Hamburg. Große Demo in Hamburg geplant +++ Mehr Geflüchtete als in Rekordjahren 2015/2016 +++ Schwesig geht nicht weiter gegen Ploß vor.
Der Krieg in der Ukraine dauert nun schon 13 Tage. Der Überfall auf das Land zwingt Hunderttausende Menschen zur Flucht. Ihr Leben wird sich vermutlich für immer verändern. Besonders dramatisch ist die Lage in den Städten Kiew, Charkiw und Mariupol. Menschen sind dort eingeschlossen, vereinbarte Waffenruhen zur Evakuierung der Städte wurden gebrochen.
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Ukrainer, die es aus dem Kriegsland geschafft haben, erreichen seit Tagen auch Hamburg. Am Wochenende sind laut der zuständigen Behörden rund 1500 Schutzsuchende in Hamburg angekommen, das ukrainischen Generalkonsulats geht sogar von rund 1800 Menschen aus dem Kriegsland aus. Seit Sonntagabend fanden bis zu 950 Geflüchtete in den Hamburger Messehallen zeitweise Unterkunft. Am Montag suchten 1600 Menschen aus der Ukraine in Hamburg Schutz. Die täglichen Ankunftszahlen von Geflüchteten in Hamburg toppen die in den Jahren 2015 und 2016.
Die Reaktionen zum Krieg gegen die Ukraine aus Gesellschaft, Wirtschaft, Kultur und Politik dokumentiert das Abendblatt an dieser Stelle.
- In den Messehallen werden heute weitere 400 Flüchtlinge erwartet
- Krebskranke Kinder aus der Ukraine erreichen das UKE
- Schwesig geht nicht weiter gegen Aussagen von CDU-Chef vor
- Hamburg sucht Tierpaten für Hunde und Katzen von Ukrainern
- Erneut große Friedensdemo in Hamburg geplant
- Bezirksamt Altona sucht Dolmetscher für Geflüchtete
- Niedersachsen richtet Ukraine-Krisenstab ein
- Mehr Geflüchtete in Hamburg als in Rekordjahren 2015/2016
- Ankunftszentrum in Rahlstedt: Situation entspannt sich
- Norddeutsche Vermieter fordern Wohnsitzauflage für Flüchtlinge
- Flüchtlingsunterkunft in Messehalle schon halb voll
- Chaos in Erstaufnahme – CDU und FDP greifen Senat an
- Diskussion zum Ukraine-Krieg: Experten wenig optimistisch
- 45 ukrainische Urlauber am Hamburger Flughafen gelandet
- In den Messehallen stehen 1000 Betten für Flüchtlinge bereit
- Boxer von Hamburger ECB schließt sich ukrainischer Armee an
Flüchtlinge aus der Ukraine kommen in Messehalle in Hannover unter
In der Messehalle in Hannover sind die ersten Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in einem Zeltdorf untergekommen. Am späten Dienstagnachmittag kam ein erster Reisebus mit mehreren Dutzend Menschen auf dem Messegelände in der niedersächsischen Landeshauptstadt an. „Heute werden uns wohl die ersten 400, 500 Personen erreichen“, sagte Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) vor Ort. „Wir sind vorbereitet und hoffen, dass wir den Menschen hier entsprechend einen Platz bieten können, wo sie zur Ruhe kommen können.“ Weitere Busse wurden für den Dienstagabend erwartet.
In den vergangenen Tagen hatte die Feuerwehr in der Messehalle insgesamt 36 Zeltdörfer aufgebaut, die jeweils aus vier Zelten und einem Gemeinschaftsbereich mit Tischen, Stühlen und Spinden bestehen. Die Kapazität reicht für rund 1200 Menschen. Kräfte des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) und anderer Organisationen organisieren den Betrieb. Mit dem Angebot erweiterte die Stadt ihre Kapazitäten für Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine flüchten. Bereits in den vergangenen Tage waren Geflüchtete in Hannover eingetroffen.
Auch andere Städte in Niedersachsen stellen sich auf die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine ein.
Die Stadt Wolfsburg richtete in der Sporthalle einer Berufsschule ein Ankunftszentrum ein, wie die Stadtverwaltung am Dienstag mitteilte. Nach einem Aufenthalt von drei bis fünf Tagen sollen die Menschen dann in Unterkünfte und Wohnungen im Stadtgebiet umziehen.
Die Stadt Braunschweig plant in ihrer Stadthalle als erste Anlaufstelle bis zu 200 Kriegsflüchtlingen aufzunehmen. Dazu sollen ab Mittwoch Feldbetten aufgestellt und Duschräume eingerichtet werden.
