Hamburg. Weil Wohnungen sich in Hamburg möbliert teurer anbieten lassen als leerstehend, wächst ihr Angebot. Mieterverein zu Hamburg warnt.

Ist die Wohnung in Hamburg zu teuer oder ist alles noch im Rahmen? Dass das eine Frage ist, die sich oft nicht spontan beantworten lässt, weiß jeder, der das schon mal für die eigene Wohnung nachprüfen wollte. Jeder seriöse Online-Mietencheck fragt schließlich etliche Daten ab, die in die Bewertung einfließen. Etwa Baujahr, Sanierungszustand oder die Lage. Aber mit Abstand am kompliziertesten ist es, wenn die Wohnung nicht leer, sondern möbliert vermietet wird. Denn dann können Schränke, Betten und andere Einrichtungsgegenstände auf die Miete aufgeschlagen werden.

Das Problem ist nur: Woher soll der Mieter wissen, wie teuer die Einrichtung ist und ob der Aufschlag rechtmäßig war? Vorweg: Ganz einfach scheint die Antwort darauf nicht zu sein. Aber wenn es in Hamburg möblierte Wohnungen gibt, die rund 30 Euro pro Quadratmeter kosten, dann wirft das Fragen auf.

Die Höhe des Zuschlags ist gesetzlich nicht geregelt

Grundsätzlich ist es so, dass die Zahl der möbliert angebotenen Wohnungen in Hamburg in den vergangenen Jahren gestiegen ist. Nach einer Studie der F+B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH hat es im Jahr 2018 rund 5300 möblierte Wohnungen in der Hansestadt gegeben, 2006 waren es noch 254.

Laut Siegmund Chychla, Geschäftsführer des Mietervereins zu Hamburg, hat der Anstieg einen ganz einfachen Grund: Vermieter oder Eigentümer denken, dass sie die Mietpreisbremse umgehen können, wenn sie die Wohnung möbliert vermieten. „Ein Irrglaube“, so Chychla. „Die Nettokaltmiete darf die ortsübliche Vergleichsmiete auch dann nicht überschreiten, wenn die Wohnung möbliert ist.“

Bei der Immobilienplattform immowelt.de klingt das anders. Dort findet man unter der Rubrik Ratgeber/Mietrecht einen Artikel mit der Zeile: „Mö­bliert vermieten – mehr Aufwand aber mehr Geld vom Mieter“. Unterzeile: „Wer eine Wohnung möbliert vermietet, kann auch mit einer geringen Wohnfläche eine vergleichsweise hohe Miete verlangen.“

Die Krux, das wird im weiteren Verlauf des Textes schnell deutlich, ist, dass gesetzlich eben nicht verbindlich geregelt ist, wie hoch der Zuschlag sein darf. Außerdem gibt es keine Verpflichtung für den Vermieter, die Berechnung des Zuschlages offenzulegen.

Wer weiß schon, wie teuer die Möbel waren?

So ergibt sich also eine Grauzone, die Angebote wie dieses möglich macht, das derzeit auf immobilienscout24.de zu finden ist: Hamburg-Neustadt, gute Lage, drei Zimmer, 77 Quadratmeter, mö­bliert für 2130 Euro kalt. Siegmund Chychla braucht nur wenige Sekunden, um hier zu einem Schluss zu kommen: „Hier besteht der dringende Verdacht, dass gegen die Mietpreisbremse verstoßen wird.“ Bei umgerechnet gut 30 Euro pro Quadratmeter, wirkt die Formulierung „dringenden Verdacht“ noch recht zurückhaltend. Kann es tatsächlich noch Zweifel geben? Offensichtlich ja. Denn wer weiß schon, wie teuer die Möbel waren? In diesem Fall müsste es der Hamburger Immobilienmakler Insta Immo wissen, der die Wohnung anbietet.

