Hamburg. Der einstige “Kammer-Rebell“ Tobias Bergmann informierte erst seine Facebook-Freunde. Die Hintergründe – und die Nachfolge-Debatte.

Der Präses der Hamburger Handelskammer, Tobias Bergmann, ist von seinem Amt zurückgetreten. Auf seiner Facebook-Seite tauchte am Sonnabendnachmittag ein entsprechender Post auf. Den Rücktritt bestätigte Bergmann dem Abendblatt. Er verzichte auf das Amt als Chef der altehrwürdigen Hamburger Institution. Diese Entscheidung habe er kurzfristig in Absprache mit seiner Frau Nazanin getroffen. Ein möglicher Nachfolger könnte nach Abendblatt-Informationen Vize-Präses André Mücke sein.

Dem Abendblatt sagte der scheidende Präses weiter, der Rücktritt habe nichts mit der "Coaching"-Affäre zu tun, in der ihm vorgeworfen wird, dass er sich ein persönliches Training von der Kammer habe bezahlen lassen. Diese Vorwürfe seien ausgeräumt. "Ich konnte die Reformen nicht mit dem richtigen Tempo voranbringen", beklagte der Präses.

Rücktrittserklärung via Facebook

"Liebe Kolleginnen und Kollegen, hiermit lege ich mit sofortiger Wirkung mein Amt als Präses der Handelskammer und Mitglied im Plenum nieder", heißt es in dem über Facebook und Twitter verbreiteten Rücktrittsschreiben. "Ich bin stolz, einen zukunftssichernden Reformprozess angestoßen zu haben. Mein Ziel war eine transparente, demokratische und sparsame Handelskammer. Dafür habe ich acht Jahre gekämpft. Vieles ist uns, trotz Widerständen, gelungen. Die Reform muss konsequent fortgeführt werden. Für diese Aufgabe fehlt mir jedoch der notwendige Rückhalt."

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Die Kammerrebellen waren angetreten, die "Zwangsbeiträge" abzuschaffen und die Kammer zu reformieren. Das ist bislang nicht so gelungen, wie sie sich das vorgestellt haben. Ihre Kritik hatte sich vor allem am ehemaligen Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz und seinen hohen Bezügen entzündet.

Rücktrittsforderung im Abendblatt

Zuletzt waren führende Handelskammer-Vertreter mit ihrer Kritik an Bergmann in die Öffentlichkeit gegangen. Der Haspa-Geschäftsführer und unabhängige Kammer-Plenarier Niels Pirck forderte im Abendblatt vom Sonnabend einen Rücktritt des Präsidiums. Spätestens bei der turnusmäßigen Sitzung des Kammerplenums am 14. Dezember wäre es vermutlich zum harten Aufeinandertreffen von Bergmann und seinen Verbündeten auf der einen und den Gegnern des Präses auf der anderen Seite gekommen.

"Kurze Haltbarkeit von Populisten"

Nach dem nun erfolgten Rückzug Bergmanns sagte Haspa-Geschäftsführer Pirck, dies zeige die "kurze Haltbarkeit von Populisten". Bergmanns "Wählertäuschung, seine Planlosigkeit und seine erratische Amtsführung" hätten die Kammer schwer beschädigt. "Somit ist sein Rücktritt ein erster Schritt, um die Handelskammer wieder zu einer wirksamen Vertretung der Hamburger Wirtschaft zu machen und das verlorene Vertrauen der Unternehmer und Unternehmerinnen und der Politik in die Institution zurückzugewinnen. Konsequenterweise sollten jetzt auch die anderen Präsidiumsmitglieder zurücktreten und den Weg für einen Neuanfang freimachen."

Direkte Neuwahlen des gesamten Kammerplenums wird das Bergmann-kritische Bündnis "Starke Wirtschaft Hamburg" trotz der aktuellen Turbulenzen aber nach Abendblatt-Informationen wohl nicht verlangen. Zum einen ist das Bündnis, zu dem unter anderem die Haspa, der Gabelstaplerbauer Jungheinrich und der Chemikalienhänder Helm zählen, noch nicht dazu in der Lage, die Kammerführung zu übernehmen. Zum anderen würden Neuwahlen durch den Umstand erschwert, dass die Hamburger Handelskammer derzeit nicht mal über eine gültige Wahlordnung verfügt.

CDU begrüßt Rücktritt

Die Hamburger Christdemokraten reagierten mit Erleichterung auf den Rücktritt Bergmanns. "Die Unruhe in der Handelskammer war schon länger deutlich spürbar", erklärte der Vorsitzende der CDU-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft, André Trepoll. "Der Schritt von Tobias Bergmann ist konsequent. Die Handelskammer als Vertretung der Wirtschaft gegenüber der Politik ist in letzter Zeit ausgefallen, weil die Kammer mit sich selbst beschäftigt war. Jetzt ist es wichtig, dass zügig ein geeigneter Nachfolger gefunden wird. Hamburg braucht zukünftig wieder eine starke Handelskammer."