In den Messehallen werden heute weitere 400 Flüchtlinge erwartet
In der kommenden Nacht werden in den Messehallen die nächsten 400 Geflüchteten erwartet, wie Markus Kaminski vom DRK Kreisverband Hamburg Altona und Mitte auf Abendblatt-Anfrage mitteilte: „Dann sind wir schon im oberen Bereich angelangt, bei über 900.“ Insgesamt können knapp 1000 Menschen in der Übergangsunterkunft untergebracht werden.
Uni Lübeck unterstützt Studierende und Wissenschaftler aus Ukraine
Die Universität Lübeck hilft Studierenden und Wissenschaftlern aus der Ukraine durch einen Spendenfonds. Daraus könnten sie schnell und unbürokratisch durch Laborarbeitsplätze, Sprachkurse, Studienprogramme oder Notebooks unterstützt werden, teilte die Universität am Dienstag mit. Die Hochschule hat zu diesem Zweck die Spendenaktion „Lübeck aktiv für die Ukraine“ gestartet.
Solidarität und Zusammenhalt könnten in dieser Zeit viel bewirken, sagte Unipräsidentin Gabriele Gillessen-Kaesbach. Die Universität verurteile den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine, heißt es in einer Pressemitteilung der Hochschule. „Wir drücken unsere Solidarität nicht nur mit den Kolleginnen und Kollegen, sondern mit allen Menschen in der Ukraine aus“, sagte die Präsidentin.
Krebskranke Kinder aus der Ukraine erreichen das UKE
Sechs an Krebs erkrankte Kinder und deren Familien, die vor Putins Krieg in der Ukraine geflüchtet sind, haben am frühen Dienstagmorgen das UKE erreicht. Die Kinder im Alter von vier bis elf Jahren seien mit Unterstützung von Hilfsorganisationen aus Polen nach Hamburg gebracht worden, sagte UKE-Sprecherin Saskia Lemm dem Abendblatt. Vier der insgesamt sechs Patient:innen wurden in andere norddeutsche Kliniken weiterverlegt", fügt Lemm an. Das Kinder-UKE behandele derzeit zwei Patientinnen im Alter von sieben und elf Jahren.
Der Konvoi sei von der Fördergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum Hamburg e.V. organisiert worden. Die Verteilung der Patienten werde von der Gesellschaft für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie e.V. (GPOH) koordiniert und sei eingebettet in ein internationales Projekt, das onkologisch erkrankte ukrainische Kinder auf die EU verteilt. "Darüber hinaus stehen wir mit den Hamburger Behörden in engem Austausch, wie das UKE auch weitere Geflüchtete aus dem Kriegsgebiet bestmöglich medizinisch unterstützen kann", so Lemm.
Schwesig geht nicht weiter gegen Aussagen von Hamburger CDU-Chef vor
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hat das Urteil des Landgerichts Hamburg im Rechtsstreit mit dem Hamburger CDU-Landesvorsitzenden Christoph Ploß akzeptiert. Mit Fristablauf am Dienstag sei keine Beschwerde gegen den Gerichtsbeschluss eingelegt worden, teilte Regierungssprecher Andreas Timm in Schwerin mit. Der Streit drehte sich um eine Aussage des CDU-Politikers zu Schwesigs Verhältnis zu Russland und ihrer Unterstützung für die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2.
Timm betonte, dass Schwesig die von Ploß Anfang Februar in einer Talkshow zitierten Sätze: „Diese Völkerrechtsverletzungen interessieren mich nicht. Hauptsache, die Pipeline kommt in Betrieb“, nie gesagt habe. Trotz einer möglichen Aussicht auf Erfolg in einem Verfahren vor dem Oberlandesgericht habe sie aber entschieden, die Sache juristisch nicht weiter zu verfolgen. „Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine und seinen Folgen stehen für uns jetzt andere Fragen im Vordergrund“, so Timm.
Ende Februar hatte das Gericht im Eilverfahren einen Antrag von Schwesigs Anwälten abgelehnt, Ploß per Unterlassungsverfügung die Aussage verbieten zu lassen. Nach Ansicht der Richter bestand kein Anspruch auf Unterlassung, weil die angegriffene Äußerung in einer hitzigen Diskussion als politische Meinungsäußerung und nicht als Wiedergabe eines Zitats zu verstehen sei.
