Hamburg. Die Hamburgerin kämpft vergeblich mit den Behörden. Das Problem: Sie wohnt in einem städtebaulichen Erhaltungsgebiet.

Sie beiße seit eineinhalb Jahren auf Granit, sagt die Eppendorferin Karima Abou Deif-Strathmann. So lange versucht sie schon, vor dem Stadthaus in der Kösterstraße, das sie 2015 gekauft hat, eine Ladesäule für ihr Elektroauto zu errichten. Doch das wird ihr verwehrt. Weil es in ihrer Nachbarschaft keine Lademöglichkeit gibt, muss die Gynäkologin jeden Tag in der Nähe ihrer Praxis in Volksdorf an die öffentliche Ladesäule – was nicht nur Kosten verursacht, sondern auch Probleme durch die begrenzte Ladezeit.

„Wenn ich es nicht schaffe, nach zwei Stunden das Auto umzuparken, kassiere ich einen Strafzettel von bis zu 75 Euro“, sagt die 51-Jähriger Mutter von drei Kindern, die monatlich für etwa 150 Euro Strom „tankt“.

E-Mobilität: Auch eine Gehwegüberfahrt wurde verwehrt

Im Mai 2021 hat sie den ersten Antrag beim Bezirksamt Hamburg-Nord gestellt - damals noch für eine halbversenkte Garage mit Gründach, die sie unmittelbar vor ihrem Gründerzeithaus in der Kösterstraße errichten wollte. Nach einem ablehnenden Bescheid des Bezirksamts Hamburg-Nord versucht sie es eine Nummer kleiner: mit einer Gehwegüberfahrt. Auch das wurde ihr nicht erlaubt.

Und auch die Hoffnung, zumindest einen Stellplatz vor ihrem Haus einzurichten, wurde vor einigen Tagen zunichte gemacht. Denn die Ärztin wohnt mit ihrer Familie in einem städtebaulichen Erhaltungsgebiet. Woran sie, paradoxerweise, selbst nicht ganz unschuldig ist.

Erhaltungsverordnung verhindert Bau einer Ladesäule

Abgehend von der Verkehrsschneise Tarpenbekstraße geben die Kösterstraße und die Nachbarstraße Im Winkel einen Einblick in das Eppendorf der Gründerzeit. Hier prägen Stadthäuser mit Fachwerk, Ornamenten am geschwungenen Giebel oder schmiedeeisernen Balkongittern das Bild. Als vor zwei Jahren in der Nachbarstraße vier dieser Häuser abgerissen und durch Neubauten ersetzt werden sollten, direkt hinter ihrem Grundstück, trat auch Deif-Strathmann der Anwohnerinitiative bei, die das verhindern wollte. Das Bezirksamt, aufgerüttelt durch Protest und mediale Berichterstattung (im Abendblatt), schlug die beiden kleinen Straßen kurz entschlossen einem angrenzenden Erhaltungsgebiet zu. Die Investoren, die aus rechtlicher Sicht trotzdem hätten bauen dürfen, lenkten ein und nahmen Abstand von dem Neubauprojekt.

Ein anderer, vor der Unterschutzstellung genehmigter Neubau, wird dagegen umgesetzt – nur zwei Hausnummern weiter und damit in unmittelbarer Nachbarschaft von Deif-Strathmanns Haus. „Er wird eine Tiefgarage bekommen und mit vier Stockwerken deutlich höher als die restliche Bebauung sein“, sagt sie. „Und damit das Straßenbild total verändern.“ Zudem gebe es bereits vor mehreren Häusern in der Kösterstraße Gehwegüberfahrten und auch den ein oder anderen Stellplatz. Die wurden zwar vor der Unterschutzstellung angelegt – dennoch findet sie es empörend, dass ihr das angesichts der Klima- und Energiekrise nicht gestattet wird – und hat sich juristischen Beistand geholt.

Kösterstraße: Vorgarten soll durch Umgestaltung „grüner“ werden

In seinem letzten ablehnenden Schreiben verweist das Bezirksamts darauf, dass ein Stellplatz im Vorgarten zulässig sei, sofern „die Gartengestaltung nicht erheblich beeinträchtigt“ werde und „ein durch Vorgärten geprägtes Straßenbild erhalten“ bleibe. „Durch den Stellplatz wird der Vorgarten komplett versiegelt – was aus naturschutzfachlicher Sicht nicht vertretbar ist.“ Zudem würde die jetzige Gestaltung, nämlich die Versiegelung durch Kopfsteinpflaster, dadurch legitimiert.

Tatsächlich aber, betont die Gynäkologin, würde sie die von einem der Voreigentümer verursachte Versiegelung rückgängig machen. „Aus meinem Bauantrag wird ersichtlich, dass ich Rasengitter verwenden will, was einer Entsiegelung gleichkommt, und eine Hecke und Blumenbeete anlegen möchte.“ Genau dazu, nämlich „den Vorgarten gärtnerisch anzulegen“, fordere das Bezirksamt sie auch auf.

Daher wird sie auch gegen den jüngsten ablehnenden Bescheid Widerspruch einlegen. „Das E-Auto und die Ladesäule gehören zu einem Konzept, das ich für ein möglichst klimagerechtes Leben entwickelt habe – und das von der Regierung ja auch finanziellgefördert wurde“, betont die Eppendorferin. Auch eine Fotovoltaikanlage, die im Januar installiert wird, und eine Wärmepumpe gehörten dazu. „Ohne Lademöglichkeit im Vorgarten wird mein Plan aber nicht aufgehen.“