Hamburg. Archäologen suchen nach den ältesten Spuren der Stadt. Im ersten Teil des Grabungstagebuchs geht es auch um einen Bernsteinfund.

Wer das gut 100 Qua­dratmeter große Zelt betritt, dem fallen sofort die quer liegenden, massiven Stahlträger auf. Was haben die auf einem archäologischen Grabungsfeld zu suchen? „Ohne sie würde hier irgendwann alles zusammensacken“, sagt Grabungsleiter Kay-Peter Suchowa.

Denn das Areal, auf dem die Archäologen nach den Ursprüngen der Neustadt suchen, ist direkt zwischen dem Gebäude der Laeisz-Reederei und der Straße An der Neuen Burg, auf der täglich Dutzende schwere Lkw zu den Großbaustellen der Umgebung fahren. „Da entsteht viel Druck auf unsere Grube, die ja sechs Meer tief werden soll und deshalb mit viel Aufwand und den schweren Stahlträgern gesichert werden muss“, so Suchowa.

Spuren, die bis ins 12. Jahrhundert zurückreichen

Die Vorarbeiten hat das Team mittlerweile beendet, die eigentliche Grabung hat begonnen. In die Tiefe wollen sich die Archäologen vorarbeiten, weil dort die ältesten Spuren der Bebauung zu finden sind, die möglicherweise bis ins späte 12. Jahrhundert zurückreichen.

Erste Funde gibt es bereits: Natürlich viele Keramikscherben von Gebrauchsgegenständen – und eine Bernsteinkugel von etwa sechs Zentimetern Durchmesser. Das Schmuckstück war ein Anhänger. „Leider kann man nicht sagen, welches Alter sie hat“, sagt Suchowa. Denn an dem Fundort ist mal eine Leitung verlegt worden. Die Bauarbeiter haben eine schmale Grube gebuddelt und anschließend wieder verfüllt. „Deshalb ist unklar, in welcher Tiefe die Kugel einmal lag. Sie kann aus dem 19. Jahrhundert stammen, aber auch viel älter sein.“

Struktur der Steine gibt Hinweise auf ihr Alter

Wesentlich klarer ist die Vergangenheit der Ziegelsteine und Mauern, die freigelegt wurden. Denn die kann man zeitlich einordnen. Zur Demonstration zeigt Suchowa einen großen, schweren Stein. „Das ist die typische mittelalterliche Größe, die in Hamburg und Lübeck seit dem 12. Jahrhundert verwendet wurde.“

Sie sind sehr viel wuchtiger als moderne Ziegel, die seit dem 19. Jahrhundert eine Normgröße haben und auch heute noch verbaut werden. An der Struktur der alten Steine lässt sich die Handarbeit erkennen. Im späteren Mittelalter wurden die Steine dann etwas kleiner und handlicher. Das hatte rein praktische Gründe: Das Mauern war weniger anstrengend und ging trotz kleinerer Steine deutlich schneller.

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Das Alter einer Mauer lässt sich aber nicht nur an der Art der Ziegel erkennen, sondern auch an der Technik des Mauerns. „Längs liegende Steine nennt man Läufer, quer liegende – also mit der kurzen Seite nach außen – Binder“, erläutert Suchowa. Bis ins 16. Jahrhundert folgte auf drei Läufer ein Binder, sodass sich ein klassisches Muster ergibt. Solche Mauern nennt man auch gotisch.

Ab der Neuzeit war es üblich, mehrere Binder nebeneinander zu verwenden. „Manche Maurer meinen, dass so eine festere Struktur entsteht. Allerdings entdeckt man auch in modernen Gebäuden manchmal das gotische Muster.“ Mauern hat eben auch ein bisschen mit Mode zu tun.