Hamburg. Elbvertiefung, Brücken, CCH: Spöttische Kritik an Kostensteigerungen im Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler. Behörde reagiert.

Es heißt wie jedes Jahr schlicht "Das Schwarzbuch". Und doch birgt die Ausgabe 2019/2020 des Bundes der Steuerzahler brisante Beispiele von "öffentlicher Verschwendung" in Hamburg , wie es im Untertitel heißt. Und bisweilen kommen die Texte sogar ohne Spott über Planungs- und Berechnungsfehler nicht aus.

Die argwöhnischen Beobachter öffentlichen Geldausgebens haben sich zunächst das CCH vorgeknöpft, das jahrelang umgebaut wird und dessen Kostensteigerung während dieser Bauphase ernüchternd sei. Aus zunächst 194 Millionen Euro seien inzwischen wohl 230 Millionen Euro geworden, der Fahrplan sei ebenfalls um ein Jahr überzogen.

CCH: Kostensteigerung wie Elbphilharmonie vermeiden

Baustellenbesichtigung des CCH
Baustellenbesichtigung des CCH © Roland Magunia/Funke Foto Services | Roland Magunia

Fast schon lakonisch klingt da ein Satz wie: "Nach dem Debakel bei der Elbphilharmonie entwickelte Hamburg das Konzept des ,Kostenstabilen Bauens'. Das ist leider bereits beim Umbau des Congress Center Hamburg gescheitert."

Hinzukomme, dass ein erst 2007 fertiggestelltes Bauteil des CCH-West "aufgrund von Baupfusch sanierungsbedürftig" sei. Für Regressansprüche sei es zu spät. Im Bauteil Ost habe man beim Umbau Asbest entdeckt. Der Steuerzahlerbund fragt sich, warum das nicht schon in den Voruntersuchungen festgestellt worden sei. Die Wirtschaftsbehörde entgegnete, sanierungsbedürftig im Bauteil West sei die Unterkonstruktion der Fassade des Westteils, nicht der ganze Westteil des CCH.

Man habe "Informationen eines Bauexperten", dass Hamburg an den Gutachtern gespart habe. Nun habe man 50.000 Kubikmeter Bauschutt voller Asbest. Das passe mehr als einmal in den Großen Saal der Elbphilharmonie, so der Steuerzahlerbund.

Auch dem widersprach am Dienstag die Wirtschaftsbehörde: Man habe nicht an Geld für Gutachter gespart, sagte eine Sprecherin dem Abendblatt. Der Gutachter habe "es allerdings versäumt, auf die asbesthaltigen Eternithülsen und Abstandshalter im Beton hinzuweisen". Man führe deshalb eine rechtliche Auseinandersetzung mit ihm. Kostensteigerung und Terminverzögerung beim CCH seien "ärgerlich".

Fahrradstadt Hamburg? Ja, aber richtig...

Verkehrsposse Mellenbergweg in Volksdorf.
Verkehrsposse Mellenbergweg in Volksdorf. © Andreas Laible | Andreas Laible

Auch der Ausbau der Fahrradstadt Hamburg sowie die Sicherheit von Radfahrern und Autofahrern läuft offenbar nicht immer kostenbewusst. So prangern die Verschwendungs-Kritiker eine verkehrsberuhigte Zone am Mellenbergweg in Volksdorf an. Dort seien zunächst Verkehrsinseln eingebaut worden (Kosten: 20.000 Euro). Dann mussten sie umgestaltet werden, weil sie sich nicht als praktisch erwiesen haben. Zusätzliche Kosten: 40.000 Euro.

Dass es auch anders geht, wird ausdrücklich gelobt. So sei ein Fahrradzähler zwar 2014 an der Alster installiert worden. Er habe auch nicht 22.000 Euro gekostet, wie von der Verkehrsbehörde behauptet, sondern 31.384,39 Euro. Allerdings habe Hamburg dann einen Rückzieher gemacht und nicht weitere aufgestellt, weil es als "Marketing-Gag" sowieso nicht wirtschaftlich gewesen wäre.

Brücke geplant, aber unnötig

Eine zusätzliche Brücke in Barmbek haben die Kritiker ebenfalls im Visier: An der Maurienstraße über den Osterbekkanal soll die Maurienbrücke entstehen, die Fußgängern und Fahrradfahrern zugänglich sein soll. Doch in beide Richtungen steht in wenigen Hundert Metern bereits eine Brücke. Man könne doch das für die sinnlose Brücke bereitstehende Geld in die Krugkoppelbrücke an der Alster stecken, so der Steuerzahlerbund. Dann würde deren 2,8 Millionen Euro teurer Umbau um 1,8 Millionen Euro günstiger.

Doch der BdSt irrt, wenn er schreibt, die Maurienstraße sei "unweit" der Krugkoppelbrücke. Immerhin gut dreieinhalb Kilometer muss man zurücklegen, wenn man von der einen zur nächsten möchte.

Elbvertiefung: "Kreislaufbaggern ist sinnlos"

Der Hopperbagger
Der Hopperbagger "Scheldt River" fährt beim Auftakt des Fahrrinnenausbaus für die Elbvertiefung auf der Elbe. © dpa | Axel Heimken

Geradezu Milde walten lässt der Steuerzahlerbund bei der Elbvertiefung und dem Ausbaggern von Hamburgs Lebensader. Zwar genießt diese notwendige Maßnahme, um überhaupt moderne Containerschiffe im Hamburger Hafen anlegen zu lassen, den Status eines "Schildbürgerstreichs" im Sinne der Kritiker öffentlicher Ausgaben. Doch heißt es, dass das "Kreislaufbaggern" immerhin nicht mehr so teuer sei. Das ist genau die Maßnahme, mit der Schlick an einer Stelle ausgebaggert wird, um ihn an anderer wieder in den Fluss zu werfen. Diese Ablagerungen allerdings kommen mit der Flut wieder zurück...

So heißt es im Schwarzbuch: "Mit jeder Elbvertiefung nahm die Kraft der Strömung zu, sodass heute noch mehr Sedimente in Richtung Hamburg gelangen als früher." In Kosten heiße das jedoch, dass im Jahr 2015 dafür 13 Millionen Euro dafür ausgegeben worden seien, 2016 dann 11,8 Millionen, 2017 seien es 11 Millionen gewesen, im vergangenen Jahr 2018 dann noch 5,4 Millionen Euro. Das schmeckt den organisierten Steuerzahlern deutlich besser.

FDP kritisiert rot-grünen Senat

Für die FDP sagte die haushaltspolitische Sprecherin Jennyfer Dutschke, man habe schon früh gefordert, dass man beim Bauen rechtzeitig vor Ablauf der Gewährleistung Mängel und Schadstoffe prüfe. "Die rot-grüne Verweigerungshaltung zu diesem Antrag war ein politischer Offenbarungseid", so Dutschke. Bei der "Kreislaufbaggerei" sprach sie von "Abermillionen Euro der Steuerzahler", die verschwendet worden seien.

HSH-Nordbank stand im Schwarzbuch 2018

2018 war der Verkauf der HSH-Nordbank als größter Verschwendungsfall Norddeutschlands in Hamburg und Kiel angeprangert worden.

Außerdem wurden ein Projekt zur Verkehrsberuhigung in Volksdorf, eine "tierisch teure Zaun-Posse in Eimsbüttel" und die Planungen für einen Radweg am Elbufer in Övelgönne kritisiert. Sein "Schwarzbuch" stellt der Bund alljährlich auch in Berlin und anderen Städten vor.

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