Hamburg. Weil die praktischen Prüfungen nicht sichergestellt werden können, müssen nun viele Schüler auf ein anderes Fach ausweichen.

Die geplanten Sonder­regelungen beim diesjährigen Abitur sorgen für viel Ärger bei den betroffenen Schülern, mehrere Petitionen wurden in diesem Zusammenhang gestartet. Besonders viel Zündstoff birgt das Sportabitur, weil nach Angaben der Hamburger Schulbehörde derzeit nicht absehbar ist, ob die praktischen Anteile der Abiturprüfung im Sport durchgeführt werden können, da wegen der Coronakrise bis mindestens Ende April alle Hallen und Plätze gesperrt sind. Das betrifft nach Abendblatt-Informationen rund 1000 Schüler in Hamburg.

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Diese Abiturienten müssen auf jeden Fall eine Prüfung in ihrem Ersatzfach, in der Regel Biologie (erhöhtes Niveau), machen. Außerdem müssen sie mitteilen, ob sie die Option auf eine Sportprüfung nutzen wollen. Ihre Entscheidung müssen sie der Schule bis zum 8. April schriftlich mitteilen. Bis zum 15. Mai 2020 will die Behörde von Schulsenator Ties Rabe (SPD) bekannt geben, ob die praktischen Sportprüfungen bis zum 5. Juni stattfinden können.

Corona in Hamburg: Schüler erhalten kein Wahlrecht

Sollte dies möglich sein, werde das Ergebnis der Sportabiturklausur bzw. der mündlichen Prüfung in Sport gewertet. Sollte es nicht möglich sein, wird das Ergebnis im Ersatzfach gewertet. Die Schülerinnen und Schüler erhalten allerdings kein Wahlrecht. Machen sie von ihrer Option Gebrauch, dann müssen sie die Sportprüfung auch ablegen, wenn diese stattfinden kann.

„Mir ist völlig klar, dass diese Regelung für euch alles andere als günstig ist – insbesondere für die von euch, die schon mit Biologie,abgeschlossen haben. Leider kann ich an dieser Situation nichts ändern“, schreibt der Lehrer eines Hamburger Gymnasiums an seine Schüler.

Klausur im Ersatzfach – eine sportliche Herausforderung

Für die Abiturienten, die nun in ihrem Ersatzfach eine fünfstündige Klausur schreiben müssen – mit einer Vorbereitungszeit von nur drei Wochen, ist das eine sportliche Herausforderung. Formal ist die Schulbehörde wohl im Recht. In den Prüfungsbestimmungen steht, falls unter bestimmten Umständen der Praxistest ausfällt, meistens wegen Verletzung des Schülers oder der Schülerin, werde im Ersatzfach geprüft.

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Das Abitur im Fach Sport weist zudem eine Besonderheit aus. Während in jedem Prüfungsfach mindestens fünf von 15 möglichen Punkten für das Bestehen notwendig sind, wird im Sport die Gesamtnote aus Theorieprüfung sowie dem Test in einer Individual- und einer Mannschaftssportart gebildet.

Eine gute körperliche Performance kann also einen schlechten schriftlichen Auftritt ausgleichen. Diese Chance fiele weg. Besonders die kurze Vorbereitungszeit auf die Ersatzklausur stößt bei Lehrern, Schülern und Eltern auf Kritik. Bereits fast 1000 unterzeichneten die Petition „Sport Abi 2020 muss bleiben“ auf der Plattform change.org.

Kritik an Schulsenator Ties Rabe

„Herr Rabe hat vor Kurzem gesagt, dass kein Schüler beim Abitur wegen der Auswirkungen der Coronapandemie benachteiligt werden soll. Genau das geschieht jetzt aber“, sagte ein Sportlehrer dem Abendblatt. Dabei hätte es mehrere andere Lösungsmöglichkeiten gegeben, zum Beispiel hätten die in den vier Oberstufensemestern erbrachten Noten herangezogen werden können.

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Möglicherweise ist aber in Sachen Sportabitur das letzte Wort noch nicht gesprochen. Die Behörde kündigte an, dass sie bis zum Wochenende die Möglichkeiten für die sportpraktischen Abiturprüfungen genauer darstellen werde. Behördensprecher Peter Albrecht: „Ich bin sicher, dass wir für die offenen Fragen Lösungen finden werden, mit denen die meisten Prüflinge sehr zufrieden sein werden.“

Keine Zweitkorrektur – Schüler protestieren

Viel Kritik gibt es auch an der Entscheidung von Ties Rabe, keine Zweitkorrektur der schriftlichen Abiturprüfungen vorzusehen, bzw. nur in Ausnahmefällen. Die Schülerin Antonia T. hat auf der Internetplattform change.org eine Petition gestartet, um diese Entscheidung zu revidieren.

„Die Zweitkorrektur ist dazu da, ausschließlich die Arbeit (und nicht die Persönlichkeit oder das Handeln) des Abiturienten oder der Abiturientin zu bewerten, heißt es in der Petition. „Uns ist bewusst, dass dies für die Lehrerschaft viel Aufwand ist … Dennoch ist es unser Recht auf eine zweite Meinung, um sicher zu sein, dass unsere Abschlussnote gerechtfertigt und fair ist.“ Bis zum Mittwochabend hatten immerhin fast 160 Unterstützer unterschrieben.

Abiprüfungen in Hamburg verschoben

Die schriftlichen Abiprüfungen werden in Hamburg um fünf Tage verschoben und sollen nun in der Zeit vom 21. April bis 6. Mai stattfinden. Die Schulbehörde hatte am Dienstag bekannt gegeben, dass die Zweitkorrekturen der rund 27.000 schriftlichen Abiturarbeiten nur im Ausnahmefall stattfinden, um den Schulen die Arbeit zu erleichtern. Die Lehrer seien durchaus unter Druck, sagt Behördensprecher Albrecht, „da wir ja das Abitur um fünf Tage nach hinten schieben, trotzdem aber die Prüfungen bis Schuljahresende abgeschlossen und die Abiturzeugnisse bis 24. Juni ausgegeben sein sollen“.

Informationen zum Coronavirus:

Albrecht: "Keine Verdichtung von Abiturterminen"

Schüler des Gymnasiums Rahlstedt protestieren gegen den Plan der Schulbehörde, den Start der Abiprüfungen zu verschieben. „Die Verschiebung um fünf Tage verkürzt die Zeitspanne, in der alle Prüfungen geschrieben werden sollen, was für viele bedeutet, dass mehrere (bis alle) Prüfungen innerhalb einer Woche geschrieben werden sollen“, heißt es in der Petition, die auf Change.org bereits fast 800-mal unterschrieben wurde.

Sie fordern, die Abiprüfungen mindestens um zwei Wochen zu verschieben. Dazu sagt Peter Albrecht: „Die Zahl von elf Abiturterminen wurde in der neuen Planung beibehalten. Es gibt deshalb keine Verdichtung von Abiturterminen.“