Hamburg sucht Tierpaten für Hunde und Katzen von Ukrainern
Ukrainischen Flüchtlingen mit Haustieren soll in Hamburg mit Tierpatenschaften geholfen werden. Laut Gesetz dürften Menschen mit Hunden und Katzen nicht in jeder Gemeinschaftsunterkunft untergebracht werden, sagte Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) am Dienstag. Das sei eine sehr schwierige Situation für geflüchtete Tierhalter. „Wir haben aber gemeinsam mit dem ukrainischen Hilfsverein eine gute Lösung gefunden. Der vermittelt Tierpatenschaften für die Zeit, in der man in so einer Unterbringung sein muss“, sagte die Senatorin. Wenn die Schutzsuchenden in abgeschlossene Wohnungen kämen, sei auch die Mitnahme von Tieren einfacher.
Die Bezirksämter sowie die Justiz- und Verbraucherschutzbehörde arbeiteten daran, das deutsche und europäische Recht mit der Praxis, die sich für die Menschen aus Krieg und Vertreibung ergebe, in Einklang zu bringen, erklärte Senatssprecher Marcel Schweitzer. Damit bezog er sich auch auf die in der EU vorgeschriebene Tollwut-Impfung und Ausweispflicht für Tiere. Es gehe in der Tat um ein großes Thema für viele vertriebene Menschen. „Wir finden Lösungen“, versprach Schweitzer.
Geflüchtete oder deren Angehörige werden gebeten, sich per E-Mail beim Fachbereich Veterinärwesen zu melden, um die nach EU-Recht vorgeschriebene Genehmigung zu erhalten: veterinaerwesen@justiz.hamburg.de. Dort werde, teilte der Senat mit, in jedem Einzelfall entschieden, ob und welche weiteren Maßnahmen notwendig sind – zum Beispiel eine zum Schutz vor Tollwut notwendige Impfung oder eine Isolation des jeweiligen Tieres.
Erneut große Friedensdemo in Hamburg geplant
Die Gewerkschaften in Hamburg rufen gemeinsam mit dem DGB für Sonntag, 13. März, zu einer weiteren Groß-Demo gegen den Krieg Russlands gegen die Ukraine auf. Die Kundgebung „Stoppt den Krieg – Frieden in der Ukraine jetzt“ beginnt um 12 Uhr auf dem Jungfernstieg, wie der DGB am Dienstag ankündigte.
Beteiligt sind unter anderem die evangelische Nordkirche, SPD, Grüne, CDU, Linke und FDP, Diakonie und Unternehmerverbände. Auch in anderen großen deutschen Städten sind Friedensdemos geplant. Bereits vergangenen Sonnabend hatten in Hamburg 30.000 Menschen gegen Putins Krieg demonstriert.
Bezirksamt Altona sucht Dolmetscher für Geflüchtete
Das Bezirksamt Altona sucht via Twitter Personen, die ukrainisch und russisch sprechen und sich ehrenamtlich für die aus der Ukraine geflüchtete Menschen engagieren wollen.
Die Schutzsuchenden brauchen unter anderem Unterstützung und Begleitung bei Behördengängen.
Niedersachsen richtet Ukraine-Krisenstab ein
Niedersachsens Landesregierung will den Umgang mit den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs in einem Krisenstab bündeln. Das hat eine Regierungssprecherin am Dienstag in Hannover bestätigt. Zuerst hatte die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ darüber berichtet. Demnach soll der Krisenstab die Arbeit der betroffenen Resorts wie Innen-, Wirtschafts- oder Umweltministerium koordinieren.
„Wir müssen uns auf denkbare Risiken vorsorglich vorbereiten. Das muss zwischen allen Ressorts koordiniert werden“, sagte Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) der Zeitung. Zunächst gehe es um die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen, die bei einem längerem Krieg auch in den Arbeitsmarkt integriert werden müssten. Außerdem müssten Kinder und Jugendliche auch schulische und sportliche Angebote erhalten, sobald sie dazu in der Lage seien.
Althusmann verwies auch auf unterbrochene Produktions-Lieferketten und die explodierenden Energiepreise. „Ebenso wird auch die Lebensmittelversorgung genau beobachtet werden müssen. Die Weizenpreise und die steigenden Kraftstoff-Preise werden die Inflation antreiben“, sagte Althusmann.
Kieler Landtag bekundet Solidarität mit Ukraine
Schleswig-Holsteins Landtag hat ein Zeichen der Solidarität mit der Ukraine und gegen den Angriffskrieg Russlands gesetzt. „Wir, die Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtages, verurteilen das perfide Vorgehen Russlands, das den Krieg in das Herz Europas getragen hat, auf das Schärfste“, heißt es in einem Brief an den ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk. Landtagsvizepräsidentin Kirsten Eickhoff-Weber (SPD) und die Fraktionsvorsitzenden unterzeichneten das Schreiben am Dienstag.
