Hamburg. Pensionierte Lehrer, Polizisten und Feuerwehrleute sind verärgert, wie der Senat die „amtsangemessene Alimentation“ regeln will.
„Ausgedient und abgehängt“, stand auf vielen Pappschildern, die sich die Menschen um den Leib geschnallt hatten. Es war von „Schweinerei“, „Frechheit“ und „staatlichem Lohnklau“ die Rede. Rund 200 Beamte, darunter sehr viele Pensionäre, haben am Donnerstag in der Innenstadt gegen einen Gesetzentwurf des Senats für eine „amtsangemessene Alimentation“ demonstriert.
Auch wenn die Beteiligung aus Sicht der Organisatoren – die Gewerkschaften GEW, GdP und Ver.di – etwas kräftiger hätte ausfallen dürfen, wurde deutlich: Die Stimmung zwischen der Stadt und ihren insgesamt gut 40.000 Beamten bleibt weiter angespannt.
Demo Hamburg: Senat will 230 Millionen Euro zahlen
Wie berichtet, räumt der Senat in dem Gesetzentwurf, der demnächst von der Bürgerschaft beraten wird, nach einem jahrelangen Rechtsstreit ein, dass Polizisten, Feuerwehrleute, Lehrer und viele weitere verbeamtete Mitarbeiter der Stadt Hamburg nicht angemessen bezahlt werden. Im Kern soll das mit Hilfe einer „Angleichungszulage“ geheilt werden.
Über mehrere Jahre verteilt will der Senat den Beamten insgesamt 230 Millionen Euro zusätzlich zahlen: in den Jahren 2021 (rückwirkend) und 2022 jeweils 33 Prozent sowie in den Jahren 2023 bis 2025 jeweils 20 Prozent eines durchschnittlichen Monatslohns. Allerdings gilt das nur für aktive Beamte, die Pensionäre sollen leer ausgehen und sind daher auf Zinne.
Beamte: „Wir werden abgehängt“
„Wir werden abgehängt“, sagte Willi Bartels. „Das ist nun der vierte Fall, in dem wir nicht beteiligt werden“, so der pensionierte Lehrer, der schon Verhältnisse „wie in Griechenland“ fürchtet, wo Staatsdiener empfindliche Lohnkürzungen hinnehmen mussten. Er erinnerte daran, dass der ganze Streit vor mehr als zwölf Jahren begann, als der damalige CDU-geführte Senat infolge der Finanzkrise den Beamten das Weihnachtsgeld ganz streichen wollte. Als 2011 Olaf Scholz (SPD) Bürgermeister wurde, stoppte er das Vorhaben zwar, begrenzte diese Sonderzahlung aber auf 1000 Euro für aktive Beamte und 500 Euro für Pensionäre.
Das war für die meisten Staatsdiener immer noch „staatlich organisierter Lohnklau“, gegen den sie vor Gericht zogen. Mit Erfolg: 2015 und 2020 definierte das Bundesverfassungsgericht anhand von fünf Parametern eine „amtsangemessene Alimentation“: Demnach darf die Beamtenbesoldung unter anderem nicht zu weit von den Tarifergebnissen abweichen, muss sich an Verbraucherpreisen orientieren und einen Mindestabstand zur Grundsicherung gewährleisten. Hamburg verstößt gegen mehrere dieser Grundsätze.
Senat nicht zu weiteren Zugeständnissen bereit
Lothar Fränzke gehörte zu den Beamten, die damals Musterklagen gegen den Senat anstrengten. „Mehr als zehn Jahre lang habe ich für die amtsangemessene Alimentation gekämpft, und jetzt zeigen sie mir eine lange Nase. Das finde ich unfair“, sagte der frühere Personalrat im Bezirksamt Harburg, der vor einigen Jahren in Pension gegangen ist.
Der Senat hat allerdings bereits deutlich gemacht, dass er zu weiteren Zugeständnissen nicht bereit ist. „Wir machen das, wozu wir gesetzlich verpflichtet sind“, heißt es aus dem Rathaus. Und das ist den Gewerkschaften vor allem mit Blick auf die Pensionäre zu wenig. „Beamter auf Lebenszeit heißt: Bis die Kiste zugeht hat Vater Staat für uns zu sorgen“, stellte Horst Niens, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), klar. Dafür könne der Staat auch erwarten, dass Beamte in ihrer Dienstzeit alles geben.
Demo Hamburg: "Ruhestandsbezüge real gekürzt"
„Dass Hamburg aufgrund des Bundesverfassungsgerichtsurteils zur amtsangemessenen Alimentation zwar bei den aktiven Beamten mit der Angleichungszulage nachbessern will, die Versorgungsempfänger aber außen vor lässt, ist ein Schlag ins Gesicht“, sagte Birgit Rettmer, Tarifexpertin der GEW Hamburg. Schon beim Weihnachtsgeld und zuletzt bei den Corona-Prämien seien die Pensionäre außen vor geblieben.
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„Während nun aber die Renten im Sommer angesichts steigender Preise um 5,35 Prozent stiegen, werden die Ruhestandsbezüge real gekürzt“, so Rettmer. „Hier zeigt sich der Hamburger Senat nicht als zuverlässiger Dienstherr. Die Schere zwischen Ruhestand und aktivem Dienst darf nicht noch größer werden.“