Hamburg. SPD und Grüne sprechen von ungleicher Verteilung, Sorgen wegen privater Praxisketten – und fordern den Senat zum Handeln auf.

Wegen der Unterversorgung einzelner Stadtteile mit Haus- und Kinderärzten haben die SPD- und Grünen-Fraktion der Hamburgischen Bürgerschaft jetzt den Senat aufgefordert, gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) eine Lösung zu finden. Außerdem sollen gezielt Mediziner angeworben werden, die den Mangel bekämpfen helfen. So steht es in einem Antrag der beiden Regierungsfraktionen, den die Gesundheitsexpertinnen Claudia Loss (SPD) und Gudrun Schittek (Grüne) ins Parlament eingebracht haben. Insbesondere werde der Senat „ersucht“, einmal darzustellen, wie die KV sogenannte „Eigeneinrichtungen“ betreiben kann.

Dabei geht es darum, dass die KV zum Beispiel nach der Praxisaufgabe eines Arztes bei Pensionierung den Arztsitz übernimmt und die Praxis vorübergehend weiter betreibt. Vor allem Hausärzte in Hamburg haben mit Überalterung ihrer Berufsgruppe zu kämpfen. Kinderärzte fehlen zum Beispiel im Süderelberaum, wo mehrere Neubau-Quartiere mit zahlreichen jungen Familien entstanden (das Abendblatt berichtete). Anders als im Bundestrend hält der Baby-Boom in Hamburg an.

Kinder- und Hausärzte in Hamburg: Woran es hapert

Die Analyse der Regierungsfraktionen liest sich nüchtern, aber deutlich: „Wohnortnahe Haus- und Kinderärztinnen und -ärzte sind ein wichtiger Bestandteil der gesundheitlichen Grundversorgung. In Hamburg sind die Praxen allerdings sehr ungleich über das Stadtgebiet verteilt. Menschen, die ein geringes Einkommen erzielen, finden häufig im Wohnumfeld keine Arztpraxis oder die wenigen erreichbaren Praxen sind überfüllt. Verschärft wird das Problem durch den schwindenden Nachwuchs in der niedergelassenen Ärzteschaft.“

Dass sich junge Ärztinnen und Ärzte gegen eine eigene Praxis entscheiden, liegt zumeist an drei Einflüssen: Viele scheuen das wirtschaftliche Risiko bei unsicherer Honorierung für medizinische Leistungen. Die Bürokratie und Zwänge des Selbstständigseins engen die medizinische Bewegungsfreiheit ein. Und drittens hat der Ausgleich zwischen Job und Familie (Work-Life-Balance) heute einen höheren Stellenwert.

Private Equity kontrolliert Medizinische Versorgungszentren

Der Antrag geht darauf ein: „Das Angebot, im Angestelltenverhältnis mit der Option einer späteren Praxisübernahme zu arbeiten, bietet für viele jüngere Ärztinnen und Ärzte eine Brücke zur Tätigkeit im ambulanten Bereich. Um Praxisstandorte und die vertragsärztliche Versorgung insbesondere in unterversorgten Gebieten zu erhalten und zu verbessern, müssen die bereits bestehenden rechtlichen Möglichkeiten, wie die Schaffung von Eigeneinrichtungen durch die Kassenärztliche Vereinigung, in Hamburg ausgeschöpft werden.“

HNO-Arzt Dr. Dirk Heinrich zur Situation der Praxen

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Die Autorinnen verweisen ausdrücklich auf die stark gestiegene Zahl an Praxisketten in Hamburg, die von renditeorientierten Kapitalgebern (Private Equity) kontrolliert werden. Nach Angaben der KV konzentrieren sich diese Praxen in ausgewählten Lagen auf gut situierte Patienten und vernachlässigen die Grundversorgung. Allerdings gibt es gerade bei den Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) auch Betreibermodelle, in denen Mediziner die Kontrolle haben.

In dem Antrag zur Zusammenarbeit mit der KV wird der Senat weiterhin dazu aufgefordert, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass juristische Beschränkungen der Kassenärztlichen Vereinigungen beim Betreiben eigener Praxen aufgehoben werden.