„Solidarisch und in tiefer freundschaftlicher Verbundenheit stehen wir gerade in dieser schweren Zeit an Ihrer Seite“, heißt es weiter in dem Brief. „Wir teilen den tiefen Schmerz der Ukrainerinnen und Ukrainer und stehen voller Erschütterung vor dem Leid und dem Unrecht, das Ihre Nation erfährt.“
Das Land werde sich um die Menschen kümmern, die in Schleswig-Holstein Schutz suchen, versicherte Eickhoff-Weber. Die Vorsitzende der Kieler Deutsch-Ukrainischen Gesellschaft, Iris Laufer, dankte für die Solidarität, die überall im Land zu spüren sei.
Mehr Geflüchtete in Hamburg als in Rekordjahren 2015/2016
Allein am Montag sind 1600 Menschen aus der Ukraine in Hamburg angekommen. "Das ist mehr als wir in den Jahren 2015/16 an unseren Rekordtagen hatten. Und wir rechnen damit, dass es in den kommenden Tagen so weitergeht", sagte Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) während der Landespressekonferenz am Dienstag. Deswegen würden große Anstrengungen unternommen, die Registrierung und Unterbringung der Flüchtlinge zu beschleunigen. Jedoch sei die Registrierung ein aufwendiger Prozess. „Wir bemühen uns sehr, dass sich die Situation vor Ort sobald wie möglich entspannt.“
Leonhard räumte ein, dass die Situation an der zentralen Ankunftsstelle in Rahlstedt schwierig sei und es in den vergangenen Tagen lange Warteschlangen gegeben habe. Ukrainer, die privat untergekommen sind, sollten nicht mehr dorthin kommen, sondern sich in der Zentralen Ausländerbehörde in der Hammer Straße in Wandsbek registrieren lassen, sagte sie. Nur wer noch keine Unterkunft habe, müsse auch weiterhin nach Rahlstedt.
Hamburg sei – neben Berlin – einer der am stärksten frequentierten Orte. "Aktuell stehen in Hamburg 150 öffentlich rechtliche Unterbringungen zur Verfügung, in denen geflüchtete Ukrainer untergebracht werden können. Weitere werden erworben", so Leonhard. Es müsse eine mitwachsende Struktur geben. "Deshalb wurden weitere Unterbringungsimmobilien erworben." Dass die Kapazitäten ausgebaut werden, betonte auch Senatssprecher Marcel Schweitzer. "Das ist ein anspruchsvoller Prozess." Wie viele Plätze nötig sind, hängt davon ab, wie viele Menschen nach Hamburg kommen – das jedoch sei noch unklar.
Die Sozialbehörde sei dankbar für all die Hilfen, die die Hamburger zur Verfügung stellten, so Leonhard. Doch ohne Vorbereitung alleine privat in die Ukraine zu fahren, um selbst Menschen abzuholen – davon rät die Sozialbehörde ab. Hamburg rechne auch mit vielen Kindern und Jugendlichen, die in Hamburg Kita und Schule besuchen werden. "Wir sind in der Vorbereitung von Integrationsklassen", sagte Leonhard.
Ankunftszentrum in Rahlstedt: Situation entspannt sich
Die Situation vor dem Ankunftszentrum für die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Rahlstedt entspannt sich offenbar. Am Dienstagmittag warteten etwa 30 Personen vor der Erstaufnahme auf ihre Registrierung. „Heute ist der Andrang nicht so groß. Das kann aber auch daran liegen, dass die Leute davon Bescheid wissen, dass die Erstaufnahme hier voll ist. Vielleicht fahren sie direkt die Messehallen an“, sagt Helferin Hendrikja Witt, die vor Ort Lebensmittel und Getränke verteilt. Die Hilfsbereitschaft der Hamburger ist ungebrochen groß. Helfer haben Spielzeug zur Zentralen Erstaufnahmestelle in Rahlstedt gebracht, darunter auch Straßenkreide für die wartenden Kinder.
