Hamburg. 50 Hamburger Unternehmen machen Front gegen Präses Tobias Bergmann. Mit dabei sind Firmen wie Jungheinrich und die Haspa.

Die Haspa, der Gabelstaplerbauer Jungheinrich, der Chemikalienhändler Helm, der Wirtschaftsprüfungskonzern Ernst & Young und Edeka Struve – allein sie kommen auf zusammen deutlich mehr als 10.000 Beschäftigte in Hamburg. Mit dieser Zahl verleihen sie dem Bündnis „Starke Wirtschaft Hamburg“ Gewicht. Dessen Ziel ist eindeutig: Handelskammer-Präses Tobias Bergmann und die von ihm geführte Gruppe „Die Kammer sind WIR“ sollen bei der nächsten Plenarwahl im Februar 2020 entmachtet werden.

Bereits 50 Firmen unterstützen das neue Bündnis. „Interne Funktionärsstreitigkeiten in der Kammerführung bringen uns nicht weiter“, sagte Niels Pirck, Geschäftsführer der Haspa-Tochter Haspa direkt und Mitglied des aus sechs Personen bestehenden „Kompetenzteams“ der Vereinigung. „Die Kammer soll sich endlich wieder um Sachfragen und Impulse für die Zukunft der Metropolregion kümmern“, so Pirck. „Stimmen aus der Unternehmerschaft, der Verwaltung und Politik beklagen immer lauter, dass ihnen die Handelskammer als verlässlicher und qualifizierter Ansprechpartner fehlt. Das wollen wir ändern.“

Auch Einzelpersonen als Unterstützer

Hinter dem Bündnis stehen als Unterstützer auch rund 150 „Einzelpersonen“, darunter der frühere Wirtschaftssenator Ian Karan und Georg Mecke, Leiter des Airbus-Standorts Finkenwerder. Griffige Forderungen oder konkrete Versprechen – wie etwa die von der WIR-Gruppe vor der Kammer-Wahl 2017 in Aussicht gestellte Abschaffung der Pflichtbeiträge – sucht man im Programm der neuen Vereinigung bisher vergebens.

-- Der Kommentar --

„Wir sind in Sorge um die Zukunft der Hamburger Wirtschaft“, sagte ­Astrid Nissen-Schmidt, Partnerin bei Ernst & Young und Sprecherin des Kompetenzteams der neu gegründeten Bewegung. Derzeit gehe es der Hansestadt zwar noch gut. „Aber dass dies so bleibt, ist keinesfalls garantiert“, sagte Nissen-Schmidt mit Blick auf die Ankündigungen eines umfangreichen Stellenabbaus in mehreren Hamburger Unternehmen und den deutschlandweiten Konjunkturabschwung im dritten Quartal. Vor diesem Hintergrund brauche Hamburg eine starke Kammer, die sich für den Standort einsetze.

Für sehr wichtig hält Nissen-Schmidt, dass sich das neue Bündnis auf parteipolitische Unabhängigkeit und Neutralität verpflichte. Zudem soll es im Plenum künftig keinen „Fraktionszwang“ mehr geben, jedes Mitglied solle dann eigenverantwortlich entscheiden. Darüber hinaus müsse die Ausschussarbeit modernisiert werden: Bisher orientieren sich die Ausschüsse an den verschiedenen Wirtschaftszweigen, „viele Themen müssen aber branchenübergreifend diskutiert werden“, so Nissen-Schmidt.

Überschneidungen bei Weiterbildung

Künftig soll die Kammer, wenn es nach dem neuen Bündnis geht, auch nicht mehr in Konkurrenz zu den eigenen Mitgliedsfirmen treten. Im Bereich der Weiterbildung komme es aber derzeit zu solchen Überschneidungen – ein „Irrweg“, so Nissen-Schmidt.

Beenden will man offenbar auch den Sparkurs, den Bergmann und die Handelskammer-Hauptgeschäftsführerin Christi Degen eingeschlagen haben. Derzeit werde die Kammer „mit der Abrissbirne geführt“, so Pirck. Nach aktueller Beschlusslage wird im sogenannten Hauptamt, also bei den fest angestellten Beschäftigten, jede vierte Stelle bis 2021 gestrichen. Auch mehrere langjährige Führungskräfte haben die Wirtschaftsvertretung bereits mehr oder weniger freiwillig verlassen.

Nordhandel-Präsident Kruse begrüßt den Vorstoß

Von den Gedankenspielen in der WIR-Gruppe, wie weit die Einnahmen aus Mitgliederzahlungen gesenkt werden können, hält Nissen-Schmidt wenig: „Es sieht nicht so aus, als könne man den Etat deutlich reduzieren.“ Schließlich wolle man „Kompetenzen in der Kammer stärken, statt sie weiter abzubauen“. Peter Börner, Geschäftsführer des Verpackungs-Anbieters Treffpack und Mitglied im „Kompetenzteam“ des Bündnisses, ergänzte: „Wir haben die klare Nachricht für alle Mitarbeiter, dass wir sie brauchen.“ Auf die Frage aus dem Kreis der Journalisten, ob das auch für Christi Degen gelte, antwortete Nissen-Schmidt betont knapp: „Frau Degen hat einen laufenden Vertrag. Wir respektieren Verträge.“

Finanzielle Unterstützung gesucht

Den Herausforderern der sogenannten „Kammerrebellen“ um Tobias Bergmann ist nach eigenem Bekunden durchaus klar, dass vor ihnen noch ein langer Weg bis zur Plenarwahl Anfang 2020 liegt. „Daher rufen wir die Hamburger Unternehmen auf, mitzumachen“, sagte Börner. Das bezieht sich ausdrücklich auch auf finanzielle Unterstützung. „Wir sind für jeden offen, der unsere Werte teilt“, so Börner.

Hans Fabian Kruse, Präsident des Verbands Nordhandel, tut das offenbar: „Wir begrüßen den Versuch, neue Repräsentativität, Augenmaß und Vernunft in die Zukunft der Kammerarbeit zu bringen“, sagte er zur Gründung des Bündnisses. „Die sogenannten Rebellen haben mit falschen Versprechungen die letzten Kammerwahlen gewonnen und sind seitdem dabei, einen systemrelevanten Pfeiler der Hamburger Wirtschaftsvertretung zu demontieren“, sagte Kruse.