Hamburg. Handelskammer-Präses lässt sich für das neue Amt schulen. Kosten liegen bisher bei rund 5000 Euro. Plenarier verlangt Rücktritt.

Der interne Streit in der Handelskammer findet kein Ende. Vor allem im Präsidium waren in der Vergangenheit häufig die Fetzen geflogen. Zuletzt hatte Vize-Präses Torsten Teichert seinen Austritt aus dem Wahlbündnis „Die Kammer sind Wir!“ erklärt. Jetzt geht der Riss auch durchs Plenum. Das älteste Plenums-Mitglied, Hans-Georg Kuhlmann, verlangt den sofortigen Rücktritt von Kammer-Präses Tobias Bergmann und bereitet eine Klage gegen Hauptgeschäftsführerin Christi Degen vor. Grund sind erhebliche Vorwürfe, die er gerade durch seinen Anwalt prüfen lässt.

Kuhlmann ist selbst Mitglied der so genannten Kammerrebellen. Als solcher hatte er sich im Wahlkampf für das Ziel – die Abschaffung der Pflichtbeiträge – mit eingesetzt und nach der gewonnenen Kammerwahl für Bergmanns Berufung zum neuen Kammerpräses gestimmt. „Das war mein persönlicher Fehler“, gesteht Kuhlmann heute. „Ich dachte Bergmann schafft es, musste aber feststellen, dass er für dieses Amt nicht geeignet ist.“

Hauptgeschäftsführerin Degen droht eine Klage

Besonders regt sich Kuhlmann über einen Beratervertrag Bergmanns mit einer bekannten Unternehmensberaterin auf, die ihn coacht. „Diesen Vertrag über 5000 Euro hat sich Bergmann von der Handelskammer bezahlen lassen.“ Für Kuhlmann ein Ding der Unmöglichkeit: „Wir haben den ehemaligen Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz aufs Schärfste dafür kritisiert, dass er sich seine Mitgliedschaft im CDU-Wirtschaftsrat von der Kammer bezahlen ließ. Und jetzt erfahren wir, dass für Herrn Bergmanns persönliches Training auch wieder die Zwangsbeiträge der Mitglieder herhalten sollen. Das macht mich fassungslos.“

"Demokratische Moral wird ersetzt durch persönliche Machtinteressen", sagt Hans-Georg Kuhlmann, Finanzmanager und Mitglied im Plenum der Handelskammer. © Handelskammer Hamburg | Ulrich Perrey

Die Handelskammer räumte am Donnerstag gegenüber dem Abendblatt ein, dass der Auftrag ohne Ausschreibung vergeben wurde, betont aber, dass Bergmann die Leistung nicht privat bezogen habe. „Tobias Bergmann wird in seinem Amt als Präses seit Juni 2018 gecoacht. Aufgrund der herausgehobenen Stellung und hohen Anforderungen durch das Amt ist das im Interesse der Handelskammer Hamburg. Das Coaching bezieht sich ausschließlich auf seine Amtsausübung“, so eine Sprecherin. Das Angebot sei aufgrund der marktüblichen Stundensätze von 175 Euro pro Stunde und des geringen Volumens von bis dato weniger als 5.000, Euro direkt vergeben worden. Bergmanns Amtsvorvorgänger und späterer Wirtschaftssenator Frank Horch hält den Vorgang dennoch für ungewöhnlich. „Ich habe ein solches Coaching in meiner Amtszeit nicht gebraucht“, sagte er dem Abendblatt.

„Bergmann arbeitet nur noch mit geheimen Absprachen“

Kuhlmann, der den Fall jetzt öffentlich gemacht hat, ist kein typischer Vertreter der Kammerrebellen: Er ist Vermögensverwalter reicher Kunden, mit feiner Firmenadresse am Jungfernstieg. Kein Lautsprecher. Ein Hanseat, den man eher auf der Seite der etablierten Wirtschaftsvertreter vermuten würde. Bisher hat er sich in den Streit in der Führungsebene nicht eingeschaltet. Doch das ändert sich jetzt: „Das Plenum ist gespalten. Herr Bergmann hat keinen Rückhalt mehr. Wir können den Präses nicht abwählen, deshalb fordere ich ihn dazu auf, von seinem Amt zurückzutreten.“ Bergmann habe keinen wirklichen Plan zur Reform der Handelskammer, er habe kein Durchsetzungsvermögen im Präsidium, gegenüber dem Hauptamt und der Hauptgeschäftsführerin Christi Degen. Anstatt mit der versprochenen Transparenz arbeite der Kammer-Präses nur noch mit geheimen Absprachen. „Demokratische Moral wird ersetzt durch das gnadenlose Ausspielen persönlicher Machtinteressen“, so Kuhlmanns Vorwurf.

Hart geht der 70-Jährige auch mit Hauptgeschäftsführerin Christi Degen ins Gericht. Grund ist die Affäre um eine Abfindung für die ehemalige Kammer-Bereichsleiterin Corinna Nienstedt. Degen hatte ihr 33.000 Euro zugestanden, obgleich Nienstedt von selbst gekündigt hatte. Zwei Gutachten seien zu dem Schluss gekommen, dass Nienstedt diese Abfindung rein rechtlich eigentlich gar nicht zustand, so Kuhlmann. „Frau Degen steht bei uns im Wort. Sie hat gesagt, dass die Summe nicht zu Lasten der Kammer geht. Bisher hat sie den Betrag aber nicht beglichen. Das sollen die Mitglieder aus ihren Zwangsbeiträgen bezahlen.“

Hauptgeschäftsführerin werht sich gegen den Vorwurf

Kuhlmann hat die entsprechenden Verträge seinem Anwalt übergeben. Der prüfe jetzt eine Klage gegen Degen, die Kuhlmann einreichen will, wenn die Hauptgeschäftsführerin das Geld nicht bis Jahresende an die Kammer überwiesen hat. Christi Degen wehrt sich gegen Kuhlmanns Vorwurf: Ihrer Auffassung nach ist der Kammer kein Schaden entstanden. „Mir liegen Rechtsgutachten vor, die erstens bestätigen, dass ich den Vertrag alleine unterzeichnen durfte, und dass zweitens die Zahlung angemessen und richtig war. Sie geschah im Kontext des Personalabbaus der Handelskammer und unterscheidet sich nicht wesentlich von anderen Beispielaufhebungsverträgen anderer Bereichsleiter die im Verhandlungswege zustande gekommen sind. Bei denen wurden zum Teil sogar höhere Aufhebungszahlungen vereinbart, auch wenn diese Bereichsleiter von sich aus den Impuls für die Aufhebung gegeben haben“, sagt Degen. In der Plenumssitzung der Handelskammer am 14. Dezember soll der Vorgang abschließend beurteilt werden. Neuer Streit dürfte programmiert sein.