Dass die Lage am Dienstag übersichtlicher sei, liege auch daran, dass die Stadt das Aufnahmeverfahren vereinfacht habe, berichtet ein Impfhelfer vor Ort. „Es ist nun so, dass alle Personen, die eine Unterkunft haben, sich noch nicht sofort registrieren müssen. Das entzerrt das Verfahren, da hier nur die Leute bearbeitet werden, die noch keine Unterkunft haben.“ Beim Impfzentrum selber sei die Nachfrage aktuell so gering, dass einige Impfhelfer die übrigen Helfer vor der Zentralaufnahme unterstützen könnten.
„Gestern waren hunderte Leute da, es war total schlimm. Heute ist es aber wirklich still. Die Menschen sind in den Gesprächen viel entspannter, wir haben Ruhe“, sagt Marina Rannamaa, die als Übersetzerin in Rahlstedt hilft. Sie selber stammt aus Estland und lebt seit acht Jahren in Hamburg. Mit den Ankommenden spricht sie Englisch und Russich, die ukrainische Sprache kann sie verstehen. Der heutige Dienstag ist für die freiwillige Helferin bereits der vierte Arbeitstag in Folge. „Das wichtigste ist für die Menschen, dass sie eine Informationen bekommen, wie es weitergeht. Oft wird aber auch über Politik gesprochen.“
Staatsrat Krösser vor Ort in Erstaufnahme in Rahlstedt
Bernd Krösser, Staatsrat der Behörde für Inneres und Sport, kam am Dienstagmittag nach Rahlstedt, um sich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen. „In der Aufnahmestelle ist es voll, aber eigentlich sind die Leute in der aktuellen Situation gut versorgt. Wir wollen hier noch mehr Personal ansteuern und hoffen, dass sich die Lage in den nächsten Tagen weiter verbessert".
Erst am Montag hatte das Abendblatt über chaotische Zustände im Ankunftszentrum in Rahlstedt berichtet. Bernd Krösser, Staatsrat der Behörde für Inneres und Sport, hatte die Situation auf den „explosionsartigen Anstieg“ der Zahl der Geflüchteten zurückgeführt.
Norddeutsche Vermieter fordern Wohnsitzauflage für Flüchtlinge
Die sozialen Vermieter Norddeutschlands haben eine gleichmäßige Verteilung der Ukraine-Flüchtlinge über die Landkreise gefordert und sich für eine zeitlich befristete Wohnsitzauflage ausgesprochen.
Besonders die Wohnungsunternehmen im Osten Mecklenburg-Vorpommerns erlebten aktuell einen Ansturm von Flüchtlingen aus der Ukraine. Unternehmen in weiter westlich gelegenen Landesteilen seien weniger betroffen, so Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW). Um eine Überforderung in den Hotspots zu vermeiden, müssten die Landesregierungen rasch reagieren. „Oberstes Ziel muss es sein, die Flüchtlinge, die nach einer entbehrungsreichen Flucht endlich in Deutschland in Sicherheit sind, nun auch rasch in eigenen vier Wänden unterzubringen“, sagt Breitner. Es müsse eine gleichmäßige Verteilung über alle Landkreise organisiert werden.
Ergänzend dazu sollten die Landesregierungen in Kiel und Schwerin eine zeitlich befristete Wohnsitzauflage umsetzen, so Breitner weiter. So solle vermieden werden, dass mittelfristig die größeren Städte wie Hamburg, deren Wohnungsmärkte ohnehin schon angespannt sind, überfordert werden. Die Flüchtlinge sollten dorthin geleitet werden, wo Wohnraum leer steht.
Die im VNW organisierten Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsgesellschaften könnten in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern kurzfristig mehr als 1000 Wohnungen zur Verfügung stellen, sagt Breitner.
235 weitere Ukraine-Flüchtlinge in Landesunterkünften
Bis Montagnacht haben sich in Schleswig-Holstein 517 Flüchtlinge aus der Ukraine in den Landesunterkünften offiziell gemeldet. Das waren 235 mehr als einen Tag zuvor, wie ein Sprecher des Innenministeriums am Dienstag sagte. Die Geflüchteten werden dort erfasst, untergebracht, medizinisch untersucht und bei Bedarf gegen das Coronavirus geimpft. Nach dem Willen der Landesregierung sollen die Menschen möglichst schnell auf die Kommunen verteilt werden.
Flüchtlingsunterkunft in Messehalle schon halb voll
Einen Tag nach ihrer Einrichtung ist die Flüchtlingsunterkunft in den Hamburger Messehallen bereits halb voll. In der Nacht zum Dienstag seien die ersten rund 450 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Bussen in die Unterkunft gebracht worden, sagte Markus Kaminski vom Deutschen Roten Kreuz, das die Einrichtung betreibt. „Es sind auch schon weitere Busse angekündigt.“ Ob alle rund 950 Plätze noch am Dienstag belegt würden, sei noch nicht absehbar. Alle Flüchtlinge müssen sich vor der Unterbringung in den Messehallen in der Zentrale Ankunftsstelle in Rahlstedt registrieren lassen.
