Hamburg. Der Steuerzahlerbund hat sein gefürchtetes Schwarzbuch vorgestellt. Hamburg ist sechsmal vertreten – auch mit der HSH Nordbank.

Ein gescheiterte Ausflug in die Finanzwelt für elf Milliarden Euro, ein 50 Zentimeter hoher Hundezaun, ein fast zwei Millionen Euro teurer Radweg am Elbstrand: Das sind nur drei von sechs Fällen, mit denen Hamburg in der neuen Ausgabe des von Politik und Behörden gefürchteten Schwarzbuchs vertreten ist. Am Dienstag hat der Bund der Steuerzahler die Hamburger Fälle von öffentlicher Verschwendung von Steuergeld vorgestellt.

Insgesamt enthält das Schwarzbuch in diesem Jahr 109 ausgewählte Fälle aus dem gesamten Bundesgebiet. Das diesjährige Schwerpunktthema lautet Explosion von Baukosten. „Die Bürger haben ein Recht darauf, dass Politik und Verwaltung sorgsam mit Steuermitteln umgehen“, sagte Lorenz Palte, Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler Hamburg e.V. In den meisten Fällen geschieht das auch. „Und dennoch gibt es sie, die haarsträubenden Fälle von Steuergeldverschwendung, die wir Jahr für Jahr in unserem Schwarzbuch dokumentieren.“

HSH Nordbank – gescheiterter Ausflug in die Finanzwelt

Ein extremer Fall von Steuergeldverschwendung: Die HSH Nordbank (Archivbild).
Ein extremer Fall von Steuergeldverschwendung: Die HSH Nordbank (Archivbild). © imago/Lars Berg

Elf Milliarden Euro – mindestens so viel kostete die HSH Nordbank die Steuerzahler in Hamburg und Schleswig-Holstein. „Die HSH Nordbank ist der größte Finanzskandal in der Geschichte Hamburgs“, sagte Lorenz Palte. Am Ende sei der Steuerzahler der Dumme. „Er muss für das Missmanagement einiger Weniger geradestehen.“

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Hamburg und Schleswig-Holstein haben die landeseigene HSH Nordbank für eine Milliarde Euro an amerikanische Finanzinvestoren verkauft. Damit konnte eine noch viel teurere Abwicklung der Länderbank verhindert werden. Aber auch so kostete der Ausflug in die Finanzwelt die Bürger viel Geld. Nach Ansicht des Steuerzahlerbunds hätte die Bank gleich nach der Fusion der beiden alten Landesbanken verkauft werden müssen. „Dann wären die Steuerzahler ohne Schaden davongekommen“, heißt es im aktuellen Schwarzbuch.

Behördlich verordneter Slalom-Parkour im Mellenbergweg

Verkehrsposse Mellenbergweg in Volksdorf
Verkehrsposse Mellenbergweg in Volksdorf © HA | Andreas Laible

Sechs Verkehrsinseln auf nur 200 Metern für 20.000 Euro: Diese Maßnahme sollte im Mellenbergweg in Volksdorf dazu führen, dass Autofahrer vom Gas gehen. Stattdessen kommen sich jetzt slalomfahrende Pkw mit Radfahrern in die Quere. Ein erneuter Umbau der Straße steht bevor.

„In Volksdorf lässt sich ein Paradebeispiel verfehlter Verkehrsplanung besichtigen“, kommentierte Palte den Fall. „Am Ende wurde für die Verkehrsteilnehmer keine Verbesserung erreicht, sondern das Gegenteil. Zum Glück ist eine weitere Umbaumaßnahme bereits in Planung. Auch wenn diese am Ende erneut Geld kosten wird.“

Tierisch teure Zaun-Posse in Eimsbüttel

Mit Hunden kannten sich die Planer in Eimsbüttel, wo an der Eduardstraße eine Auslauffläche für die Vierbeiner mit einem 50 Zentimeter hohem Zaun umgrenzt wurde, offenbar nicht. Ziel war es, Zusammenstöße zwischen Hunden und Radfahrern zu verhindern. Später wurde der Zaun dann geöffnet.

„Anscheinend rechnete niemand mit den Fähigkeiten der Vierbeiner“, heißt es dazu im Schwarzbuch. „Zum einen hatte das Geländer nur eine Höhe von 50 cm und stellte somit für jeden nicht übergewichtigen Hund kein ernstzunehmendes Hindernis dar. Zum anderen konnten die Hunde jene Metallkonstruktion, da sie die Auslauffläche nur zu einer Seite hin abgrenzte, einfach umlaufen.“ Ein Hundezaun, um den Hunde ganz einfach herumlaufen können, klingt nach einem echten Schildbürgerstreich, urteilte auch Lorenz Palte. "Das Beispiel der Hundewiese an der Eduardstraße zeigt, was dabei herauskommt, wenn ein Projekt ohne Konzept angegangen wird.“

Aber der Reihe nach: Aus der Erkenntnis heraus, dass ein Geländer an dieser Stelle wohl keine Abhilfe schafft, wurde das Bezirksamt als nächstes darum gebeten, nun die ganze Auslauffläche zu umzäunen. Und so wurde 2017 ein etwa 1.20 Meter hoher Metallzaun installiert. Kosten: fast 11.000 Euro. Doch die Zaungeschichte war damit noch nicht zu Ende

