Die Center-Managerin des AEZ in Poppenbüttel kennt acht verschiedene Einkaufstypen. Sich selbst sieht sie in keinem davon.

Der Arbeitsplatz von Ludmila Brendel ist nicht nur ein Büro, sondern ein rund 70.000 Quadratmeter großer Gebäudekomplex. Hier reiht sich ein Geschäft an das andere. Die Auswahl reicht von Mode über Schuhe und Accessoires bis hin zu Parfümerien und Juwelieren. Dazu kommen eine Gourmet-Markthalle und zahlreiche Restaurants.

Willkommen im Alstertal-Einkaufszentrum in Poppenbüttel, besser bekannt als AEZ. Dies ist tatsächlich das größte Shoppingcenter in Hamburg und hat insgesamt 247 Geschäfte und Gastronomieeinheiten. Dass hier alles reibungslos funktioniert, dafür ist Ludmila Brendel verantwortlich. Die 44-Jährige ist die Center-Managerin und lädt erst einmal zu einem Rundgang durch die lichtdurchflutete Passage ein. „Mir ist es wichtig, präsent zu sein. Der regelmäßige Austausch mit den Mietern ist interessant, und natürlich bin ich auch für die Kunden immer ansprechbar.“

Brendel: "Wir müssen den Besuch im AEZ zu einem Erlebnis machen"

Die Zeiten für den Einzelhandel werden nicht leichter. Viele Kunden bestellen über das Internet ihre Kleidung, Parfüm oder eine neue Uhr. „Natürlich ist das eine Herausforderung. Wir müssen den Besuch bei uns im AEZ zu einem Erlebnis machen und so einen Anlass schaffen, dass die Kunden zu uns kommen und nicht online bestellen.“ In erster Linie seien die Kunden zum Einkaufen hier, aber es gehe vor allem auch um Wohlfühlatmosphäre. Das sieht dann so aus: Es gibt Wasserspiele, Pflanzen, Relaxzonen mit Aufladebuchsen für das Handy und großzügigen Sitzlandschaften. Auch einen Kinderclub hat das AEZ, und Senioren werden auf Wunsch beim Einkaufen begleitet.

Die Diplom-Ökonomin, die an der Universität Kassel in den 90er-Jahren Wirtschaftswissenschaften studiert hat, ist realistisch: „Wir müssen Alleinstellungsmerkmale schaffen und besondere Serviceangebote.“ Dazu zählt unter anderem das Projekt „Digital-Mall“, das auf großen Plakaten beworben wird. Die Kunden können sich auf der Internetseite des AEZ über die Produkte der Händler informieren und diese dann reservieren. „Danach kommen die Kunden vorbei, und sie können den reservierten Artikel zum Beispiel anprobieren und sich dann für den Kauf entscheiden. Das ist völlig unverbindlich“, sagt Brendel.

Aber das AEZ setzt auch auf Events. So steht am 25. Oktober wieder das Late Night Shopping bis 23 Uhr mit DJ und Programm an. Dazu kommen auch Prominente wie die beliebte Schauspielerin Christine Neubauer oder die Moderatorin Collien Ulmen-Fernandes. Per Los ausgewählte Kundinnen dürfen diese unter dem Motto „Style Deinen Star“ einkleiden. Die Center-Managerin glaubt an das Konzept. „Einkaufen und Entertainment passen einfach gut zusammen.“

Seit 20 Jahren für den Shopping-Center-Betreiber ECE im Einsatz

Ludmila Brendel ist ein Profi. Seit zwei Jahrzehnten arbeitet die gebürtige Ukrainerin inzwischen für den Shopping-Center-Betreiber ECE. Das Hamburger Unternehmen hat seinen Sitz direkt gegenüber vom AEZ. „Deshalb stehen wir natürlich auch unter besonderer Beobachtung“, sagt Brendel lächelnd.

Nach dem Studium hat sie bei der ECE ein Center Manager Trainee Programm absolviert. „Ich hatte einfach Lust auf diese Branche und habe mich beworben.“ Einkaufszentren in Leipzig, Berlin und Schwedt – das liegt im Landkreis Uckermark in Brandenburg – waren damals ihre Einsatzorte.

Vom Billstedt-Center ins AEZ

Das erste eigene Projekt als Center-Managerin war ein Einkaufszentrum in Plauen, einer Stadt mit rund 65.000 Einwohnern in Sachsen. „Als ich dort angefangen habe, stand da noch gar nichts. Ich habe den Neubau und die Eröffnung begleitet. Das war eine spannende Zeit, denn ich hatte mit Mitte 20 schon eine große Verantwortung, habe das Team zusammengestellt und natürlich Mieter für die Flächen mit akquiriert.“