Die Unterkunft war erst am Montag fertiggestellt worden. Sie besteht aus durch Trennwände abgegrenzte Kabinen, in denen jeweils zwei Doppelstockbetten aufgebaut sind. Die Flüchtlinge sollen dort nach Angaben der Innenbehörde nicht dauerhaft bleiben, sondern möglichst rasch auf andere Unterkünfte in der Stadt verteilt werden.
Chaos in Erstaufnahme – CDU und FDP greifen Senat an
Die CDU in der Hamburgischen Bürgerschaft hat dem Senat unhaltbare Zustände in der zentralen Ankunftsstelle für Flüchtlinge in Rahlstedt vorgeworfen. Ukrainische Kriegsflüchtlinge stünden vor der Erstaufnahmeeinrichtung in Rahlstedt in langen Warteschlangen, sagte Fraktionschef Dennis Thering am Dienstag. „Ankommende Flüchtlinge, vor allem Frauen und Kinder, müssen draußen in der Kälte stehen.“ Freiwillige Helfer hätten von fehlender Essens- und Getränkeversorgung berichtet. Selbst Decken für die Wartenden gäbe es nicht.
„Es kann nicht sein, dass von den Strapazen der Flucht betroffene Kinder und Frauen stundenlang in der Kälte warten müssen. Hier braucht es umgehend beheizter Wartezelte oder Ähnliches“, sagte er. Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) habe angekündigt, die Flüchtlinge aus der Ukraine in Hamburg aufnehmen und versorgen zu wollen und entsprechende Vorbereitungen zu treffen. „Ich erwarte von Bürgermeister Tschentscher, dass er seinen eigenen Ankündigungen jetzt auch Taten folgen lässt.“ Die Registrierung der Flüchtlinge müsse umgehend verbessert werden. „Dafür braucht es vor allem eine deutliche Personalaufstockung.“
Die Zahl der in Hamburg ankommenden Flüchtlinge war nach Angaben der Innenbehörde am Wochenende sprunghaft auf rund 750 pro Tag gestiegen. Alle Flüchtlinge müssen sich in der zentralen Ankunftsstelle in Rahlstedt registrieren lassen. Erst ab Mittwoch soll den Ansagen zufolge eine zweite Registrierungsstelle in der Zentralen Ausländerbehörde in Wandsbek eingerichtet werden.
FDP: "Wieder ist Rot-Grün nicht vorbereitet"
Anna vonTreuenfels-Frowein, FDP-Abgeordnete in der Hamburgischen Bürgerschaft: "Es ist bitter, dass Bürgermeister Tschentscher und sein seit zwei Wochen eingerichteter Krisenstab die Registrierung und Unterbringung ukrainischer Flüchtlinge nicht hinkriegen. Seit dem Beginn des Angriffskrieg auf die Ukraine war absehbar, dass der Strom der Kriegsflüchtlinge stark ansteigen würde. Rot-Grün hat aber augenscheinlich nicht genug Kapazitäten – vor allem Personal – vorgehalten, um den Ansturm zu bewältigen. Und dass, obwohl Tschentscher genau dies versprochen hatte und die Strukturen aus dem Jahr 2015 vorhanden sind."
Diskussion zum Ukraine-Krieg: Experten wenig optimistisch
Wenig Grund für Optimismus und ein rasches Ende des Ukraine-Kriegs: Bei einer Solidaritätsveranstaltung im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg haben am Montagabend die Osteuropa-Expertin Alice Bota und Sabine Fischer vom Deutschen Institut für Internationale Politik und Sicherheit diskutiert. Per Live-Schalte waren zudem aus der Ukraine der Schriftsteller und Übersetzer Juri Andruchowytsch und aus Belarus der Schriftsteller Viktor Martinowitsch dazu geschaltet. Mitorganisator der Veranstaltung „#StandWithUkraine“ war auch die Wochenzeitung „Die Zeit“.
Andruchowytsch sagte, er sei sicher, dass Schwäche und Unentschlossenheit Wladimir Putin zu weiterer Eskalation und Grausamkeit treiben würden. Martinowitsch befürchtet, dass die Invasion Russlands nicht auf das Territorium der Ukraine begrenzt bleiben werde, da sich der Angriffskrieg gegen den Westen und seine Werte Demokratie und Freiheit richte. Für Alice Bota haben sich innerhalb weniger Tage die Repressionen in Russland derart gesteigert, dass sie einen Weg von der Autokratie in die Diktatur sehe.
