Hamburg. Ob schwierige Mitarbeiter oder Vierbeiner mit Macken: Die Grundlagen für eine gute Führung sind ganz ähnlich.

Als Chef hat man es nicht leicht, wenn sein Schützling an einem hochspringt, wenn er Gruppen sprengt und nicht zu bändigen ist. Chilli war so jemand – und Tanja Koch mit der Situation überfordert. Wie konnte sie das Verhalten ihrer Hündin ändern und sich durchsetzen? Die Hundetrainerin Johanna Spahr aus Altona brachte Struktur und Klarheit in die Beziehung der beiden. Seitdem sind die Appenzeller-Hündin und Tanja Koch ein harmonisches Team. Was die 47-Jährige über die Führung ihres Hundes gelernt hat – davon können sich auch Chefs viel abgucken.

Entspannt und ohne Leine läuft Chilli (fast zwei Jahre alt) neben Tanja Koch her, hier im Hundefreilauf in der Stellinger Schweiz. Dass andere Hunde herumlaufen, stört sie nicht. Das war einmal anders: Früher ist sie in jede Hundegruppe hineingerannt und hat die Runde aufgemischt. „Jetzt achte ich auf die Signale meines Hundes“, sagt Tanja Koch. „Ich muss die Umgebung für sie abchecken und schneller reagieren als Chilli. Wenn sie loslaufen möchte, korrigiere ich ihr Verhalten.

Bedürfnisorientiertes Handeln ist essenziell

Ich übernehme die Führung und kläre die Situation für sie.“ Denn Chilli ist mit diesen Begegnungen überfordert, ihr muss deutlich gesagt werden, wo es langgeht. „Sie braucht eine souveräne Person an ihrer Seite, die sinnvolle Entscheidungen trifft, ruhig und klar kommuniziert“, sagt Hundetrainerin Johanna Spahr. Ob bei Hunden oder Menschen: „Eine gute Führung macht sich dadurch bemerkbar, dass derjenige, der führt, gelassen ist, in dem was er tut, dass er weiß, was er tut, und dass ein anderer bereit ist, ihm aus freien Stücken zu folgen“, sagt Spahr. „Nur wenn sich jemand freiwillig anschließt, kann man davon ausgehen, dass das, was man macht, für beide Seiten Sinn macht.“ Bedürfnisorientiertes Handeln, ob im Sinne eines Hundes oder eines Angestellten ist essenziell, um als Führungsperson wahrgenommen zu werden. Das sind Erkenntnisse, die sich auf den Berufsalltag übertragen lassen.

Hundetrainerin Johanna Spahr, (l.) trainiert mit Tanja Koch und deren Hündin Chilli die richtige Führung.
Hundetrainerin Johanna Spahr, (l.) trainiert mit Tanja Koch und deren Hündin Chilli die richtige Führung. © Roland Magunia

Eigentlich, sagt Tanja Koch, kann sie gut Führung übernehmen. Als Mutter von zwei Jungs im Alter von 14 und 18 Jahren hat sie das üben und beweisen können. Aber ein Hund, der hat dann doch noch andere Macken. „Bei Chilli war es neben den Hundebegegnungen die Leinenführigkeit und das Hochspringen“, sagt die selbstständige Ernährungsberaterin aus Krupunder. Man müsse die Führung übernehmen – das ist so ein Ratschlag, den wohl schon jeder Hundehalter bekommen hat.

Auch Hunde haben Stärken und Schwächen

Aber was bedeutet das? Beim Verhältnis Hund/Mensch ist das klar: „Eine Führungspersönlichkeit zeichnet sich, nicht nur unter Hunden und Wölfen, durch soziale Intelligenz aus. Sie sollte mentale Stärke beweisen und stets um eine freundliche Grundstimmung bemüht sein“, so Johanna Spahr. Bedeutet: Wenn der Hund beim Training etwas richtig umsetzt, freut auch er sich über ein Lob zur richtigen Zeit. Immer nur Kritik mögen weder Mensch noch Tier. „Eine leitende Position einzunehmen bedeutet also nicht, sich herrschend und unangemessen aggressiv zu verhalten.“

Im Gegenteil: Wer immer nur meckert, laut und aggressiv auftritt, motiviert seine Mitarbeiter nicht. Auch Hunde haben Stärken und Schwächen. Genau wie Menschen über sich hinauswachsen können, können auch Hunde mit Motivation Ziele erreichen. „Das bedeutet nicht, dass man als führende Person nicht auch Grenzen setzen darf, Regeln aufstellen sollte oder den Hund einfach machen lässt. Es bedeutet viel mehr, ein verlässlicher Partner zu sein, Anleitungen zu geben, klare Handlungsaufforderungen zu kommunizieren und durch ruhige Konsequenz eine Verlässlichkeit entstehen zu lassen“, so Johanna Spahr. Der größte Fehler im Umgang mit Hunden und Menschen: „Es ist verheerend, wenn man sich nur dominant und herrschend zeigt – egal, ob im Job oder beim Hund. Und wenn man unfair wird. Ich muss immer überlegen: Ist mein Hund dazu in der Lage, was ich von ihm fordere? Sonst kann ich es nicht verlangen.“

Lesen Sie auch:

Das Verhalten muss aus Sicht des Hundes schlüssig sein und seiner Motivation entsprechen, nicht der des Menschen. Das ist bei Führungskräften nicht anders: Sie müssen empathisch sein und gleichzeitig respektieren, dass nicht jeder die gleichen Aufgaben in der gleichen Zeit schafft.

Seitdem Tanja Koch mit Chilli trainiert und konsequent dabeibleibt, hat es sich verbessert. Weil Hund und Halter miteinander kooperieren, kann die Hündin mittlerweile entspannt in Hundebegegnungen reingehen und: Seitdem stößt sie auch auf Anklang bei ihren Artgenossen. Und wie beim Menschen hilft es, wenn jemand von außen die Situation durch ein Coaching betrachtet.

Diese Geschichte ist auch in dem neuen Magazin des Hamburger Abendblattes: Am Dienstag, 24. November, erscheint „LAUT&leise“, das Magazin über Menschen, Führung und Hamburg. Bestellen unter abendblatt.de/magazine (9 Euro/Treuepreis 7 Euro) und ab morgen in der Abendblatt- Geschäftsstelle und im Handel.