Harburg. S-Bahnen und Metronom fahren nach dem Brückenschaden nur eingeschränkt – das führt zu Unannehmlichkeiten für Pendler aus dem Süden.
Rien ne va plus -- nichts geht mehr. Dieses Gefühl dürften am Freitagmorgen Tausende Fahrgäste gehabt haben, die mit dem öffentlichen Nahverkehr aus dem Süden der Stadt in Richtung Hamburger City wollten. Auf den Bahnsteigen in Harburg drängten sich Menschenmassen, die in den Metronom wollten. Viele kamen nicht mit und warteten frustriert auf die nächste Bahn.
Einer der Gründe für die massiven Probleme ist die kaputte S-Bahn-Brücke über die Zweibrückenstraße. Deswegen können S-Bahnen auf Hamburgs meistgenutzter Linie bis zum 18. September nur im 20-Minuten-Takt im Pendelverkehr fahren. Verschlimmert wird alles wegen Baustellen auf der Strecke Uelzen-Hamburg, die den Metronom zwingen, mit geringeren Kapazitäten zu fahren – und hinzu kommt noch das 9-Euro-Ticket, dessen Erfolg das System zusätzlich überlastet.
S-Bahn Hamburg: „Menschen standen dicht gedrängt"
„Die Menschen standen dicht gedrängt auf dem Bahnsteig. Kam ein Zug, kamen viele nicht rein. Mitarbeiter der Bahn haben Fahrgäste wieder aus einigen Waggons geholt, weil es zu eng war“, sagt der Harburger Bennet (22). „Selbst auf dem Bahnsteig kam man kaum durch. So viele Leute standen dort dicht gedrängt.“ Auf Twitter berichtete ein Fahrgast, dass man in Hammerbrook eine halbe Stunde auf einen Zug warten musste und sich Fahrgäste „um einen Platz in der Bahn geschlagen“ hätten.
Mit Lautsprecherdurchsagen wurde versucht, die Menschen Richtung S-Bahn zu bringen. Das ist aber für viele offenbar die unbequemere Lösung. Denn die Züge fahren nur bis Wilhelmsburg. Dort muss man in Busse umsteigen, die einen zum Bahnhof Elbbrücken bringen, wo man in die U 4 umsteigen kann. Alternativ können die im Pendelverkehr zwischen Hammerbrook und Wilhelmsburg fahrenden Züge genutzt werden.
Pendler entsetzt über den Zustand
Die meisten Pendler sind natürlich entsetzt über die Zustände. „Kaum möglich, auf den Bahnsteig zu gelangen. Noch parkt ein ICE, und die Regionalbahn ist verspätet. Es geht hier zu, wie man es sich in einem Dritte-Welt-Land vorstellt“, schildert Abendblatt-Leserin Bettina Bühler-Richter die Situation am Freitagmorgen auf dem Bahnhof Harburg.
Immerhin: Die Bahn will ab Montag die Zahl der Expressbusse, die zwischen den Haltestellen Elbbrücken und Wilhelmsburg mit Halt am S-Bahnhof Veddel verkehren, verdoppeln. Ab dem 29. August wird die Metrobus-Linie 13 bis zur Haltestelle Elbbrücken verlängert, gleichzeitig werden die Linien 154 und 155 verstärkt.
Mitarbeiter sollen Menschenstrom lenken
Viele Züge der Linie RE5 von Cuxhaven nach Hamburg halten bereits montags bis freitags in den Hauptverkehrszeiten zusätzlich in Neugraben. An den Bahnhöfen Harburg, Wilhelmsburg, Hammerbrook und Hauptbahnhof sind täglich Mitarbeiter im Einsatz, die den Menschenstrom lenken sollen, im Einsatz. Weiterhin können alle Fahrgäste, die eine Zeitkarte des HVV besitzen, zwischen Harburg und Hamburg Hbf auch die Züge des Fernverkehrs (IC/ICE) nutzen. Laut Bahn sind weitere Maßnahmen in Vorbereitung, die dann „schnellstmöglich“ umgesetzt werden sollen.
Die Zustände beschäftigen längst auch die Politik. „Es ist ein reines Chaos, und die tägliche Fahrt über die Elbe ist für Pendlerinnen und Pendler eine Odyssee“, sagt die Harburger SPD-Kreisvorsitzende Okşan Karakus, „derzeit muss für Strecken von eigentlich 30 Minuten eine Fahrtzeit von bis zu drei Stunden eingeplant werden. Verspätungen bei der Arbeit sind bereits eingeplant, es stellt sich die Frage, wie lange Arbeitgeber das noch mitmachen, denn die Ersatzmaßnahmen sollen noch bis zum 18. September andauern. Abmahnungen und Rügen sind daher schon vorprogrammiert!“
Expressbuslinie könnte Abhilfe schaffen
Karakus fordert die Einrichtung einer Expressbuslinie zwischen Harburg und dem Hauptbahnhof oder aber dem Bahnhof Berliner Tor. Diese sollte überall, wo es keine Busspur gibt, eine eigene Busspur eingeräumt bekommen.Ähnlich sieht eine Forderung des SPD-Bundestagsabgeordneten Metin Hakverdi aus: „Wir sollten also viel besser auf Schienenersatzverkehre vorbereitet sein und intelligente Busspuren schaffen, die im Bedarfsfall den Ersatzbussen vorbehalten sind. Dann kann man die Ersatzverkehre auch bis zum Hauptbahnhof durchfahren lassen, ohne dass sie im Stau stehen bleiben.“
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Der Grünen-Bezirkspolitiker Michael Sander hat einen Vorschlag, wie die Kapazität des Ersatzverkehrs erhöht werden kann: „Derzeit fallen im südlichen Umland viele Regionalzüge aus, weil in Niedersachsen Baustellen an den Strecken sind“, sagt er. „Die Züge sind ja aber vorhanden. Man könnte sie in Harburg einsetzen und zum Hauptbahnhof pendeln lassen.“ Diese Idee äußert unabhängig von Sander auch Frank Wiesner, Verkehrsexperte der SPD-Bezirksfraktion. Er hat noch einen weiteren Vorschlag: „Eine Expressbuslinie zwischen Neugraben und Altona ließe sich schnell umsetzen und würde schon einmal Druck von der Strecke über die Elbbrücken nehmen“, sagt er.
S-Bahn Hamburg: CDU fordert zweite Elbquerung
Und der CDU-Bezirksabgeordnete Rainer Bliefernicht fordert: „In Zukunft brauchen wir eine zweite schienengebundene Elbquerung. Leider wird das nicht angegangen!“