Im zweiten Teil des Abends lasen Schauspielerinnen und Schauspieler des Ensembles Texte ukrainischer Autorinnen und Autoren. Sandra Gerling las dabei aus Marina Weisbrands Text „Die Welt hat die Ukrainer kennengelernt. Jetzt müssen sie nur noch überleben.“
45 ukrainische Urlauber am Hamburger Flughafen gelandet
Am Abend ist ein Flugzeug aus Ägypten mit 45 Ukrainern an Bord in Hamburg gelandet. Dabei handle es sich um Menschen, die dort Urlaub gemacht hätten und jetzt dort gestrandet seien, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. In den vergangenen Tagen seien schon mehrere Flugzeuge mit ukrainischen Urlaubern in Hamburg gelandet.
Greenpeace-Aktivisten besprühen Öl-Tanker auf Weser mit Friedensparole
Ein Ölfrachter mit russischem Öl ist auf dem Weg in den Bremer Hafen auf der Weser mit Friedensparolen besprüht worden. Greenpeace-Aktivisten näherten sich dem 200 Meter langen Schiff am Montag von drei Schlauchbooten aus und sprühten den Schriftzug „Peace - not oil“ auf den Tanker, wie die Polizei am Abend berichtete.
„Es ist unfassbar, dass Deutschland Putins Krieg mitfinanziert, weil es jeden Tag Öl aus Russland importiert im Wert von Millionen“, sagte Marion Tiemann von Greenpeace. „Die Bundesregierung und Europa müssen Putin den Geldhahn zudrehen und Importe von Öl, Kohle und Gas aus Russland stoppen.“
Die Wasserschutzpolizei rückte wegen der Aktion mit mehreren Schiffen aus. Kleine Sportboote seien im Hafenbecken eines Industriehafens stets höchst gefährlich und verboten, da jederzeit große Frachter anlegen könnten, hieß es.
Der Öltanker, der unter deutscher Flagge fuhr, legte ohne weitere Zwischenfälle im Industriehafen an, wo sich weitere Personen in kleineren Booten und sechs Kajaks versammelt hatten und mit Transparenten protestierten. Polizisten nahmen ihre Personalien auf, außerdem gab es Ordnungswidrigkeitsanzeigen.
In den Messehallen stehen 1000 Betten für Flüchtlinge bereit
Zur Unterbringung der Ukraine-Flüchtlinge nutzt Hamburg nun auch einen Teil seiner Messehallen. Dies sei zunächst für einen Übergangszeitraum von sechs Wochen geplant, teilte Innenstaatsrat Bernd Krösser am Montag mit. Laut Deutschem Roten Kreuz (DRK), das die Einrichtung betreibt, können dort bis zu 1000 Menschen untergebracht werden. „Das ist eine Kapazität, die wir vor dem Hintergrund der jetzigen hohen Zahlen für notwendig erachten, um bei anhaltendem Zustrom sicherzustellen, dass wir alle Personen auf jeden Fall versorgen können“, sagte Krösser.
Einen Flaschenhals bildete die Registrierung in der zentralen Ankunftsstelle in Rahlstedt, vor der sich auch am Montag wieder lange Schlangen bildeten. Die Stadt plant deshalb, eine weitere Registrierungsstelle beim Amt für Migration in der Hammer Straße einzurichten.
Die ukrainischen Flüchtlinge werden in der Messehalle in durch Trennwände abgegrenzten Kabinen untergebracht, in denen jeweils zwei Doppelstockbetten, Schränke, ein Tisch und Stühle stehen. „Wir haben uns bemüht, Kapazitäten zu schaffen, wo den Geflüchteten ein Rest an Privatsphäre bleibt“, sagte Markus Kaminski vom DRK. Die ersten Flüchtlinge könnten bereits am Montag dort untergebracht werden. Laut Innenbehörde sollen sie aber nicht dauerhaft dort bleiben, sondern schnellstmöglich auf weitere Standorte in der Stadt verteilt werden.
