Hamburg. Die Tierversorgung sei immer schwerer aufrechtzuerhalten. HTV befürchtet erneute Aufnahmestopps. Es gibt mehrere Gründe.
Der Hamburger Tierschutzverein von 1841 e.V. (HTV) ist in großer Sorge – es fehlt massiv an Arbeitskräften. 14 Stellen sind aktuell unbesetzt. Und nicht nur der Fachkräftemangel, auch die Corona-Welle treffe den HTV hart, teilte der Verein am Donnerstag mit. Die Rundum-Tierversorgung sei immer schwerer aufrechtzuerhalten.
"Besonders für Spät- und Nachtdienste finden sich keine Bewerberinnen oder Bewerber", heißt es in der aktuellen Mitteilung. Die Folge: Können diese Schichten nicht besetzt werden, müssen beispielsweise Jungtiere von Mitarbeitern zuhause oder in Pflegestellen versorgt werden. Und wenn der Nachtschalter nicht besetzt ist, kann der HTV in dieser Zeit keine Notfälle aufnehmen.
Hamburger Tierschutzverein befürchtet Aufnahmestopps
Zudem sorge die aktuelle Corona-Welle für zahlreiche krankheitsbedingte Ausfälle beim Tierpflegepersonal. HTV-Geschäftsführerin Petra Hoop befürchtet, dass erneut kurzzeitige Aufnahmestopps verhängt werden müssen, wenn es nicht gelingt, neue Mitarbeitende zu gewinnen.
„Uns fehlen einfach die Leute und wir können sie nicht herzaubern", sagt Hoop. "Auch wenn wir es nicht wollen und mit allen Mitteln dagegen kämpfen, haben wir Sorge, unseren Tieren bald nicht mehr gerecht werden zu können und darüber hinaus bald gewisse Tiere nicht mehr aufnehmen zu können.“ Als Beispiel nennt sie die Handaufzucht von jungen Wildtieren, die besonders pflege- und zeitintensiv seien.
Hamburger Tierschutzverein schlägt Alarm – 14 Stellen offen
Aktuell sind beim HTV 14 Stellen offen. Gesucht werden "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Herz, die Lust haben, Großartiges für Tiere zu leisten". Der HTV hofft, die freien Stellen so schnell wie möglich besetzen zu können. Gesucht werden:
- Tierpfleger*in (m/w/d) im Spätdienst in Teilzeit
- Tierärztin/ Tierarzt (m/w/d) in Vollzeit (40 Std./Woche)
- Mitarbeiter*in (m/w/d) für den Nachtdienst in Teilzeit
- Leiter*in Katzenhaus (m/w/d) in Vollzeit (40 Std./ Woche)
- Mitarbeiter*in (m/w/d) für die Tierschutzberatung in Vollzeit (40 Std./ Woche), Teilzeit möglich
- Hilfskraft (m/w/d) in der Tierpflege in Vollzeit (40 Std./ Woche)
- Tierpfleger*in (m/w/d) in Vollzeit (40 Std./ Woche)
- Person (m/w/d) für die Abteilung Handwerk und Haustechnik in Vollzeit (40 Std. / Woche)
- Aushilfe (m/w/d) für die Jungtieraufzucht im Spätdienst (zweiter Spätdienst) in Teilzeit (geringfügige Beschäftigung oder 15-20 Std./Woche)
- Bundesfreiwilligendienstleistende*r (m/w/d) für die Tierpflege zum nächstmöglichen Zeitpunkt
- Bundesfreiwilligendienstleistende*r (m/w/d) für die Abteilung Tierschutzberatung zum 1. Juli 2022
- Bundesfreiwilligendienstleistende*r (m/w/d) für die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit zum nächstmöglichen Zeitpunkt
- Bundesfreiwilligendienstleistende*r (m/w/d) für die Abteilung Handwerk und Haustechnik zum nächstmöglichen Zeitpunkt
- Sachbearbeiter*in (m/w/d) für die Nachlassabwicklung in Vollzeit (40 Std./Woche)
Hamburger Tierschutzverein: Nachtdienst zeitweise unbesetzt
Bereits jetzt ist der Personalmangel beim HTV deutlich zu spüren. So sei der Nachtschalter zeitweise unbesetzt gewesen, da Mitarbeiter sich plötzlich krank melden mussten und es keinen Ersatz gab. Aufgabe des Nachtdienstes ist es, das Nottelefon zu besetzen und Einsätze des Tierrettungsdienstes zu koordinieren. Auch die Erstversorgung von Tieren – etwa Fundtieren, die nachts zum Tierheim gebracht werden – fallen in den Zuständigkeitsbereich des Nachtdienstes. Gibt es diesen nicht, müssen die Fundtiere zu Polizeistationen gebracht werden, verletzte Tiere kommen zu Nottierärzten.
