Hamburg. Vor zwei Jahren wurde die Kontrollgruppe eingerichtet. Jetzt hat die Polizei eine erschreckende Zwischenbilanz vorgelegt.

Die Abteilung ist ein Vorzeigeprojekt der Polizei: Seit gut zwei Jahren sind die Ermittler der Soko „Autoposer" den illegal aufgemotzten und lärmenden Fahrzeugen in Hamburg auf der Spur. Und die Szene von PS-Protzen trifft die Arbeit der Beamten offenbar empfindlich. Wie aus Daten der Polizei hervorgeht, zieht die Soko jeden Tag statistisch zwei Autoposer vorübergehend aus dem Verkehr.

Vom ersten Einsatz der Soko am 11. September 2017 bis zum 10. Oktober dieses Jahres sei nach Kontrollen der Beamten bei insgesamt 1677 Fahrzeugen die Betriebserlaubnis erloschen, heißt es in einer Bilanz der Polizei zu der Einheit, die dem Abendblatt vorliegt. Insgesamt wurden 6146 Autos überprüft. In 679 Fällen waren die Fahrzeuge so massiv manipuliert worden, dass sie zur weiteren Begutachtung durch einen Sachverständigen beschlagnahmt wurden. In den weiteren Fällen wurden die Fahrer oder Halter dazu verpflichtet, etwa Mängel beim Lärmausstoß oder verbotene Tuning-Extras zu beseitigen.

Die Polizeiführung ist nach diesen Zahlen zufrieden mit dem Einsatz der vierköpfigen Soko unter Leitung von Tobias Hänsch. „Wir bewerten die Arbeit der Kontrollgruppe Autoposer als sehr positiv“, sagte Polizeisprecher Ulf Wundrack. Zudem ließe sich eine „zunehmende Bedeutung“ in der Arbeit der Soko erkennen, da der Gesetzgeber inzwischen auch illegale Straßenrennen in einem eigenen Straftatbestand in schweren Fällen mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft.

Soko Autoposer spricht 516 Fahrverbote aus

Neben den sichergestellten Fahrzeugen hat die Soko den Daten zufolge auch 516 schwerwiegende Tempoverstöße registriert, die mit einem Fahrverbot geahndet wurden. Zudem stehen 479 Lärmverstöße und insgesamt 309 Verkehrsstrafanzeigen zu Buche. 86 kontrollierte Fahrer saßen unter Drogeneinfluss am Steuer, 39 weitere Personen waren alkoholisiert unterwegs. Statistisch stellten die Polizisten knapp bei jedem dritten kontrollierten Fahrzeug einen Mangel fest oder stellten das Auto wegen schwerer Manipulationen sicher.

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Der Soko-Leiter Tobias Hänsch hatte bereits früher als Polizist mehrfach Bekanntschaft mit Autoposern machen müssten – sie seien etwa mit laut aufheulendem Motor vorbeigefahren, wenn er den Hergang eines Unfalls aufnahm. „Die waren es gewohnt, einfach davonzukommen, selbst wenn sie angehalten wurden“, sagte er im vergangenen Jahr dem Abendblatt.

Man brauche immer ein genaues Wissen darüber, welche Umbauten an einem Auto erlaubt sind, um bei Mängeln dagegen vorgehen zu können. „Wie soll man das Bauchgefühl, dass etwas mit einem Auto nicht stimmt, auch sonst belegen? Im Grunde war das deshalb oft leider ein rechtsfreier Raum“, sagte Hänsch. Er bildete sich erst nach seiner Berufung zum Soko-Chef intensiv in dem Bereich fort.

Einige Autoposer brechen bei Kontrolle in Tränen aus

Mehrfach zogen die Beamte der Kontrollgruppe in der Folge auch spektakulär aufgemotzte Autos aus dem Verkehr. So wurde unter anderem der Lamborghini des ehemaligen Fußballprofis Tim Wiese mit 740 PS sichergestellt. Im Frühjahr dieses Jahres traf es den Fahrer eines Lamborghini Aventador mit einem Neupreis von 350.000 Euro, der sein Vehikel mit einer reflektierenden Goldfolie überzogen hatte. Das stufte die Kontrollgruppe als potenziell verkehrsgefährdend ein und beschlagnahmten das Fahrzeug. Der Halter darf inzwischen wieder in dem Auto fahren, musste zuvor jedoch eine matte Folie aufziehen.

Wenn sie Autos aus dem Verkehr ziehen, erleben Hänsch und seine Kollegen sehr unterschiedliche Reaktionen: Einige PS-Protzer brechen in Tränen aus, andere werden aggressiv. „Man hat Antennen dafür und ruft wenn nötig noch einen Streifenwagen“, sagte Tobias Hänsch. Der Reflex der Ertappten besteht außerdem meistens darin, sich herausreden zu wollen. Mitunter sind die Fahrzeuge auch auf die Eltern der gestoppten Fahrer zugelassen oder mit mehreren anderen Fahrern zusammen geleast. Immer wieder begegnen die Beamten auch Personen aus dem Bereich der organisierten Kriminalität oder finden Waffen in den Autos. Man gehe grundsätzlich besonnen und nicht triumphierend vor, heißt es.

Weiterhin Beschwerden über Lärmbelästigung in der City

Einen dominierenden Typ von Autoposer gibt es demnach nicht. „Räumliche Schwerpunkte liegen immer dort, wo sich auch potenzielle Zuschauer finden lassen, also an den Hotspot in der Stadt, wo sich viele Touristen und Fußgänger aufhalten“, so der Polizeisprecher Ulf Wundrack. Man müsse den eingeschlagenen Weg fortsetzen. „Es gibt nach wie vor eine Beschwerdelage, die sich nahezu auf das gesamte Stadtgebiet erstreckt – meistens allerdings an großen Straßen.“

Zuletzt war es am Wochenende auf der Sievekingsallee zu einem verheerenden Unfall nach einem mutmaßlichen illegalen Straßenrennen gekommen. Fahrer und Beifahrer eines 5er-BMW wurden lebensgefährlich verletzt. Das LKA prüft, ob es sich bei den Beteiligten um Kriminelle handeln könnte. Die Polizei sieht den Vorfall als Beleg, „wie erforderlich der Einsatz der Kontrollgruppe ist“.