Der Staatsrat sprach von großen Herausforderungen, vor denen die Mitarbeiter des Ankunftszentrums in Rahlstedt stünden. Seit vergangenem Freitag seien die Ankunftszahlen unerwartet schnell in die Höhe gegangen. „Wenn sie bedenken, dass wir bislang immer so um die 50 Ankünfte pro Tag hatten, können sie sich denken, dass wir bei 750 Ankünften deutlich zulegen mussten.“ Derzeit würden in der Registrierung 50 Mitarbeiter in einem Zweischichtsystem arbeiten. Ab Dienstag sollen auch nachts Registrierungen möglich sein.
„Wir haben seit dem 24.2. insgesamt rund 1280 Personen bei uns registriert“, sagte Krösser. „Wir gehen davon aus, dass sich noch mehr Menschen in Hamburg eingefunden haben, die sich aber noch im Registrierungsprozess befinden oder sich noch melden werden.“ Das ukrainische Generalkonsulat hatte bereits am Sonntag die Zahl von 1800 Menschen genannt, die aus dem Kriegsland nach Hamburg gekommen seien.
Bremer Gesundheitsbehörde beobachtet Hamsterkäufe von Jodtabletten
In Bremen ist es nach Angaben der Gesundheitsbehörde in den vergangenen Tagen vermehrt zu Hamsterkäufen von Jod in Apotheken gekommen. Hintergrund sei die Sorge vor der Freisetzung von radioaktivem Jod durch einen atomaren Unfall oder Angriff im Verlauf des russischen Angriffes auf die Ukraine, erklärte am Montag ein Sprecher der Behörde. In einem solchen Fall sei Bremen jedoch gut vorbereitet und würde hochdosiertes Jod an die Bevölkerung ausgeben können. Die frei verkäuflichen Tabletten in Apotheken seien nicht geeignet, um sich gegen radioaktives Jod zu schützen.
„Es gibt in Bremen ausreichend hochdosierte Jod-Tabletten, um im Falle der radioaktiven Belastung die Bevölkerung damit zu versorgen“, sagte Bremens Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke). Eine Verteilung sei im Fall des Falles über Apotheken sichergestellt. „Diese Verteilpläne werden aktuell auch nochmals aktualisiert“, ergänzte Bernhard und warnte: „Eine frühzeitige Einnahme von viel zu niedrig dosiertem Jod hat keine positive Wirkung. Gleichzeitig werden Jod-Tabletten zur Therapie von Schilddrüsenerkrankungen weiterhin benötigt.“
In Tablettenform verabreichtes Jod werde benutzt, um zu verhindert, dass radioaktives Jod in der Schilddrüse aufgenommen werde und dort möglicherweise Krebs befördere, hieß es erläuternd. Um diese Blockade zu erreichen, sei die Einnahme von sehr hoch dosiertem Jod nötig. Außerdem müsse die Einnahme in einem kleinen Zeitfenster von wenigen Stunden vor und nach dem Kontakt mit radioaktivem Jod erfolgen: „Eine vorherige, präventive Einnahme ist nicht wirkungsvoll.“
Boxer von Hamburger ECB schließt sich ukrainischer Armee an
Der ukrainische Schwergewichtler Igor Schewadsuzkij vom Hamburger ECB-Boxstall hat sich der Armee angeschlossen, um sein Heimatland gegen die russische Invasion zu verteidigen. Das gab die EC Boxpromotion am Montag in der Hansestadt bekannt. „Uns geht es bisher gut. Es ist eine schwierige Zeit für die Ukraine und ihr Volk, aber wir werden das alle gemeinsam durchstehen“, wurde der 31-Jährige in der Mitteilung seines Boxstalls zitiert.
„Wir befinden uns in unserem eigenen Land. Unsere Häuser, Familien, Kinder und Freunde sind hier! Wir werden das, was uns lieb ist, um jeden Preis verteidigen“, meinte Schewadsuzkij zur aktuellen Lage.
Es sei „natürlich gefährlich, dass Igor an der ukrainischen Front kämpft, aber ich denke, dass es richtig ist, sein Land zu verteidigen“, sagte Promoter Erol Ceylan. Er selbst hat in Hamburg Unterkünfte für Frauen und Kinder bereitgestellt. „Wir werden unser Bestmögliches tun, damit die humanitäre Katastrophe so gering wie möglich ausfällt“, sagte er.
Auch Schwergewichtler Christian Hammer will seinen Beitrag und damit Hilfe leisten. Der gebürtige Rumäne habe in seiner Heimat die von ihm betriebenen Ferienwohnungen bereitgestellt und kostenfrei Familien mit Kindern aus der Ukraine aufgenommen, hieß es in der Mitteilung.
Lesen Sie hier Reaktionen aus Hamburg zum Ukraine-Krieg vom Vortag