Leonhards Posten in der Sozialbehörde übernimmt, rückten hingegen in den Senat auf und saßen daher zunächst noch zusammen mit Familienmitgliedern auf der Besuchertribüne.

Umbildung des Hamburger Senats: Pein und Schlotzhauer erhalten satte Mehrheit

Doch das änderte sich bald. Bei der Wahl in geheimer Abstimmung erreichten die beiden Politikerinnen die erforderliche einfache Stimmenmehrheit der Bürgerschaft für die Berufung in die rot-grüne Regierung. 76 der 99 anwesenden Abgeordneten stimmten für den Personalvorschlag des Bürgermeisters, 22 dagegen bei einer Enthaltung.

Damit dürften Pein und Schlotzhauer die volle Rückendeckung von Rot-Grün bekommen haben. Die Koalition verfügt zwar über 86 Mandate in der Bürgerschaft, doch zehn Abgeordnete – sechs bei der SPD und vier von den Grünen – fehlten krankheitsbedingt. Das traf auch auf acht Vertreter der Opposition zu. Da es zudem Probleme mit einer S-Bahn-Verbindung gegeben hatte, verpassten insgesamt 24 der 123 Abgeordneten die Sitzung oder zumindest deren feierlichen Beginn.

Nachdem Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) die Formel des Amtseids vorgetragen hatte, sprachen Pein und Schlotzhauer nacheinander mit erhobener rechter Hand die Beteuerungsformel: „Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe.“ Anschließend durften sie erstmals auf der Senatsbank Platz nehmen.

Wie berichtet, waren Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) und Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) auf eigenen Wunsch aus dem Senat ausgeschieden. Stapelfeldt, die die Amtsübergabe zusammen mit ihrem Mann von der Besuchertribüne aus verfolgte, hatte in der Bürgerschaftssitzung am Mittwoch, bei der der Etat der Stadtentwicklungsbehörde debattiert wurde, ihren letzten Auftritt. Redner aller Fraktionen mit Ausnahme der AfD würdigten ihre politische Arbeit mit anerkennenden Worten. Zum Abschluss gab es sogar Standing Ovations.

„36 Jahre aktive Politik für Hamburg, die ich aus beiden Perspektiven – Bürgerschaft und Senat – erleben und mitgestalten durfte, gehen morgen zu Ende“, sagte die 66-Jährige zu Beginn ihrer Abschiedsrede, die sie mit den Worten schloss: „Hier zu wirken war mir eine Freude und auch eine Ehre.“ Zuvor hatte sie auch die Erfolge des Bündnisses für das Wohnen „mit inzwischen mehr als 125.000 genehmigten, neuen Wohnungen seit 2011“ betont. Dort anzuknüpfen könnte angesichts der aktuell schwierigen Lage in der Bauwirtschaft die größte Herausforderung für ihre Nachfolgerin sein.

Auch Melanie Schlotzhauer bringt einiges an Erfahrung mit

Dass Karen Pein vor Schwierigkeiten nicht zurückschreckt, hatte die 49-Jährige, die seit 2015 die städtische Entwicklungsgesellschaft IBA leitete, schon bei der Vorstellung der Senatsumbildung deutlich gemacht: „Ich bin mir der Herausforderung, vor der wir stehen, sehr bewusst“, sagte sie damals. Pein, die sowohl Stadtplanung als auch Immobilienökonomie studiert hat, war bereits seit Monaten als eine mögliche Nachfolgerin Stapelfeldts gehandelt worden. Aus der Wohnungswirtschaft hieß es, dass sie die richtige Frau für diese Aufgabe sei.

Auch Melanie Schlotzhauer bringt einiges an Erfahrung mit: Seit 2020 war sie in der Sozialbehörde als Staatsrätin für Gesundheit zuständig. Zuvor arbeitete sie viele Jahre in der Berufsbildung. Die 51-Jährige ist studierte Verwaltungswirtin, Politologin und Sozialmanagerin. Ihre Perspektiven aus der Sozialbehörde und aus Unternehmen im Sozialbereich wolle sie in ihrem neuen Amt zusammenbringen, hatte sie bei ihrer Vorstellung gesagt.

Melanie Leonhard wiederum, die 2020, kurz nach Beginn der Corona-Pandemie, zusätzlich zur Leitung der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration das Ressort Gesundheit übernommen hatte, erhielt aus der Wirtschaft fast ausnahmslos Zustimmung für ihren neuen Posten – unter anderem, weil viele Wirtschaftsvertreter sie aus Gesprächen zum Thema Arbeitsmarkt gut kennen und weil sie sich von der SPD-Landesvorsitzenden mehr Durchsetzungsfähigkeit erhoffen als von ihrem parteilosen Vorgänger.

Setzt Leonhard beim Thema Hafen auf mehr norddeutsche Kooperation?

Ihr Ressort-Wechsel brachte ein Kuriosum mit sich: Hatte sie am Mittwoch noch als Sozialsenatorin den Etat der Sozialbehörde verteidigt, durfte sie am Donnerstag als neue Chefin der Wirtschaftsbehörde nun deren Etat vertreten. Dabei schlug die 45-Jährige gleich ein paar Pflöcke ein. Völlig klar sei, „dass Hamburg für alles, was uns als Stadt und als Staatswesen ausmacht, eine prosperierende, zukunftsfähige Wirtschaft braucht. Sie ist quasi das Rückgrat für die Zukunftsstadt Hamburg“, sagte sie – eine deutliche Botschaft an alle, die eventuell Zweifel hatten, welche Priorität das Thema für den Senat hat.

Das galt auch für ihre wenigen Sätze zum kriselnden Hafen: Sie stelle sich einen Hafen vor, „der ausreichend Fläche für Entwicklung hat, der schiffbar ist, der an weltwirtschaftlicher Bedeutung nicht einbüßt und der am besten in eine bundesdeutsche Hafenstrategie eingebettet ist“. Ihr sei auch „nicht bange darum, dass wir das Schlickproblem in den Griff bekommen“, die nötige Strategie dürfe „sehr gerne länderübergreifend“ erstellt werden, sagte Leonhard. Möglicherweise war das als Signal an die Nachbarländer Niedersachsen und Schleswig-Holstein gemeint, dass Hamburg künftig stärker auf Kooperation und weniger auf Alleingänge setzt. In Kiel und Hannover wird man es jedenfalls vernommen haben.