Der HTV warnt davor, dass dieses Szenario im Spätdienst in der Jungtieraufzucht "auf keinen Fall" eintreten dürfe. Der Grund: In dieser Schicht wird sich in erster Linie um die weitere Aufzucht von jungen Vögeln und Säugern gekümmert – etwa Eichhörnchen, Wildkaninchen oder Igel. Dafür ist jedoch ein strenger Zeitplan erforderlich, da ständig Milch angerührt und gefüttert werden muss. "Junge Säugetiere brauchen teilweise stündlich Milch und auch Jungvögel müssen teilweise alle 30 Minuten gefüttert werden", heißt es vonseiten des HTV.
Junge Generationen fordern flexible Arbeitszeiten und faire Gehälter
Auch die Tierpflege leidet unter den coronabedingten Fehlzeiten und der niedrigen Personaldichte. "An erster Stelle müssen die Tiere versorgt und medizinisch behandelt sowie die Unterkünfte gereinigt werden. Aber alles darüber hinaus, zum Beispiel Streicheleinheiten, Beschäftigung und Training müssen leider wegfallen, wenn helfende Hände fehlen“, so Hoop.
Ein weiteres Problem sei, dass die jüngere Generation eine traditionelle 40-Stunden-Woche häufig ablehne. Hopp: „Gefordert werden Teilzeit-Modelle, flexible Arbeitszeiten und faire Gehälter, die auf die derzeitige wirtschaftliche Lage reagieren. Wir sehen diese Forderungen als Herausforderungen, denen wir uns anpassen müssen, wenn wir als Verein zukunftsfähig bleiben wollen.“
- Schon 97 Tiere in Hamburg ausgesetzt – neue Welle befürchtet
- Niedliche Waschbär-Babys vor Wildtierstation ausgesetzt
- Grausam! Kranker Kater in Müllcontainer in Hamburg entsorgt
Die HTV-Geschäftsführerin weist darauf hin, dass bereits einige veraltete Entlohnungssysteme und Strukturen überholt worden seien. „Ich freue mich sehr, dass wir mit einer neuen Betriebsvereinbarung, die ab Juli 2022 greift, die teilweise sehr herausfordernden Tätigkeiten gerechter entlohnen werden“, sagt sie.
Hamburger Tierschutzverein hat ein Platzproblem
Zu den ganzen Problemen kommt hinzu, dass die Vermittlungen abnehmen, während Abgaben und Aussetzungen weiter zunehmen. Der HTV habe akute Platzprobleme, weil die Unterbringungsmöglichkeiten im gesperrten, sanierungsbedürftigen Alten Katzenhaus fehlten.
Viele Menschen, die sich in der Pandemie voreilig Tiere angeschafft haben, wollen oder müssen diese nun abgeben. „Ich bekomme fast jeden Tag Anrufe von verzweifelten Nachbarn, die berichten, dass der Nachbarshund stundenlang jault und sie nicht wissen, was sie tun können", sagt Nicole Hartmann, Tierschutzberaterin beim HTV. "Das sind die Corona-Hunde, die daran gewöhnt sind, dass Frauchen oder Herrchen im Homeoffice arbeitet. Jetzt müssen aber plötzlich alle wieder ins Büro – und der Hund weiß nicht, was los ist.“