Hamburg. Grabungstagebuch, Teil 10: Was die Menschen vor einigen Jahrhunderten in einer mit Holz ausgekleideten Grube gemacht haben.

Kay-Peter Suchowa zeigt zu seinen Füßen auf eine dunkle, schlammige Fläche, die sein Team bei ihrer Grabung an der Nikolaikirche entdeckt hat. Der Archäologe sieht darin eine erste Siedlungsspur auf den Ruinen der Neuen Burg. „Noch bevor ein Haus gebaut wurde, haben die Menschen hier, im 12. oder 13. Jahrhundert, eine Grube eingetieft und mit Holz ausgekleidet“, sagt Suchowa. Eine Grube, wie sie wohl von Gerbern genutzt wurde.

Hier, neben dem Gebäude der Laeisz-­Reederei, wurden vor einigen Jahrhunderten also Tierhäute zu Leder verarbeitet. Das verrät ein braunes, aus organischen Resten vergammeltes Material. „Ein Gemisch aus Urin und Rinde, Blätter oder Holz von Eichen, die sehr gerbstoffreich sind“, sagt Suchowa.

Gerbgruben waren meist nicht in wohlhabenden Gegenden zu finden

Die Felle wurden darin eingelegt, das Haar hat sich gelöst und das Leder wurde gegerbt. In Deutschland entstanden Lederwerkstätten im Mittelalter in der Nähe von Klöstern und in Städten. Die Herstellung war ein gefährliches und anrüchiges Gewerbe. „Da es so gestunken hat, waren die Gerbgruben meist nicht in wohlhabenden Gegenden zu finden.“

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Der Gestank war wohl auch der Grund, warum die Grube mit Lehm zugeschüttet wurde, bevor die ersten Häuser darauf gebaut wurden. In den Schichten darüber wechseln sich Lehmfußböden, wie man sie aus alten Bauernhäusern kennt, mit sogenannten Laufhorizonten ab. Diese sind durch Dreck entstanden, den die Bewohner ins Haus getragen haben.