Dort wird zunächst darauf verwiesen, dass es sich bei der Ausstattung nicht nur um Mobiliar handle, sondern auch um hochwertige Elektronik, um eine Ausstattung mit Waschmaschine und Geschirr. Auch Bettwäsche und zum Beispiel Putzmittel seien schon da, wenn der Mieter einzieht.

Auf die Frage nach der Preisgestaltung heißt es, dass die Basis der inserierten Mieten der aktuelle Mietenspiegel sei. „Im Anschluss addieren wir den gesetzlich zugelassenen Anteil der Renovierungs- und Ausstattungskosten zu der Basis.“ Wie die 30 Euro in der besagten Wohnung ganz konkret zustande kommen, wurde im Detail nicht deutlich. Es hieß jedoch, dass für die besagte Wohnung der Mietenspiegel „rein rechtlich“ nicht gelte, weil es sich hier um die erste Vermietung nach umfassender Sanierung handle.

Preise häufig nicht zu rechtfertigen

Siegmund Chychla vom Mieterverein nimmt eine andere Rechnung vor: „Man nimmt den Wert der Ausstattung und geht davon aus, dass diese nach zehn Jahren abgewohnt ist“, so Chychla. Wenn eine Einrichtung also 5000 Euro gekostet hat, sind es auf zehn Jahre gerechnet 41 Euro pro Monat. „Und selbst, wenn wir dann noch 10 Prozent Rendite draufschlagen und ein Auge zudrücken, landen wir bei diesem Rechenbeispiel bei maximal 60 Euro pro Monat, die mehr verlangt werden können“, so Chychla weiter.

Er rät: „Wenn der Vermieter oder Eigentümer den tatsächlichen Wert nicht belegen kann oder will, sollte der Interessent eine grobe Schätzung vornehmen.“ Auf die Wohnung in der Neustadt bezogen, sagt Chychla: „Selbst mit ganz viel Augen-Zudrücken, fällt mir nicht ein, wie man diesen Preis rechtfertigen könnte.“

Ein weiterer Punkt: „In vielen Fällen handelt es sich um befristete Wohnungsangebote“, so Chychla. „Das Risiko, dass ein Mieter sich rechtlich wehrt, wenn er nur vier Monate irgendwo lebt, ist denkbar gering, die Versuchung, im Preis hochzugehen, ist also groß“, so Chychla weiter. Er betont: „Bei Wohnungen, die regelmäßig für eine Dauer von weniger als drei Monaten vermietet werden, ist davon auszugehen, dass es sich um eine Zweckentfremdung handelt, da die Wohnung hotelähnlich genutzt wird.“

Ein Anbieter, der sich auf zeitlich befristete und möblierte Wohnungen spezialisiert hat, ist das Berliner Unternehmen Wunderflats, das seit 2016 auch Wohnungen in Hamburg anbietet, derzeit 815. Laut Homepage etwa eine „großartige, ruhige Zweizimmerwohnung im Herzen von Rotherbaum“, 90 Quadratmeter groß, erster Stock. Die Mindestmietdauer beträgt drei Monate, à 3600 Euro pro Monat. Oder ein „helles und liebevoll eingerichtetes Apartment in Wandsbek“, das möbliert für 1370 Euro zu haben ist.

Rücklagen für Reparaturen und Instandhaltung

Was genau steckt hinter diesen Ange­boten? Wunderflats erklärt auf Anfrage: „20 Prozent der Inserate auf der Plattform sind Angebote zur Zwischenmiete während einer längeren Abwesenheit des eigentlichen Bewohners.“ Die durchschnittliche Mietdauer würde bei vier Monaten liegen.

Auf die Nettokaltmiete würden neben zwei Prozent der Möblierungskosten, auch Rücklagen für Reparaturen und Instandhaltung gerechnet werden, außerdem Kosten für Internet und GEZ, wie das Unternehmen erklärt. Siegmund Chychla dazu: „Als Problem bleibt bestehen, dass hier der Vermieter im Grunde einfach eine Summe erfinden und davon ausgehend seine Rechnung starten kann."