2018 stellten die Bezirkspolitiker vor Ort fest, dass sich aufgrund der Umzäunung der gesamten Auslauffläche vermehrt Hunde unbeaufsichtigt auf der Freilauffläche aufhielten. Daraufhin bat die Politik das Bezirksamt, einige Zaunelemente wieder zu entfernen. Auch diesem Wunsch erfüllte die Verwaltung. Kosten: 3500 Euro. Unterm Strich wurden bislang mehr als 23.000 Euro für den Zaun ausgegeben, der die Hunde nicht daran hindert, die Auslauffläche zu verlassen. "Im Übrigen gibt es mittlerweile von einigen Hundebesitzern Bestrebungen, den Zaun wieder schließen zu lassen", heißt es im Schwarzbuch. Es bleibt also eine Zaun-Posse.

Kostenexplosion in der JVA Glasmoor

Die Stadt Hamburg will ihre Justizvollzugsanstalt Glasmoor modernisieren. Aus den angedachten 16,32 Millionen Euro hierfür sind mittlerweile jedoch schon 33,47 Millionen Euro geworden. Der Steuerzahlerbund kritisiert, dass die ursprünglichen Planungen unvollständig und fehlerhaft waren. „Bei der Modernisierung der JVA Glasmoor handelt es sich um einen klassischen Schwarzbuch-Fall“, sagte Palte. „Aufgrund mangelhafter Planung wird das Projekt nicht nur später fertig, sondern vor allem auch deutlich teurer.“

Straßenreinigungsgebühr landet in der Tonne

Letztlich hatte der Hamburger Senat keinen Erfolg damit, eine Straßenreinigungsgebühr einzuführen – auch, weil der Bund der Steuerzahler erheblichen Widerstand leistete. Ein Wermutstropfen bleibt jedoch: Da die übereifrige Verwaltung, wie es der Steuerzahlerbund formuliert, bereits ohne Rechtsgrundlage aktiv wurde und Maßnahmen zur Erhebung der Gebühr vorbereitet hat, sind Kosten von 230.800 Euro angefallen. Auf diesen Kosten bleibt der Steuerzahler sitzen.

Radweg über Elbstrand – 1,9 Millionen Euro fast in den Sand gesetzt

Der Elbstrand vor der Strandperle
Der Elbstrand vor der Strandperle © Klaus Bodig / HA

Die Mehrheit der Menschen in Altona hatte sich in einem Bürgerentscheid dagegen ausgesprochen, der Bund der Steuerzahler auch. In Övelgönne sollte über den Elbstrand ein sechs Meter breiter Rad- und Gehweg gebaut werden – dafür wären beinahe 1,9 Millionen Euro in den Sand gesetzt worden.

„Dass der Radweg über den Elbstrand nicht kommt, dafür haben die Bürgerinnen und Bürger im Bezirk Altona selbst gesorgt“, sagte Lorenz Palte. Auch wenn der eine oder andere Politiker dies nicht wahrhaben möchte: Es lohnt sich, häufiger mal das Volk nach dessen Meinung zu fragen.“ Der Bund der Steuerzahler begrüßt die Entscheidung der Bürger – zumal 100 Meter nördlich des Strandes die Elbchaussee verläuft, die nun Radfahrstreifen erhalten soll. Fazit des Steuerzahlerbunds: "Das schont nicht nur den städtischen Geldbeutel, sondern auch das Strandleben in Övelgönne."

FDP fordert mehr Sensibilität im Umgang mit Steuergeld

Die Schwarzbuch-Fälle rund um das Thema Bauen zeigten, dass die Verantwortlichen noch immer Sensibilität im Umgang mit Steuergeld vermissen lassen, kritisierte Jennyfer Dutschke, haushaltspolitische Sprecherin der FDP-Bürgerschaftsfraktion. "Planungen müssen gründlicher ausgeführt sowie Entscheidungen rechtzeitig und transparent getroffen werden, um unnötige Fehlplanungen – und damit Mehrkosten für die Steuerzahler – zu vermeiden." Die FDP fordert, dass der Senat die Bürgerschaft im jährlichen Bau-Monitoring künftig ehrlicher über Baukostensteigerungen informiert.

Schleswig-Holstein: sinnloser Kombi-Bahnsteig in Travemünde

Auch in Schleswig-Holstein prangert der Bund der Steuerzahler erneut Fälle von Geldverschwendung an. Zwar gebe es dank öffentlichem Druck mittlerweile weniger Beispiele von „Prunksucht, Prestigedenken und persönlicher Bereicherung“, sagte Verbandspräsident Aloys Altmann am Dienstag in Kiel. Dafür gebe es gut gemeinte Projekte, die „letztlich an real existierenden Verhältnissen scheitern“.

Eingang in das „Schwarzbuch“ fanden neben dem Verkauf der HSH Nordbank, die monatelang nicht einsatzfähigen U-Boote der Marine, die massiven Kostensteigerungen bei der Sanierung des Segelschulschiffs „Gorch Fock“ sowie teure Bauprojekte wie die Sanierung der Lübecker Possehl-Brücke oder ein sinnloser Kombi-Bahnsteig in Travemünde.