Danach folgte der Ruf nach Hamburg. Aber nicht in das AEZ, sondern in das Billstedt-Center. Dort hat zum Beispiel der auf günstige Mode spezialisierte Primemark eine große Fläche angemietet. Die Zielgruppen sind andere, in Poppenbüttel wird eher eine betuchte Klientel angesprochen. „Ich hatte eine sehr spannende Zeit im Billstedt-Center. Das hat eine große Frequenz und ist ein Treffpunkt für die Menschen aus der Umgebung.“ Neun Jahre hatte sie die Position inne, bevor schließlich der Wechsel in das AEZ folgte. „Natürlich habe ich mich auf die neue Herausforderung gefreut. Das schöne an dieser Aufgabe ist, dass es nie langweilig wird.“

Acht verschiedene Einkaufstypen

Mit ihrem 21-köpfigen Team kümmert sich Ludmila Brendel um die Betreuung der Mieter. In einer Dreierrunde, dem Portfolioteam, wird die Akquise neuer Mieter entschieden. „Wir brauchen nicht noch mehr Mode. Ich denke, der Gastronomieanteil wird noch weiter steigen. Da setzen wir natürlich auf innovative Konzepte.“ Auch für Marketingkonzepte und Centerpositionierung ist Brendel verantwortlich sie hat auf Basis einer Studie für das AEZ acht verschiedene Einkaufstypen herausgearbeitet.

Ludmila Brendel zeigt die Broschüre mit dem Titel „Wer shoppt wie?“ Da gibt es zum Beispiel den „Status-Shopper“, der als Marken-Liebhaber definiert wird, oder den „Golden-Shopper“, das ist der Beratungs-Suchende. Aber auch den „Feel-Good-Shopper“, der als Auszeit-Nehmer bezeichnet wird, und die „Mobilen Shopper“, die die Studie als Effizienz-Experten definiert. „Die Kunst ist es, für all diese Gruppen passende Angebote zu haben. Denn jeder geht einkaufen und ist somit für uns ein potenzieller Kunde“, erläutert Brendel und nimmt einen Schluck Saft; inzwischen wird das Gespräch in einem Café mit Blick in die Passage weitergeführt.

Kein klassischer Acht-Stunden-Job

Jeden Tag ist sie umgeben von Shops, wie ist ihr Einkaufsverhalten? „Ich würde mich nicht explizit einem der Shoppingtypen zuordnen. Ich lasse mich gerne beraten, und vor allem sehe ich es als Belohnung an, wenn ich mir etwas Schönes kaufen kann. Es macht mir einfach gute Laune.“ Natürlich ist sie auch Kundin im AEZ. „Da lerne ich die einzelnen Konzepte noch besser kennen und komme auch mit den Verkäufern ins Gespräch, die natürlich auch wichtige Botschafter für uns sind. Denn gute Beratung ist sehr wichtig, weil das ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber dem Internet ist.“

Die letzte Station ist das Büro des Center-Managements. Ludmila Brendel bittet in den Besprechungsraum und erzählt von ihrer Philosophie: „Ich sehe mich als Teamplayer. Mir ist es wichtig, dass wir effizient arbeiten und alle Spaß an ihrem Job haben, und ich stelle mich auch individuell auf die Mitarbeiter ein.“ Denn jeder müsse anders geführt werden.

Als Center-Managerin macht Ludmila Brendel keinen klassischen Acht-Stunden-Job. „Ich arbeite auch mal am Wochenende, zum Beispiel beim nächsten verkaufsoffenen Sonntag am 29. September bin ich auch vor Ort.“ Sie ist ein Karrieremensch, hat aber auch eine Familie. „Natürlich braucht man ein gewisses Organisationstalent, um allen gerecht zu werden. Aber das bekommen wir gut hin. Mein Mann ist selbstständig und deshalb auch flexibel.“

Zu ihrem Hobby Tauchen kommt sie nur im Urlaub

Zwei Kinder hat das Ehepaar. Das sind der elfjährige Sohn Milo und die siebenjährige Tochter Ella. Die vier leben in einem Haus in Hoisdorf im Landkreis Stormarn im Grünen: „Dort kann man gut entspannen, und natürlich gehört meine Zeit zu Hause meiner Familie. Das ist eine ganz andere Welt.“

Für Hobbys bleibt da wenig Zeit. Obwohl, kochen ist eine Leidenschaft: „Bei uns gibt es gesunde Sachen, vor allem Fisch und Gemüse. Ich mag es auch, mal neue Kreationen auszuprobieren. Und dann sitzen wir alle zusammen am Tisch und essen gemeinsam.“ Im Urlaub genießt Ludmila Brendel Tauchausflüge. Sie war schon in Ägypten, Portugal und Venezuela.

Nach knapp zwei Stunden ist das Gespräch vorbei, die nächsten Termine warten. 2020 dürfte für die Center-
Managerin ein aufregendes Jahr werden. Es steht ein runder Geburtstag an, der viele Aktionen mit sich bringt – das AEZ wird 50 Jahre alt.

Nächste Woche: Tina Ingwersen-Matthiesen, Geschäftsführerin des Spirituosenvertriebs Borco (u.a. Helbing, Fernet Branca)